BMF zum Ort der sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück

Anmerkung zu: BMF-Schreiben v. 05.12.2017

Praxisproblem

Soweit es sich um Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken handelt, gilt nach Art. 47 MwStSystRL als Ort der Dienstleistung der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist. Ein Zusammenhang mit dem Grundstück ist dann gegeben, wenn die Dienstleistung in einem hinreichend direkten Zusammenhang mit dem Grundstück steht. Deshalb ist als Erstes zu prüfen, ob die Dienstleistung mit einer Sache verbunden ist, die als Grundstück gelten kann.

Mit Wirkung v. 01.01.2017 legt Art. 13b MwStVO den Grundstücksbegriff für Zwecke der Anwendung der MwStSystRL (insgesamt) fest. Danach gilt als ein Grundstück:

  1. ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann;
  2. jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann;
  3. jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie zum Beispiel Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge;
  4. Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.

Ebenfalls ab 01.01.2017 enthält Art. 31a MwStVO (i. d. F. der VO (EU) Nr. 1042/2013) für Zwecke des Art. 47 MwStSystRL nähere Bestimmungen zur Erläuterung des Begriffs der Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken. Wenn der Grundstücksbegriff erfüllt ist, ist als Zweites zu prüfen, ob zwischen der Dienstleistung und dem Grundstück, für das sie erbracht wird, ein hinreichend direkter Zusammenhang besteht und sie folglich als Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück gelten kann. Art. 31a MwStVO soll bei der Prüfung helfen, ob davon auszugehen ist, dass eine Dienstleistung in hinreichend direktem Zusammenhang mit einem Grundstück steht.

Nach Art. 31a Abs. 1 MwStVO sind in folgenden Fällen Dienstleistungen als in einem hinreichend direkten Zusammenhang mit einem Grundstück stehend anzusehen:

  1. Wenn sie von einem Grundstück abgeleitet sind und das Grundstück einen wesentlichen Bestandteil der Dienstleistung darstellt und zentral und wesentlich für die erbrachte Dienstleistung ist;
  2. wenn sie für das Grundstück selbst erbracht werden oder auf das Grundstück selbst gerichtet sind und deren Zweck in rechtlichen oder physischen Veränderungen an dem Grundstück besteht.

Nach Art. 31a Abs. 2 MwStVO fallen insbesondere folgende Leistungen unter den Regelungsbereich:

