BMF zur Änderung des UStAE zum Jahresende 2014

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 10.12.2014, IV D 3 - S 7015/14/10001

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird laufend durch die Veröffentlichung von BMF-Schreiben betreffend den jeweils angesprochenen Themenbereich geändert. Zusätzlich erfolgt einmal jährlich, jeweils zum Jahresende, eine weitere Änderung, mit der die im abgelaufenen Zeitraum ergangene BFH-Rechtsprechung, soweit sie im BStBl. Teil II veröffentlicht wurde, ohne dass insoweit ein gesondertes BMF-Schreiben ergangen ist, in den UStAE eingearbeitet wird. Außerdem werden regelmäßig redaktionelle Unschärfen beseitigt.

Mit BMF-Schreiben v. 10.12.2014, BStBl. I 2014, 1620 sind neben der BFH-Rechtsprechung des Jahres 2014 weitere Änderungen zum Jahresende 2014 in den UStAE aufgenommen worden. Im Folgenden werden einige Änderungen angesprochen, die abseits der Einarbeitung von BFH-Rechtsprechung stehen:

A 1b.1 Sätze 6 bis 8 (neu)

Diese regeln, dass ein Fahrzeug i.S.d. § 1b Abs. 2 UStG neu ist, wenn ein Merkmal des § 1b Abs. 3 UStG erfüllt ist. Der maßgebende Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet und nicht der Zeitpunkt des Erwerbs im Inland (vgl. EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C-84/09). Als erste Inbetriebnahme eines Fahrzeugs ist die erste Nutzung zur Personen- oder Güterbe-förderung zu verstehen; bei Fahrzeugen, die einer Zulassung bedürfen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Zulassung mit dem Zeitpunkt der ersten Inbetriebnahme identisch ist.

Hintergrund: Nach § 13 Abs. 1 Nr. 7 UStG entsteht die Umsatzsteuer „am Tage des Erwerbs“, also am Tag, an dem ein Fahrzeug nach Deutschland gelangt ist (da die Tatbestandsvoraussetzungen vorher noch nicht erfüllt sind, kann die Umsatzsteuer auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt entstehen). § 1b Abs. 3 UStG spricht ebenfalls immer lediglich vom „Zeitpunkt des Erwerbs“. Nach dem EuGH-Urteil v. 18.11.2010, C-84/09 ist der Zeitpunkt der Bestimmung, ob ein Fahrzeug neu ist, der Zeitpunkt der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet. Da in beiden Vorschriften jeweils nur von „Erwerb“ gesprochen wird, aber unterschiedliche Zeitpunkte gemeint sind, dient der Hinweis auf das EuGH-Urteil der Klarstellung. Außerdem wurde klargestellt, was unter dem Begriff der ersten Inbetriebnahme zu verstehen ist. In der Praxis ergeben sich nämlich u.a. die Fragen, wann bei zulassungsfreien Fahrzeugen die erste Inbetriebnahme erfolgt oder wie z.B. Fahrten des Fahrzeugs auf eigener Achse innerhalb des Herstellerwerks (für Testzwecke oder zum Verladen) oder vom Herstellerwerk zum Verkaufspunkt (Autohaus) zu werten sind.

A 4.7.1 Abs. 7 Sätze 4 und 5 (neu)

Kann der Unternehmer den beleg- und buchmäßigen Nachweis nicht, nicht vollständig oder nicht zeitnah führen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 7 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn aufgrund der vorliegenden Belege und der sich daraus ergebenden tatsächlichen Umstände objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung vorliegen (vgl. auch BFH, Urt. v. 05.07.2012, V R 10/10, BStBl. II 2014, 539).

Hintergrund: Im Hinblick darauf, dass sich der BFH in seinem Urteil v. 05.07.2012 nur auf die Überschrift von Art. 15 der 6. EG-Richtlinie (Art. 151 MwStSystRL) bezieht, ist der objektive Nachweis der Steuerbefreiung auch für die unter § 4 Nr. 7 UStG fallenden Umsätze zugelassen worden.

