BMF-Schreiben: Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011

Auszug:
Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 sind die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 1. Juli 2011 neu gefasst worden. Eine elektronische Rechnung ist nach § 14 Absatz 1 Satz 8 UStG n. F. eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen sind gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich reduziert. Nunmehr können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Bisher wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein EDI-Verfahren verwendet wurden. Der Gesetzgeber hat nunmehr von der Option nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 2 MwStSystRL Gebrauch gemacht, die es den Mitgliedstaaten freistellt, auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden.
Papier- und elektronische Rechnungen sind ab dem 1. Juli 2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln. Die Gleichstellung führt zu keiner Erhöhung der Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Papierrechnung.

Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen müssen nach § 14 Absatz 1 UStG n. F. die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen können. § 14 Absatz 3 Nummer 1 und 2 UStG n. F. nennt deshalb die qualifizierte elektronische Signatur oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz und den elektronischen Datenaustausch (EDI) nur noch als Beispiele für Technologien, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts einer elektronischen Rechnung gewährleisten.


Das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. dient nicht dazu, die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Ebenso wenig soll die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung hinsichtlich der nach §§ 14 Absatz 4, 14a UStG erforderlichen Angaben gewährleistet werden. Mit dem innerbetrieblichen Kontrollverfahren soll lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sichergestellt werden. Eine inhaltlich richtige Rechnung (gemeint: richtige Leistung, richtiger Leistender, richtiges Entgelt, richtiger Zahlungsempfänger) rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. D. h. die Rechnung wurde weder ge- noch verfälscht oder auf andere Weise verändert; die Rechnung entspricht der erbrachten Leistung. Die Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren haben sich an dieser Zielrichtung zu orientieren.

In der Praxis werden sich die Durchführung des Kontrollverfahrens und die Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in Teilen überschneiden. Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu und kann insbesondere nicht mehr zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen.
Unter innerbetrieblichen Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. sind Verfahren zu verstehen, die der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seinen Zahlungsverpflichtungen einsetzt. Der Unternehmer ist in der Wahl des Verfahrens frei. Er wird im eigenen Interesse insbesondere überprüfen, ob:

  • die Rechnung in der Substanz korrekt ist, d. h. ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde,
  • der Rechnungsaussteller also tatsächlich den behaupteten Zahlungsanspruch hat,
  • die vom Rechnungssteller angegebene Kontoverbindung korrekt ist und ähnliches,
  • um zu gewährleisten, dass er tatsächlich nur die Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung er auch verpflichtet ist.

Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren erfüllt die Anforderungen des § 14 Absatz 1 UStG n. F., wenn es einen verlässlichen Prüfpfad gibt, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrunde liegenden Leistung hergestellt werden kann. Dies kann im Rahmen eines entsprechend eingerichteten Rechnungswesens erfolgen, aber z. B. auch durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungsbeleg). Es werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die die Unternehmen verwenden müssen. Das innerbetriebliche Kontrollverfahren unterliegt keiner gesonderten Dokumentationspflicht. Allerdings ist der Steuerpflichtige nach wie vor verpflichtet, die Voraussetzungen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nachzuweisen.


Papier- und elektronische Rechnungen sind nach § 14b UStG zehn Jahre aufzubewahren. Während des gesamten Aufbewahrungszeitraums müssen die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden (§ 14b Absatz 1 Satz 2 UStG n. F.).
Werden für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet werden, schuldet der Unternehmer den hierin ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Absatz 1 UStG. Dies gilt jedoch nicht, wenn inhaltlich identische Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Link: Text des BMF-Schreibens zur Vereinfachung der elektr. Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011