BMF zu den Organschaftsregelungen

Anmerkung zu dem Entwurf eines BMF-Schreibens

Der EuGH und der BFH haben sich in mehreren bisher noch nicht amtlich veröffentlichten Urteilen (BFH, Urt. v. 08.08.2013, V R 18/13, EuGH, Urt. v. 16.07.2015, C 108/14, Larentia + Miner-va mbH & Co. KG, und C 109/14, Marenave Schiffahrts AG, BFH, Urt. v. 02.12.2015, V R 15/14, V R 25/13, V R 67/14, BFH, Urt. v. 03.12.2015, V R 36/13, BFH, Urt. v. 19.01.2016, XI R 38/12, BFH, Urt. v. 06.04.2016, V R 6/14, und BFH, Urt. v. 01.06.2016, XI R 17/11) zur umsatzsteuerlichen Organschaft sowie zum Vorsteuerabzug beim Erwerb und im Zusammenhang mit dem Halten und Verwalten von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen geäußert. Am 14.12.2016 hat das BMF den Verbänden den Entwurf eines BMF-Schreibens (zur Änderung des UStAE) zur Anhörung übersandt.

Entwurf des BMF-Schreibens

Ganz offensichtlich sollen nur Aussagen in den UStAE aufgenommen werden, die sich gesichert aus den vorliegenden Urteilen entnehmen lassen. Auch beschränken sich die vorgesehenen Änderungen des UStAE auf die wesentlichen Aspekte der Rechtsprechung. So enthalten die BFH-Urteile V R 36/13 und V R 15/14 zwar auch Aussagen zur Geschäftsveräußerung im Ganzen bzw. zu Restaurationsumsätzen. Eine Ergänzung von Abschn. 1.5 UStAE insoweit ist aber nicht beabsichtigt. Die Aussagen zur Behandlung von Restaurationsumsätzen betreffen Zeiträume vor Inkrafttreten der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 und sind offensichtlich deshalb unberücksichtigt geblieben.

Zu Abschnitt I des BMF-Entwurfs

Die Aufzählung der zur Veröffentlichung anstehenden Entscheidungen enthält auch das BFH-Urteil im Verfahren V R 67/14. Die dagegen unter dem Az. 1 BvR 482/16 anhängige Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss im Januar 2017 abgelehnt.

Mit dem BMF-Schreiben ist nach aller Erfahrung im Frühjahr 2017 zu rechnen.

Der BFH-Beschluss im Verfahren V B 14/14 ist in der Aufzählung nicht enthalten. Hier ist nunmehr unter dem Az. V R 14/16 eine Revision beim BFHH in der Hauptsache anhängig.

Zu Abschnitt II des BMF-Entwurfs

Änderungen in den Abschnitten 2.3 und 15.18 UStAE

Mit den Änderungen sollen offensichtlich die im Bereich des Vorsteuerabzugs zu ziehenden Konse-quenzen der BFH-Urteile XI R 38/12 und XI R 17/11 umgesetzt werden. Abschnitt 2.3 Abs. 3 wird in Nummer 3 redaktionell angepasst und ein neuer Satz 6 eingefügt. Der bisherige Abs. 4 wird gestri-chen. Zudem wird Abschn. 15.18 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 UStAE angepasst.

Änderungen in Abschn. 2.8 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 5 und 6 UStAE

Mit der Änderung sollen u.a. Aussagen zur Behandlung von Personengesellschaften sowie zum Einbezug von Nichtunternehmern in Organkreise in den Anwendungserlass aufgenommen werden.

Absatz 2 soll eine neue Struktur erhalten, wobei bisher enthaltene Aussagen verschoben und neue eingefügt werden. Der Absatz wird nunmehr mit Aussagen zum Organträger eingeleitet, geht an-schließend zu Organgesellschaften über und endet mit einer zusätzlich aufgenommenen Aussage zu Nichtunternehmern.

