Zur Versagung des Vorsteuerabzugs wegen unzureichender Leistungsbeschreibung in der Rechnung

Anmerkung zu: FG Düsseldorf, Urt. v. 15.09.2017, 1 K 2978/15

Praxisproblem

Voraussetzung für die ordnungsgemäße Durchführung des Mehrwertsteuersystems ist die Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis. § 14 UStG enthält umfassende Regelungen, was unter einer Rechnung zu verstehen ist, welche Angaben sie enthalten muss und in welcher Form und innerhalb welcher Frist sie auszustellen ist und übermittelt werden kann. Bedeutung hat die Rechnung v. a. für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Rechnungs- bzw. Leistungsempfängers. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG müssen die Angaben in einer Rechnung vollständig sein, um dem Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug zu ermöglichen.

§ 14 Abs. 4 UStG regelt (neben den Sonderbestimmungen in § 14a UStG) in seinen Nummern 1 bis 10 abschließend die obligatorischen Angaben, die eine Rechnung für Umsatzsteuerzwecke enthalten muss. Die Pflichtangaben haben nach dem bisherigen nationalen Recht erhebliche Auswirkungen auf die Eignung der Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs, was jedoch durch die EuGH-Rechtsprechung relativiert worden ist.

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG hat die Rechnung die Angaben zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder zu Umfang und Art der sonstigen Leistung zu enthalten. Die Bezeichnung der Leistung muss eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss das Abrechnungspapier, aus dem der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Vorschrift soll der Finanzverwaltung die Prüfung ermöglichen, ob der Leistende die USt zutreffend ermittelt hat und der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Sachverhalt

In dem Verfahren beim FG Düsseldorf, 1 K 2978/15, machte die Klägerin u. a. Vorsteuern aus 15 Rechnungen einer Firma B über die Lieferung von Schuhen und in einem Fall über die Lieferung von Hosen geltend. In den Rechnungen war als Leistungsbeschreibung „Schuhe“ (bzw. in einem Fall „Hosen“) in der jeweiligen Anzahl und Einzelpreis enthalten. Nachdem das FA daraus den Vorsteuerabzug versagte, legte die Klägerin berichtigte Rechnungen vor. Hierbei war aber unklar, wer die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen geändert hatte und wann dies geschah. Ein Datum der Rechnungskorrektur war auf den Rechnungen nicht erkennbar und die Rechnungen trugen weiterhin das ursprüngliche Ausstellungsdatum und die ursprüngliche Rechnungsnummer.

Entscheidung

Das FG hat der Versagung des Vorsteuerabzugs durch das FA recht gegeben, weil die Rechnungen keine den gesetzlichen Anforderungen des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG entsprechenden Leistungsbeschreibungen enthielten. Im Bereich des Groß- und Einzelhandels von Kleidungsstücken, speziell von Freizeitbekleidung im Niedrigpreissegment, genügt nach dem FG-Urteil in Rechnungen die bloße Angabe einer Gattung (z. B. Hose, Schuhe) nicht den Anforderungen an eine hinreichende Leistungsbeschreibung i. S. d. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG. Eine die Vorsteuerabzugsmöglichkeit eröffnende wirksame Rechnungsberichtigung liegt nicht vor, wenn völlig unklar ist, wer die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen geändert hat und wann dies geschehen ist.

Praxishinweis

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Zur Konkretisierung der erbrachten Lieferung oder Leistung kann in der Abrechnung zwar auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen werden. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen aber eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen. Denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Im Gegensatz zur geltenden nationalen Rechtslage, die einer ordnungsgemäßen Rechnung eine materiell-rechtliche Funktion für die Ausübung des Vorsteuerabzugs zukommen lässt, sieht der EuGH spätestens seit seinem Urteil v. 15.9.2016, Senatex, C-518/14, HFR 2016, 1029, im Besitz einer Rechnung i. S. d. Art. 226 MwStSystRL eine (lediglich) formelle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug dar. Damit ist die bisherige BFH-Rechtsprechung, wonach eine nach den §§ 14 und 14a UStG ausgestellte Rechnung als materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug angesehen wurde, insoweit überholt.