A 4.16.1 Abs. 3 Satz 4 (neu)

Danach reicht es für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter für sich allein nicht bereits aus, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig ist.

Hintergrund: Abschn. 4.16.1 Abs. 3 UStAE bezeichnet die Einrichtungen i.S.d. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstaben b bis l UStG ausdrücklich als „anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter“ i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil v. 08.08.2013, V R 8/12 bzw. v. 08.11.2007, V R 2/06, BStBl. II 2008, 634, wird klargestellt, dass für eine solche Anerkennung im Subunternehmerverhältnis eine lediglich mittelbare Kostentragung nicht ausreicht.

Eine entsprechende Anpassung ist in A 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 3 (neu) UStAE vorgenommen worden. Hier ist es aber mit Blick auf die Befreiung nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG (wonach u.a. Vergütungen durch nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. a UStG anerkannte Einrichtungen zur Anerkennung führen können) noch zu der Präzisierung gekommen, dass eine Subunternehmerschaft für eine nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b UStG anerkannte Einrichtung nicht genügt.

A 8.2 Abs. 6 Satz 4 (neu)

In A 8.2 Abs. 6 Satz 4 ist eine neue Nummer 6 hinzugekommen. Danach sind auch die sog. Standby-Leistungen selbständiger Piloten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 4 UStG steuerfrei.

Hintergrund: Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 4 UStG ist davon abhängig, dass die zu beurteilenden Leistungen für den unmittelbaren Bedarf der Luftfahrzeuge bestimmt sind und von daher für den deren Betrieb notwendig sind. Hierzu zählt unbestritten das Führen eines Flugzeuges durch Piloten. Deren Tätigkeit besteht aber nicht nur in der reinen Flugzeit, sondern auch in der Bereitschaft, im Falle eines Falles verfügbar zu sein und für einen Kollegen dessen planmäßige Tätigkeit zu übernehmen und das Flugzeug termingerecht zum Flugziel zu führen. Diese Standby-Zeiten von selbstständigen Piloten fallen somit ebenfalls unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 4 UStG.

A 12.13 Abs. 10a Satz 3 (neu)

Nach dem neu gefassten A 12.13 Abs. 10a Satz 3 sind organisierte Schiffsfahrten mit angeschlossener Tanz-, Verkaufs- oder einer ähnlichen Veranstaltung, Sonderfahrten wie z.B. Sommernachts- oder Feiertagsfahrten, die Vercharterung von Schiffen inklusive Besatzung zum Transport geschlossener Gesellschaften (z.B. anlässlich von Betriebsausflügen oder von privaten Feiern) sowie Rundfahrten, bei denen Anfangs- und Endpunkt identisch sind und kein Zwischenhalt angeboten wird, nicht steuerermäßigt.

Hintergrund: Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt die Beförderung von Personen im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Grundsätzlich gilt, dass auch Rundfahrten, bei denen Anfangs- und Endpunkt der Fahrt identisch sind, Beförderungsleistungen darstellen. Dies gilt auch dann, wenn keine Zwischenhaltestellen eingerichtet sind (vgl. BFH, Urt. v. 30.6.2011, V R 44/10). Fraglich ist jedoch, ob es sich insoweit um Linienverkehr i.S.d. analog anzuwendenden § 42 PBefG handelt. Die Gesamtumstände der Rundfahrten (fehlende Zwischenhaltestellen und Rückkehr zum Ausgangspunkt) lassen darauf schließen, dass der Ausflugscharakter im Vordergrund steht. Wenngleich Rundfahrten sowohl Elemente des Linienverkehrs als auch des Gelegenheitsverkehrs aufweisen, stehen diese Leistungen aus Sicht der Verwaltung offensichtlich dem Gelegenheitsverkehr i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 PBefG näher als dem Linienverkehr. Eine Anwendung der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist dann nicht möglich.

Quelle: BMF-Schreiben v. 10.12.2014, IV D 3 - S 7015/14/10001