Neuregelungen zur elektronischen Rechnungsstellung in Italien ab dem 01.01.2019

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Entscheidung des Europäischen Rates Nr. 2018/593

In Abweichung von Art. 218 der MwStSystRL hat der Europäische Rat Italien mit seiner Entscheidung Nr. 2018/593 v. 16.04.2018 die Berechtigung zugesprochen, von in Italien ansässigen Personen nur noch elektronische Rechnungen zu akzeptieren. Abweichend von Art. 232 der MwStSystRL wurde Italien zudem dazu autorisiert, Regelungen zu verabschieden, wonach elektronische Rechnungen einer in Italien ansässigen steuerpflichtigen Person nicht vom Empfänger akzeptiert werden müssen.

Interessant ist, dass diese Bestimmung bereits Eingang in das italienische Haushaltsgesetz 2018 (veröffentlicht im Dezember 2017) gefunden hat, bevor die Entscheidung des Europäischen Rates getroffen wurde.

Das italienische Haushaltsgesetz 2018 hat die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf umsatzsteuerlich registrierte Marktteilnehmer ausgedehnt, obgleich die italienische Regierung die EU-Kommission im September 2017 noch um eine Ausnahmeregelung gebeten hat und – als Konsequenz aus dieser Anfrage – die Entscheidung des Europäischen Rates auf in Italien ansässige Personen beschränkt ist. Die Ausweitung der Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf nichtansässige aber umsatzsteuerlich registrierte Marktteilnehmer ist nur einer der momentan unklaren Punkte.

Link zur Entscheidung des Europäischen Rates

Elektronische Rechnungsstellung in Italien ab 01.01.2019

Die folgende Information basiert auf der gegenwärtigen Fassung des italienischen Haushaltsgesetzes 2018 und der Bestimmung Nr. 89757/2018 der italienischen Steuerbehörde, welche Ende April 2018 zusammen mit technischen Hinweisen zur elektronischen Rechnungsstellung veröffentlicht wurde.

Link zur Bestimmung Nr. 89757/2018

Außerdem sind folgende technische Hinweisen zur elektronischen Rechnungsstellung zu beachten, die leider nur in italienischer Sprache zur Verfügung stehen:

Link zu technischen Hinweisen in italienischer Sprache

http://www.agenziaentrate.gov.it/wps/wcm/connect/804f90d4-e678-41b5-8d43-785d807df229/Allegato+A+-+Specifiche+tecniche_30042018.pdf?MOD=AJPERES&CACHEID=804f90d4-e678-41b5-8d43-785d807df229Beginnend ab dem 01.01.2019 muss jede Umsatzsteuerrechnung zwingend elektronisch über dasselbe System gestellt werden, welches bereits in Verwendung ist, um der italienischen Staatsverwaltung elektronische Rechnungen zu erteilen (sog. e-Rechnung zur Staatsverwaltung). Ziel dieser Neuregelung ist es, den italienischen Steuerbehörden eine Gegenprüfung der von den Steuerzahlern erklärten Transaktionen zu ermöglichen und Umsatzsteuerzahlungen zu überwachen. Die neue Verpflichtung gilt ab dem 01.01.2019 sowohl für B2B- als auch für B2C-Leistungen, welche einer Rechnungsstellungspflicht unterliegen.

Die Transaktionsdaten bei Geschäften mit nicht in Italien ansässigen Marktteilnehmern – mit Ausnahme derjenigen, für die ein Zollauskunftsbogen oder eine elektronische Rechnung erstellt wurde - werden den italienischen Behörden monatlich im Rahmen einer neuen monatlichen Mitteilungspflicht übermittelt.

Der Hervorhebung bedarf, dass „elektronische Rechnung“ im Gefüge der neuen Regelungen nicht den Rechnungsversand zum Kunden per E-Mail meint, sondern die Rechnungsstellung in einem speziellen elektronischen (.XML) Format, welches den technischen Hinweisen (s. o. Bestimmung Nr. 89757/2018) entspricht und dem Kunden über eine spezielle, im Eigentum und der Verantwortung der italienischen Steuerbehörden stehende Plattform (sog. SDI – System Data Interchange) zugeschickt wird.

Beginnend ab dem 01. 01.2019 müssen die Rechnungen, die von den Neuregelungen erfasst sind, folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Erstellt im .XML –Format, in Übereinstimmung mit den technischen Hinweisen der     Bestimmung Nr. 89757/2018
  • Mit einer digitalen Signatur unterzeichnet (optional)
  • Dem Kunden über die von den italienischen Steuerbehörden unterhaltene SDI-Plattform     übersandt. Die SDI-Plattform wird dem Kunden die Rechnung zustellen, nachdem sie das     Dateiformat und ggf. die digitale Signatur überprüft hat. Für den Fall, dass die technischen     Bestimmungen nicht eingehalten wurden, wird die SDI-Plattform die Rechnung nicht zum     Kunden weitersenden; die Rechnung gilt in diesem Fall als nicht gestellt.

