FG Hamburg zur Auslegung und Reichweite von Vertretervollmachten im Zusammenhang mit Zoll-Erstattungsanträgen

Anmerkung zu: FG Hamburg, Urt. v. 28.02.2017, 4 K 32/15

Praxisproblem

In der Zollpraxis ist es üblich, dass Zolldienstleister für von ihnen vertretene Unternehmen Anträge bei den Zollbehörden stellen, etwa wegen der Erstattung gezahlter Einfuhrabgaben. In der Entscheidung des FG Hamburg vom 28.02.2017, 4 K 32/15, ging es maßgeblich darum, welche Rechte der Zolldienstleister (als Klägerin) im konkreten Fall für sich selbst herleiten konnte bzw. ob er nur als (Fiskal-)Vertreter gehandelt hat.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Jahr 2010 als indirekte Vertreterin für das Unternehmen A Set-Top-Boxen in die EU eingeführt, wobei die Klägerin die Boxen als Fiskalvertreterin für A anmeldete. Das beklagte Hauptzollamt setzte Zoll und Umsatzsteuer für die Boxen fest. Entrichtet wurden die Abgaben durch die Klägerin.

Die Klägerin beantragte die Erstattung der Einfuhrabgaben. Das Schreiben wurde auf dem Briefkopf von A verfasst, von einer Mitarbeiterin der Klägerin unterschrieben und mit dem Firmenstempel der Klägerin versehen. Hierin wurde „on behalf of“ A mit dem Zusatz „fiscal representation through C GmbH” (Anmerkung: hierbei handelt es sich um die Klägerin) die Erstattung beantragt. Dem Schreiben war eine „Power of Attorney“ beigefügt, mit der A die Klägerin ermächtigte, sie gegenüber den Zollbehörden im Hinblick auf den Erstattungsantrag zu vertreten.

Das beklagte HZA gab der Klägerin den Antrag zurück, da sich nicht entnehmen lasse, wer Antragsteller sei. Gemäß Art. 878 der Durchführungsverordnung zum EG-Zollkodex (ZK-DVO) könnten sowohl A als auch die Klägerin Antragsteller sein. Die Klägerin übersandte sodann ein weiteres Schreiben, in dem sie nun als „ehemaliger Zollvertreter von A“ bezeichnet wurde. Das Schreiben enthielt diesmal nicht den Briefkopf der A, gleichwohl wurde dargestellt, dass die Klägerin „im Namen der A“ handele und eine „Fiskalvertretung durch C GmbH“ vorliege.

Der Erstattungsantrag wurde schließlich gegenüber der Klägerin „als Vertreter für A“ abgelehnt. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Einspruch ein. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Als Einspruchsführer wurde A, vertreten durch die Klägerin, genannt.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass sie im eigenen Namen einen Erstattungsantrag stellen durfte, da sie selbst neben A Zollschuldnerin geworden sei. Das beklagte HZA vertrat die Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, da die Einspruchsentscheidung nicht gegenüber der Klägerin ergangen sei.

Entscheidung

Das FG Hamburg sah die Klage als unzulässig an, da die Klägerin nicht selbst durch die Einspruchsentscheidung rechtlich beschwert war.

Der Antrag deute schon auf ein Handeln der Klägerin für A hin, da die Klägerin „im Namen der A“ gehandelt habe. Der einzige Aspekt in dem Erstattungsantrag, der der Annahme, dass die Klägerin im fremden Namen handeln wollte, entgegenstehen könne, sei der Hinweis „Fiskalvertretung durch C GmbH“ im Absenderfeld. Ohne weitere Anhaltspunkte habe der Beklagte jedoch davon ausgehen müssen, dass es sich hierbei lediglich um einen Hinweis auf die frühere Tätigkeit der Klägerin als Fiskalvertreterin handele und hierin nicht der Wille der Klägerin zum Ausdruck komme, sie wolle gleichsam wie eine Fiskalvertreterin, also als indirekte Vertreterin, tätig werden. Hierfür spreche schon, dass die Fiskalvertretung (§§ 22a ff. UStG) eine umsatzsteuerliche Rechtsfigur darstelle, die auf die beantragte Erstattung von Zöllen nicht anwendbar sei.

Eindeutig werde das Auslegungsergebnis jedenfalls durch den spezifischen Kontext, in dem der Erstattungsantrag zu sehen sei. Es sei zu berücksichtigen, dass das beklagte HZA moniert habe, dass der Erstattungsantrag nicht erkennen lasse, wer Antragsteller sei. Auf das Schreiben des HZAs habe die Klägerin aber mit einem Schreiben reagiert, in dem sie angegeben habe, dass sie „im Namen der A“ handele. Ein Erklärungsempfänger wie das beklagte HZA habe daher den Antrag ohne vernünftige Zweifel so verstehen können, dass die Klägerin als (direkte) Stellvertreterin tätig werde.

Auch die Rechtsstellung der Klägerin als Zollschuldnerin ändere an diesem Ergebnis nichts, da es vorliegend nicht um die Rechtsstellung als Zollschuldnerin, sondern um die Frage der Bescheidung eines Erstattungsantrags gehe.

Praxishinweis

Im neuen Zollrecht ist die Antragsberechtigung für Erstattungsanträge als Pendant zum bisherigen Art. 878 ZK-DVO nunmehr in Art. 172 der Durchführungsverordnung zum UZK (UZK-DVO) geregelt.

Diese Bestimmung sieht Folgendes vor: „Anträge auf Erstattung oder Erlass sind von der Person einzureichen, die den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag entrichtet hat oder entrichten muss, oder von jeder Person, die in deren Rechte eintritt oder deren Verpflichtungen übernimmt.“

Auch im neuen Zollrecht bleibt es somit dabei, dass einen Antrag auf Erstattung oder Erlass von Einfuhrabgaben nicht nur der Zollschuldner stellen kann (Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Loseblatt-Kommentar zu Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Art. 121 UZK, Rn. 35, Stand: Februar 2017).

Ihre Ansprechpartner