Hinsichtlich der Eingliederung von Personengesellschaften geht der Entwurf des BMF-Schreibens dahin, sich den Grundsätzen des BFH-Urteils V R 25/13 anzuschließen. Offenbar ist die Verwaltung der Auffassung, dass die Aussagen des XI. Senats in den Urteilen XI R 17/11 und XI R 38/12 hierzu nicht im Widerspruch stehen. Dementsprechende Aussagen sind in Abs. 2 Satz 5 und Abs. 5 Satz 5 f. enthalten.

Die bisher enthaltene Aussage zur Eingliederung in den Fällen der sog. Einheits-GmbH-&-Co.-KG soll in Abs. 2 Satz 8 modifiziert werden. Für eine Eingliederung der GmbH in die KG soll nunmehr eine mehrheitliche Beteiligung der KG an der Komplementär-GmbH ausreichen.

Änderungen in Abschn. 2.8 Abs. 7 bis 10 UStAE

Mit den Änderungen sollen offensichtlich die Konsequenzen des bislang nichtamtlich veröffentlichten BFH-Urteils V R 18/13 zur organisatorischen Eingliederung umgesetzt werden. Nach dem BMF-Entwurf setzt die organisatorische Eingliederung voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung tatsächlich wahrgenommen wird. Es kommt darauf an, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht und (das ist neue Verwaltungsauffassung) seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nicht ausreichend ist, dass eine vom Organträger abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausgeschlossen ist.

Änderungen in Abschn. 2.8 Abs. 12

Der neu gefasste Satz 1 bestimmt: Wird im Rahmen der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen über das Vermögen der Organgesellschaft ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, endet die Organschaft mit dessen Bestellung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft nicht mehr durchsetzen kann. Dies ist (nach dem neu gefassten Satz 2) der Fall, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter den maßgeblichen Einfluss auf die Organgesellschaft erhält und ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist oder wenn der vorläufige Insolvenzverwalter wirksame rechtsgeschäftliche Verfügungen des Schuldners aufgrund eines Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO verhindern kann. Nach offensichtlicher Auffassung der Verwaltung steht insbesondere der bisherige Satz 3 (neuer Satz 4) im Einklang mit den allgemeinen Regelungen zur organisatorischen Eingliederung. Solange der Insolvenzverwalter keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Organträgers ausüben kann, steht die Insolvenz einer gleichgerichteten Willensbildung beim Organträger bzw. der Organgesellschaft nicht entgegen.

Änderungen in Abschn. 15.22

Nach dem neu einzufügenden Satz 4 besteht (unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile v. 06.04.2016, V R 6/14 und v. 01.06.2016, XI R 17/11) ein Recht auf Vorsteuerabzug aus Leistungen im Zusammen-hang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung für den Unternehmer (insbesondere für eine Holding) nicht, soweit das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung steht, oder wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen sollen, eine missbräuchliche Praxis darstellen.

Zu Abschn. III. des Entwurfs

Diese Passagen regeln die Anwendung des BMF-Schreibens.

Soweit die Änderungen nicht in allen offenen Fällen anzuwenden sind, sieht der BMF-Entwurf eine Anwendung ab dem 01.01.2018 vor. Eine frühere Anwendung soll jedoch nicht beanstandet werden, wenn sich die Beteiligten übereinstimmend darauf berufen.

Diese von den üblichen Anwendungsregelungen abweichende Regelungsmechanik könnte den Vorteil beinhalten, dass die Finanzämter durch das spätere Inkrafttreten im Zweifel nicht angehalten werden, Organkreise daraufhin zu überprüfen, ob sie die Alt- oder die Neuregelung anwenden wollen. Vielmehr müssen lediglich Organkreise, die im Übergangszeitraum auf einen Schutz des Vertrauens in die bisherige Verwaltungsauffassung verzichten, dies aktiv gegenüber dem Finanzamt bekunden.

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