  1. Erstellung von Bauplänen für Gebäude oder Gebäudeteile für ein bestimmtes Grundstück ungeachtet der Tatsache, ob dieses Gebäude tatsächlich errichtet wird oder nicht;
  2. Bauaufsichtsmaßnahmen oder grundstücksbezogene Sicherheitsdienste, die vor Ort erbracht werden;
  3. Errichtung eines Gebäudes an Land sowie Bauleistungen und Abrissarbeiten an einem Gebäude oder Gebäudeteil;
  4. Errichtung anderer auf Dauer angelegter Konstruktionen an Land sowie Bauleistungen und Abrissarbeiten an anderen auf Dauer angelegten Konstruktionen wie Leitungen für Gas, Wasser, Abwasser und dergleichen;
  5. Landbearbeitung einschließlich landwirtschaftlicher Dienstleistungen wie Landbestellung, Säen, Bewässerung und Düngung;
  6. Vermessung und Begutachtung von Gefahr und Zustand von Grundstücken;
  7. Bewertung von Grundstücken, auch zu Versicherungszwecken, zur Ermittlung des Grundstückswerts als Sicherheit für ein Darlehen oder für die Bewertung von Gefahren und Schäden in Streitfällen;
  8. Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit der Ausnahme der in Art. 31 Abs. 3 Buchst. c MwStVO genannten Dienstleistungen, einschließlich der Lagerung von Gegenständen, wenn hierfür ein bestimmter Teil des Grundstücks der ausschließlichen Nutzung durch den Dienstleistungsempfänger gewidmet ist;
  9. Zurverfügungstellen von Unterkünften in der Hotelbranche oder in Branchen mit ähnlicher Funktion, wie zum Beispiel in Ferienlagern oder auf einem als Campingplatz hergerichteten Gelände einschließlich Umwandlung von Teilzeitnutzungsrechten (Timesharing) und dergleichen für Aufenthalte an einem bestimmten Ort;
  10. Gewährung und Übertragung sonstiger nicht unter den Buchstaben h und i aufgeführter Nutzungsrechte an Grundstücken und Teilen davon einschließlich der Erlaubnis, einen Teil des Grundstücks zu nutzen, wie zum Beispiel die Gewährung von Fischereirechten und Jagdrechten oder die Zugangsberechtigung zu Warteräumen in Flughäfen oder die Nutzung von Infrastruktur, für die Maut gefordert wird, wie Brücken oder Tunnel;
  11. Wartungs-, Renovierungs- und Reparaturarbeiten an einem Gebäude oder an Gebäudeteilen einschließlich Reinigung, Verlegen von Fliesen und Parkett sowie Tapezieren;
  12. Wartungs-, Renovierungs- und Reparaturarbeiten an anderen auf Dauer angelegten Strukturen wie Leitungen für Gas, Wasser oder Abwasser und dergleichen;
  13. Installation oder Montage von Maschinen oder Ausstattungsgegenständen, die damit als Grundstück gelten;
  14. Wartung und Reparatur sowie Kontrolle und Überwachung von Maschinen und Ausstattungsgegenständen, die als Grundstück gelten;
  15. Eigentumsverwaltung, mit Ausnahme von Portfolioverwaltung im Zusammenhang mit Eigentumsanteilen an Grundstücken unter Art. 31 Abs. 3 Buchst. g MwStVO, die sich auf den Betrieb von Geschäfts-, Industrie- oder Wohnimmobilien durch oder für den Eigentümer des Grundstücks bezieht;
  16. Vermittlungsleistungen beim Verkauf oder bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken sowie bei der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken (unabhängig davon, ob diese Rechte einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt sind), ausgenommen Vermittlungsleistungen gemäß Art. 31 Abs. 3 Buchst. d MwStVO;
  17. juristische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen sowie mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken (unabhängig davon, ob diese Rechte einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt sind), wie zum Beispiel die Tätigkeiten von Notaren oder das Aufsetzen eines Vertrags über den Verkauf oder den Kauf eines Grundstücks, selbst wenn die zugrunde liegende Transaktion, die zur rechtlichen Veränderung an dem Grundstück führt, letztendlich nicht stattfindet.

Nach Art. 31a Abs. 3 MwStVO liegen bei folgenden Leistungen keine grundstücksbezogenen Leistungen vor:

  1. Erstellung von Bauplänen für Gebäude oder Gebäudeteile, die keinem bestimmten Grundstück zugeordnet sind;
  2. Lagerung von Gegenständen auf einem Grundstück, wenn dem Kunden kein bestimmter Teil des Grundstücks zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung steht;
  3. Bereitstellung von Werbung, selbst wenn dies die Nutzung eines Grundstücks einschließt;
  4. Vermittlung der Beherbergung in einem Hotel oder Beherbergung in Branchen mit ähnlicher Funktion, wie zum Beispiel in Ferienlagern oder auf einem als Campingplatz hergerichteten Gelände, wenn der Vermittler im Namen und für die Rechnung eines Dritten handelt;
  5. Bereitstellung eines Standplatzes auf einem Messe- oder Ausstellungsgelände zusammen mit anderen ähnlichen Dienstleistungen, die dem Aussteller die Darbietung seines Angebots ermöglichen, wie die Aufmachung und Gestaltung des Standes, die Beförderung und Lagerung der Ausstellungsstücke, die Bereitstellung von Maschinen, die Verlegung von Kabeln, Versicherungen und Werbung;
  6. Installation oder Montage, Wartung und Reparatur sowie Kontrolle und Überwachung von Maschinen oder Ausstattungsgegenständen, die kein fester Bestandteil des Grundstücks sind oder sein werden;
  7. Portfolioverwaltung im Zusammenhang mit Eigentumsanteilen an Grundstücken;
  8. juristische Dienstleistungen, mit Ausnahme der unter Buchstabe q genannten Dienstleistungen, einschließlich Beratungsdienstleistungen betreffend die Vertragsbedingungen eines Grundstücksübertragungsvertrags, die Durchsetzung eines solchen Vertrags oder den Nachweis, dass ein solcher Vertrag besteht, sofern diese Dienstleistungen nicht speziell mit der Übertragung von Rechten an Grundstücken zusammenhängen.