Das FG Düsseldorf konnte aber offenlassen, ob aus der Rechtsprechung des EuGH im Urteil Barlis 06 folgt, dass der Vorsteuerabzug unabhängig vom Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung auch dann zu gewähren ist, wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug durch die Finanzverwaltung anhand vom Steuerpflichtigen beigebrachter zusätzlicher Informationen festgestellt werden können. Vorliegend hatte die Klägerin derartige Informationen nicht beigebracht.

Der EuGH hat zwar entschieden, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Voraussetzungen nicht genügt hat. Folglich darf die Steuerverwaltung, wenn sie über die Angaben verfügt, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erforderlich sind, hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln. Daraus folgt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deshalb verweigert werden kann, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei darf sich die Finanzverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Sie hat auch die vom Unternehmer beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen.

Gleichwohl muss der Unternehmer, der einen Vorsteuerabzug vornehmen möchte, nachweisen, dass er die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Die Finanzbehörde kann somit vom Unternehmer selbst die Belege verlangen, die ihr für die Beurteilung der Frage notwendig erscheint, ob der Vorsteuerabzug gewährt werden kann (EuGH-Urteil Barlis 06).

Das FG Düsseldorf musste nicht entscheiden, ob und wie die zusätzlichen Informationen bzw. Belege beschaffen sein müssen, um die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nachweisen zu können. Zwar können sich die zur Feststellung der materiellen Voraussetzungen erforderlichen Rechnungsangaben danach auch aus anderen Dokumenten ergeben. Je weiter diese Dokumente jedoch vom eigentlichen Rechnungsdokument „entfernt“ sind, desto mehr ist eine eindeutige Zuordnung des betreffenden Dokuments zur eigentlichen Rechnung und zur darin enthaltenen Leistung erforderlich. Wenn der Unternehmer daher von Dritten erstellte Dokumente als Rechnungsbestandteil verstanden wissen will, ist zumindest eine willentliche, eindeutige Zuordnung dieser Unterlagen zur Rechnung bzw. der darin abgerechneten Lieferung erforderlich, um diesen Willen zu dokumentieren. Auch im der EuGH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt gab der EuGH dem vorlegenden Gericht „nur“ den Auftrag, die von Barlis vorgelegten „Annexe“, die eine detaillierte Leistungsbeschreibung enthielten, auf die erforderlichen Informationen zu überprüfen. Im vorliegenden Streitfall hatte die Klägerin schon keine zusätzlichen Unterlagen und Informationen beigebracht, anhand derer die fehlenden Rechnungsangaben zur Überprüfung der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs – im Streitfall die Art der gelieferten Gegenstände – festgestellt werden können.

Allgemein ist zu beachten, dass Bezeichnungen allgemeiner Art in Rechnungen, die Gruppen verschiedenartiger Gegenstände umfassen, z. B. Geschenkartikel, nicht ausreichen (z. B. Einrichtungsgegenstände, elektrische Geräte, Haushaltswaren, Lebensmittel, Werkzeuge, Geschenkartikel). Sie sind ungeeignet. Sachgesamtheiten (Warenlager, Büroinventar) sind aufzugliedern. Bei der Abrechnung über Lieferungen muss sich die in der Rechnung formulierte Leistungsbeschreibung mit der tatsächlich gelieferten Ware decken. Maßgeblich dafür, welche Ware tatsächlich geliefert werden muss, sind die zuvor zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen. Die Leistungsbezeichnung gelieferter Gegenstände erfordert, sofern Artikelnummern oder Herstellerbezeichnungen nicht erkennbar sind, eine zur Identifizierung geeignete Beschreibung der Beschaffenheit der Gegenstände (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 30.09.2015, 5 K 85/12). Das FG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 10.03.2003, 2 V 118/02, FGReport 2004, 31) hat den Hinweis auf "Textilien gemischt" auch im Bereich des Niedrigpreissektors nicht für genügend erachtet. Die Leistungsbezeichnung gelieferter Gegenstände erfordert eine zur Identifizierung geeignete Beschreibung der Beschaffenheit der Gegenstände. Auch bei Textilien im Niedrigpreissektor genügt dafür regelmäßig die bloße Gattungsbezeichnung (z. B. Bluse, Hose) nicht (vgl. auch FG Hamburg, Urt. v. 29.07.2016, 2 V 34/16).

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer korrekten, vollständigen Rechtsprechung auch nach Ergehen der Rechtsprechung des EuGH und BFH zur Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung. Auch eine Rechnungsberichtigung hat relevante Anforderungen.

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