Umsatzsteuer: Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung

Häufig sind formale Fehler für einen Vorsteuerabzug hinderlich und Rechnungen bedürfen einer Korrektur, damit ein Vorsteuerabzug nach bisheriger herrschender Auffassung geltend gemacht werden kann.

Mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20.10.2016 hat eine neue Ära im Bereich der Rechnungsberichtigung begonnen. In diesem Grundsatzurteil entschied der BFH entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, dass einer Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf viele Bereiche des Vorsteuerabzugs, der Vorsteuer-Vergütung und evtl. Mehrwertsteuererstattungen.

Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen, hatten bislang mit einer Rückforderung des Vorsteuerabzugsbetrags nebst Verzinsung nach § 233a AO zu rechnen. Erst nach einer Berichtigung der Rechnung konnte der Vorsteuerabzug – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden. Dies entfällt nunmehr. Der BFH hat einer Klägerin den Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007 zugesprochen, obwohl die Rechnungen zunächst formell unkorrekt waren und erst im Jahr 2013 berichtigt wurden. Die Entscheidung folgt dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Senatex vom 15.09.2016 C-518/14. Nach dem EuGH wirkt eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück und der EuGH missbilligt das pauschale Entstehen von Nachzahlungszinsen. Er lässt aber Sanktionen für fehlerhafte Rechnungen zu.

Alle Unternehmen, die mit Vorsteuerrückforderungen oder Rechnungsberichtigungen „kämpfen“, sollten die Rechtsprechung genau analysieren und fachkundigen Rat einholen. Zudem erscheint es vielfach sinnvoll, streitige Verfahren offen zu halten und die neue Rechtsprechung dienlich einzubringen. Die Finanzverwaltung hat sich zu den EuGH-Verfahren noch nicht geäußert. Es ist zu erwarten, dass eine Äußerung aufgrund der BFH-Rechtsprechung erfolgen wird. Eine offizielle Verlautbarung wird aber sicherlich nicht in Kürze zu erwarten sein.

Link

Rückwirkung der Rechnungsberichtigung - Urteil vom 20.10.2016 V R 26/15

Quelle

Bundesfinanzhof