Die Verwaltung hatte mit BMF-Schreiben v. 10.02.2017 Klarstellungen im UStAE mit Bezug auf die ab 01.01.2017 geltende Unionsrechtslage zum Begriff der grundstücksbezogenen Dienstleistungen vorgenommen. Unklar blieb danach noch die Beurteilung von Rechts- und Steuerberatungsleistungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen. Hier war fraglich, ob die Ausführungen in Abschn. 3a.3 Abs. 7 UStAE (und die Negativabgrenzung in Abschn. 3a.3 Abs. 10 Nr. 7 UStAE) im Vergleich zu Artikel 31a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. q MwSt-DVO ggf. zu eng sein könnten. Neben juristischen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen nennt die MwStDVO auch juristische Dienstleistungen, die mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken stehen. In diesem Sinne äußert sich auch die EU-Kommission in ihren Erläuterungen zu grundstücksbezogenen Dienstleistungen. Zudem spricht Art. 31a Abs. 2 Buchst. q MwSt-DVO als Beispiel ausdrücklich das Aufsetzen eines Vertrages über den Verkauf oder den Kauf des Grundstücks an. Diese Leistungen waren in der bisherigen Fassung des UStAE nicht enthalten. Hinzu kommt, dass die Regelung in der MwSt-DVO nicht auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt ist. Insbesondere bei größeren Immobilientransaktionen werden die Verträge nicht durch den Notar, sondern durch Rechtsanwälte und/oder Steuerberater vorbereitet und abgestimmt. Das Aufsetzen von Miet- und Pachtverträgen erfolgt ebenfalls in der Regel ohne notarielle Beteiligung durch Rechtsanwälte und Steuerberater.

Daher war bisher insbesondere fraglich, ob auch Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Steuerberater bei Grundstückstransaktionen als im Zusammenhang mit einem Grundstück gesehen werden. Die EU-Kommission verneint in den Erläuterungen einen konkreten Grundstückszusammenhang bei juristischen Dienstleistungen im Zusammenhang mit laufenden Grundstücksangelegenheiten oder auch die Ausarbeitung von Musterverträgen. In diesen Fällen wäre von einer B2B-Dienstleistung nach § 3a Abs. 2 UStG auszugehen.

Entscheidung

Die Verwaltung hat mit BMF-Schreiben v. 05.12.2017 Klarstellungen in diesem Bereich vorgenommen. Bei juristischen Dienstleistungen ist demnach (im Einzelfall) zu prüfen, ob diese im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen oder mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken stehen.

Zu den grundstücksbezogenen Leistungen gehören auch sonstige Leistungen juristischer Art im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen sowie mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken (unabhängig davon, ob diese Rechte einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt sind), selbst wenn die zugrunde liegende Transaktion, die zur rechtlichen Veränderung an dem Grundstück führt, letztendlich nicht stattfindet.

Zu den bestimmten Rechten an Grundstücken zählen z. B. das Miet- und Pachtrecht.

Die Erbringung sonstiger Leistungen juristischer Art ist nicht auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt. Erforderlich ist jedoch, dass die Dienstleistung mit einer zumindest beabsichtigten Veränderung des rechtlichen Status des Grundstücks zusammenhängt.

