BFH stärkt Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 26.09.2019, V R 38/18

Praxisproblem

Die §§ 17a (Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen) und 17b UStDV (Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Bearbeitungs- oder Verarbeitungsfällen) regeln, mit welchen Belegen der Unternehmer den Nachweis der Umsatzsteuerbefreiung zu führen hat. Nach § 17a Abs. 1 UStDV hat der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Die Voraussetzung muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

Sachverhalt

In dem Verfahren ging es um Lieferungen von Pkw aus Deutschland an eine Firma N in der Slowakischen Republik. Das Finanzamt verweigerte die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung, weil N trotz Besitzes einer gültigen USt-IdNr. eine Scheinfirma sei.

Das FG hatte entschieden, die Lieferungen seien nicht nach § 6a UStG steuerfrei. Im Streitfall lägen zwar für alle drei Fahrzeuge die für die Steuerfreiheit nach § 6a UStG erforderlichen Belege zur Dokumentation einer Beförderung durch den Abnehmer (Abhollieferung) gem. § 17a Abs. 2 UStDV durch die Firma N vor. Tatsächlich seien die Fahrzeuge aber durch einen beauftragten selbständigen Spediteur befördert worden; es habe sich nicht um eine Abhol-, sondern um eine Versendungslieferung gehandelt. Das FG ging somit von einer Steuerpflicht aufgrund eines fehlenden Belegnachweises nach § 10 Abs. 1 UStDV aus, obwohl der vom FG einvernommene Zeuge D ausgesagt hatte, dass er die Fahrzeuge zum angegebenen Bestimmungsort in der Slowakischen Republik befördert habe.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, steht aufgrund einer Beweiserhebung im FG-Verfahren fest, dass die gelieferten Fahrzeuge zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet versendet wurden, kann dies nicht durch die Annahme eines fehlenden Belegnachweises in Abrede gestellt werden. Weiter hat der BFH geurteilt, der sich aus der USt-IdNr. ergebende Nachweis der Unternehmereigenschaft des Abnehmers kann nicht durch die bloße Annahme einer Briefkastenanschrift widerlegt werden.

Praxishinweis

Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zum Zeugenbeweis anstelle von Belegen als Nachweismittel bei der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen scheinbar etwas aufgeweicht. In seinem Urteil v. 19.03.2015, V R 14/14, hatte der BFH noch entschieden, es sei in erster Linie anhand der von den Steuerpflichtigen vorgelegten Belege und abgegebenen Erklärungen zu prüfen, ob die Waren den Liefermitgliedstaat physisch verlassen haben. Der Neutralitätsgrundsatz gebiete zwar die Steuerbefreiung auch dann, wenn der Steuerpflichtige zwar die formellen Anforderungen an den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder nicht vollständig erfüllt, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung indes unbestreitbar feststehen. Der Unternehmer sei aber grds. nicht berechtigt, den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Anforderungen in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen zu führen. Ein Beweis durch Zeugen kommt nach diesem BFH-Urteil als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grds. nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) noch auf Antrag. Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen.

Vorliegend hat der BFH nunmehr geurteilt, hat das FG aber - wie im Streitfall - eine Beweiserhebung durchgeführt, bei der sich aus einer Zeugeneinvernahme eindeutig die Versendung zum angegebenen Bestimmungsort ergibt, muss es dieses Beweisergebnis seinem Urteil auch zugrunde legen. Anders ist es nur, wenn es die Zeugenaussage als nicht glaubhaft ansieht.

 

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