BMF entschärft BFH-Aussage zu sog. Postfachadressen

Mit dem Urteil vom 22.07.2015, V R 23/14 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass das Merkmal der „vollständigen Anschrift“ aus § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG nur erfüllt ist, wenn der leistende Unternehmer unter dieser Anschrift seine wirtschaftliche Aktivität entfaltet. Nach Auffassung des BFH sei dieses Merkmal hingegen nicht erfüllt, sofern lediglich ein Briefkastensitz mit postalischer Erreichbarkeit auf der Rechnung angegeben sei. Der BFH verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Verwaltungsauffassung zu Groß- und Postfachadressen in Abschn. 14.5. Abs. 2 UStAE nicht ausreichend sei.

Dieses Urteil sorgte daher für erhebliche Rechtsunsicherheit, da nicht ganz ausgeschlossen werden konnte, dass sich diese – vom BFH vorgesehenen – Anforderungen an eine „vollständige Anschrift“ in einer Rechnung, möglicherweise auch auf den Leistungsempfänger beziehen.

Abschnitt 14.5 Abs. 2 S. 3 UStAE sieht eine Erleichterung vor, für die nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG erforderliche Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des Leistungsempfängers in der Rechnung. Danach ist anstelle der vollständigen Anschrift die Angabe eines Postfaches oder eine Großkundenadresse des Leistungsempfängers bereits ausreichend.

Auf Nachfrage der Bundessteuerberaterkammer vom 21.01.2016 bestätigte das BMF nun im Schreiben vom 13.09.2016 (III C 2 – S 7280-a/07/10005:002) erneut die – im UStAE vertretene – Sichtweise der Finanzverwaltung.

„Diese Erleichterung bleibt trotz des anders interpretierbaren Hinweises des BFH im 2. Orientierungssatz seines Urteils V R 23/14 bestehen.“

Das Bundesfinanzministerium (BMF) führt insbesondere an, dass sich der BFH im genannten Urteil ausschließlich auf die Angabe der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers bezieht und daher gerade keine Aussage zu den erforderlichen Rechnungsangaben für Leistungsempfänger getroffen wird.

Darüber hinaus seien, im Hinblick auf die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers, seitens des BFH in zwei Beschlüssen (XI R 20/14 und V R 25/15) Vorabentscheidungsersuche an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt worden. Der EuGH soll klären, welche Anforderungen im Umsatzsteuerrecht an eine ordnungsgemäße Rechnung zu stellen sind, damit der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug geltend machen kann.

Die Entscheidungen des EuGH zu den beiden genannten Beschlüssen sind daher abzuwarten.

Zunächst können Leistungs- bzw. Rechnungsempfänger aufgrund der BMF-Antwort aufatmen. Leistende Unternehmer hingegen, welche statt einer Anschrift der wirtschaftlichen Tätigkeit eine Postfachadresse verwenden, konnten sich bislang auch nicht auf die Verwaltungsauffassung berufen und sollten dringend handeln.

Für alle Unternehmer bleiben die Aussagen des EuGH spannend. Die Aussagen werden im kommenden Jahr erwartet. 

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Antwortschreiben des BMF auf die Anfrage der Bundessteuerberaterkammer v. 13.09.2019, III C 2 – S 7280-a/07/10005:002