Zu den grundstücksbezogenen sonstigen Leistungen zählen z. B.:

  • das Aufsetzen eines Vertrags über den Verkauf oder den Kauf eines Grundstücks und das Verhandeln der Vertragsbedingungen sowie damit in Zusammenhang stehende Beratungsleistungen (z. B. Finanzierungsberatung, Erstellung einer Due Diligence), sofern diese als unselbstständige Nebenleistungen anzusehen sind;
  • die sonstigen Leistungen der Notare bei der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen und anderen Verträgen, die auf die Veränderung von Rechten an einem Grundstück gerichtet sind, unabhängig davon, ob sie zwingend einer notariellen Beurkundung bedürfen;
  • die Beratung hinsichtlich einer Steuerklausel in einem Grundstücksübertragungsvertrag;
  • das Aufsetzen und Verhandeln der Vertragsbedingungen eines sale-and-lease-back-Vertrags über ein Grundstück oder einen Grundstücksteil sowie damit in Zusammenhang stehende Beratungsleistungen (z. B. Finanzierungsberatung), sofern diese als unselbstständige Nebenleistungen anzusehen sind;
  • das Aufsetzen und Verhandeln von Miet- und Pachtverträgen über ein bestimmtes Grundstück oder einen bestimmten Grundstücksteil;
  • die rechtliche Prüfung bestehender Miet- oder Pachtverträge im Hinblick auf den Eigentümerwechsel im Rahmen einer Grundstücksübertragung.

Nicht im engen Zusammenhang mit einem Grundstück stehen insbesondere folgende Leistungen juristischer Art:

  • die Rechts- und Steuerberatung in Grundstückssachen;
  • die Erstellung von Mustermiet- oder -pachtverträgen ohne Bezug zu einem konkreten Grundstück;
  • die Beratung zur Akquisitionsstruktur einer Transaktion (Asset Deal oder     Share Deal);
  • die Prüfung der rechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks (Due     Diligence);
  • die Durchsetzung von Ansprüchen aus einer bereits vorgenommenen Übertragung von Rechten an Grundstücken.

Praxishinweis

Die Abgrenzung, ob es sich um „sonstige Leistungen juristischer Art im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen sowie mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken“ i. S. d. Art. 31a Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchstabe q MwStDVO handelt oder nicht, wird – sofern diese Leistungen als eigenständige Hauptleistungen zu qualifizieren sind – in gewissem Umfang auch nach der Änderung des UStAE problematisch bleiben, da eine vollständige Erfassung aller denkbaren Einzelfälle im UStAE wohl nicht möglich ist. Aufgrund der beispielhaften Aufzählung einiger bedeutsamer Leistungen im UStAE dürfte es in der Praxis aber künftig wesentlich leichter fallen, beim Vorliegen selbstständiger Einzelleistungen zu entscheiden, ob ein enger Zusammenhang mit einem Grundstück besteht oder nicht.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens v. 05.12.2017 sollen in allen offenen Fällen anzuwenden sein. Fraglich könnte sein, ob diese Regelung - wie ausdrücklich geregelt - für alle offenen Fälle unabhängig vom Veranlagungszeitraum gilt oder ob das Schreiben lediglich für Umsätze gilt, die seit dem 01.01.2017 erbracht worden sind. Dies vor dem Hintergrund des Inkrafttretens der MwSt-DVO zum 01.01.2017, sodass eine Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens erst ab diesem Zeitpunkt möglich wäre. Das BMF-Schreiben v. 05.12.2017 hat zu einer Änderung der Verwaltungsauffassung geführt und der Anwendungsbereich der Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG wurde ausgeweitet. Dies könnte dafür sprechen, dass für die Zeit bis 31.12.2016 ein Vertrauensschutz in die bisherige Verwaltungsregelung geschaffen wurde. Für Umsätze ab dem 01.01.2017 dürfte im Hinblick auf das Inkrafttreten der MwStDVO keine schutzwürdige Position der Unternehmer mehr bestehen, da mit einem Fortbestand der bisher zu engen Verwaltungsauffassung nicht mehr gerechnet werden durfte.

Bedauerlicherweise hat die Ausweitung des Anwendungsbereichs auch zu neuen Abgrenzungsfragen geführt. Auch ergibt sich Umstellungsbedarf für Berater sowie ggf. Handlungsbedarf für abgeschlossene Zeiträume. Jeder Betroffene sollte sich genauestens mit der MwSt-DVO und dem BMF-Schreiben auseinandersetzen und den Anpassungsbedarf bestimmen. Die Berater der AWB stehen Ihnen dabei gerne mit ihrer Erfahrung beratend zur Seite.

 

 

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