Hinsichtlich der Rechnungserstellung, der Signatur sowie der Rechnungsübermittlung bzw. dem Rechnungsempfang über die SDI-Plattform können die Steuerpflichtigen auf qualifizierte Finanzintermediäre zurückgreifen. Gleichwohl bleibt der Leistungserbringer gegenüber den italienischen Steuerbehörden alleinverantwortlich für die Rechnungsstellung.

Der neue Vorgang der elektronischen Rechnungsstellung wird sich im Wesentlichen in drei Schritten vollziehen:

  1. Erstellung der elektronischen Rechnung
    Die Erstellung der elektronischen Rechnung im von den technischen Hinweisen vorgesehenen .XML -Format kann über eine Webanwendung, eine App oder eine Software, welche von den italienischen Steuerbehörden bereitgestellt werden, erfolgen. Es ist ebenso möglich, eine marktgängige Software hierzu zu verwenden. Auch kann bei diesem Schritt auf die Hilfe qualifizierter Finanzintermediäre zurückgegriffen werden.
  2. Übermittlung der elektronischen Rechnung zur SDI-Plattform
    Die Übermittlung der elektronischen Rechnung zur SDI-Plattform kann auf vier verschiedenen Wegen erfolgen:
    • Versand mittels elektronisch zertifizierter E-Mail
    • Versand über eine Webanwendung
    • Versand über einen Webservice
    • Dateiübertragung mittels FTP (File Transfer Protocol)
    Die Verwendung der elektronisch zertifizierten E-Mail ist sowohl italienischen als auch nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmern möglich, wobei für die nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmer die Notwendigkeit der vorherigen Registrierung bei einem zertifizierten E-Mail-Provider besteht. Die Nutzung des Webservices sowie der Dateiübertragung mittels FTP bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die italienische Steuerbehörde (das Zulassungsverfahren wird in den oben erwähnten technischen Hinweisen dargelegt). Für die Übermittlung der elektronischen Rechnungen an die SDI-Plattform ist es zulässig, auf qualifizierte Finanzintermediäre zurückzugreifen.
  3. Erhalt der Rechnung von der SDI-Plattform
    Der Erhalt der Rechnung kann auf drei Arten erfolgen:
    • Empfang mittels elektronisch zertifizierter E-Mail
    • Empfang über einen Webservice
    • Empfang mittels FTP (File Transfer Protocol).

Die Verwendung der elektronisch zertifizierten E-Mail ist sowohl italienischen als auch nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmern möglich, wobei für die nicht Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmer die Notwendigkeit der vorherigen Registrierung bei einem zertifizierten E-Mail-Provider besteht. Die Nutzung des Webservices sowie der Dateiübertragung mittels FTP bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die italienische Steuerbehörde (das Zulassungsverfahren wird in den oben erwähnten technischen Hinweisen dargelegt). Für den Erhalt der elektronischen Rechnungen von der SDI-Plattform ist es zulässig, auf qualifizierte Finanzintermediäre zurückzugreifen.

Personeller und sachlicher Anwendungsbereich des neuen Systems elektronischer Rechnungen

Der vorstehend beschriebene Prozess der Rechnungsstellung wird auf alle Leistungen zwischen steuerpflichtigen Personen, die entweder in Italien wohnhaft, ansässig oder dort zur MwSt registriert sind, Anwendung finden (B2B-Transaktionen). Das ist im Gesetzestext des Haushaltsgesetzes 2018 festgeschrieben (Art. 1 Abs. 3 des Gesetzdekretes 127 vom 05.08.2015 in der durch das Haushaltsgesetz 2018 geänderten Fassung).

Auch für B2C-Transaktionen wird die elektronische Rechnungsstellung zwingend, sofern der Leistungserbringer zur Ausstellung einer Mehrwertsteuerrechnung verpflichtet und der Kunde in Italien wohnhaft ist.

Die Rechnungsstellung gegenüber und von nicht in Italien ansässigen, d. h. dort nicht mehrwertsteuerpflichtigen Marktteilnehmern, folgt demgegenüber den bisherigen Regelungen (Rechnung auf Papier, Versand per E-Mail oder mit der Post oder entsprechend der Parteivereinbarung). Diese von den Neuregelungen nicht betroffenen Rechnungen müssen den nationalen Steuerbehörden auf monatlicher Basis im Wege einer neuen Mitteilungspflicht gemeldet werden.

Erste Schlussfolgerungen aus den Regelungen zum neuen elektronischen Rechnungssystem und mögliche Auswirkungen auf nicht in Italien wohnhafte bzw. ansässige Marktteilnehmer

Das neue System ist mit vielen Zweifelsfragen behaftet und zum Teil in sich widersprüchlich. Im Folgenden werden die drei Punkte aufgezeigt, die im Verlauf des Jahres 2018 zuvörderst klargestellt (oder besser: geändert) werden sollten.

  1. Verletzung des Beschlusses des Europäischen Rates
    Italien bat um eine Ausnahmeregelung zu den Art. 218 und 232 der MwStSystRL, um eine obligatorische Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung für alle in Italien ansässigen steuerpflichtigen Personen etablieren zu können Die Entscheidung Nr. 2018/593 des Europäischen Rats hat dem entsprochen.

    Unklar bleibt, warum das Haushaltsgesetz 2018 die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf zur MwSt in Italien registrierte Marktteilnehmer ausgeweitet hat. Die Entscheidung des Europäischen Rats wird vom Text des Haushaltsgesetzes 2018 missachtet, wenn es in Art. 1 Abs. 3 des Gesetzesdekrets 127 heißt: „[…] im Zusammenhang mit der Erbringung von Warenlieferungen und Dienstleistungen zwischen wohnhaften, ansässigen oder registrierten Steuersubjekten in Italien, erfolgt die Rechnungsstellung nur auf elektronischem Wege, wenn das SDI und das in Abs. 2 benannte Dateiformat benutzt werden.“

    Die im Gesetzestext hinzugefügten Worte „oder registrierten“ stimmt nicht mit den Vorgaben des Europäischen Rates in seiner Entscheidung Nr. 2018/593 überein. Es ist möglich, dass eine neue Regelung der italienischen Verwaltung Klarheit in diesem Punkt schaffen wird, indem sie Folgendes beinhaltet: Die Verpflichtung der elektronischen Rechnungsstellung besteht für nicht in Italien ansässige Marktteilnehmer (welche aber in Italien zu Mehrwertsteuerzwecken registriert sind – entweder durch direkte Registrierung oder durch einen Fiskalvertreter –) nur auf der Passivseite (Erwerbe von italienischen Leistungserbringern) und nicht auf der Aktivseite. Dies bedarf allerdings noch der Bestätigung.
  2. Widersprüchlichkeit zur Behandlung nicht-elektronischer Rechnungen
    Der neue Abs. 6 d. Art. 1 d. Gesetzesdekrets 127 v. 05.08.2015, in der durch das italienische Haushaltsgesetz 2018 geänderten Fassung lautet: „Im Falle einer Abweichung von der in Abs. 3 vorgesehenen Rechnungsstellung [scil. elektronische Rechnung] zwischen in Italien wohnhaften oder ansässigen Marktteilnehmern gilt die Rechnung als nicht gestellt und sind die in Art. 6 d. Gesetzesdekrets v. 18.12.1997, Nr. 471 [scil. Verletzung der Rechnungsstellungspflicht] vorgesehenen Sanktionen zur Anwendung zu bringen.“

    Das Gesetz scheint in diesem Punkt eindeutig zu sein. Nur in dem Fall, dass eine nicht elektronische Rechnung im Verhältnis zweier in Italien wohnhafter bzw. ansässiger Marktteilnehmer gestellt wird, ist die Rechnung ungültig. Unklar bleibt, was geschieht, wenn ein zu Mehrwertsteuerzwecken registrierter Marktteilnehmer auf Rechnungssteller- oder -empfängerseite agiert.

    Es ist nicht ausgeschlossen (was im Verlaufe des Jahres noch zu bestätigen sein wird), dass der italienische Leistungserbringer dem nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmer neben der elektronischen Rechnung eine herkömmliche Rechnung zukommen lassen wird. Demgegenüber sollten nicht in Italien wohnhafte bzw. ansässige Marktteilnehmer (welche in Italien zu Mehrwertsteuerzwecken erfasst sind) keiner Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung auf der Aktivseite unterliegen (bedarf noch der Bestätigung).
  3. Neue monatliche Mitteilungspflicht
    Welche Rechnungen sind von der Mitteilungspflicht erfasst? Jedenfalls die Rechnungen, die im Rahmen grenzüberschreitender Transaktionen gestellt werden (sofern sie nicht elektronisch gestellt werden) und die Rechnungen für einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Unklar ist, wie die lokalen, von nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen (aber zu Mehrwertsteuerzwecken registrierten) Marktteilnehmern gestellten Rechnungen zu behandeln sind. Das bedarf im Laufe des Jahres noch der Klarstellung.

Zu guter Letzt: Einerseits erweitert der Gesetzestext die neue monatliche Mitteilungspflicht auf alle Steuersubjekte (in Italien wohnhafte, ansässige oder zu Mehrwertsteuerzwecken erfasste), während es in der Regelung Nr. 89757/2018 der italienischen Steuerbehörde andererseits heißt: „im Zusammenhang mit der Warenlieferung und der Dienstleistungserbringung gegenüber und von nicht in Italien ansässigen Marktteilnehmern, übermittelt die ansässige Person die folgenden Informationen […] Identifizierungsdaten des Leistungserbringers/des Kunden, Datum des Dokuments, Datum der Transaktion, Datum der Registrierung […], Nummer des Dokuments, Bemessungsgrundlage, angewendeter Mehrwertsteuersatz, Mehrwertsteuerbetrag oder, falls das Dokument keine Mehrwertsteuer ausweist, die Art der Transaktion“.

Angesichts dessen ist unklar, ob die neue Mitteilungspflicht nur für die in Italien wohnhaften bzw. ansässigen Marktteilnehmer besteht oder für die nicht in Italien wohnhaften bzw. ansässigen, aber zu Mehrwertsteuerzwecken erfassten Marktteilnehmer.

Quelle

STUDIO PORTALE Consulenza Fiscale e Tributaria


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