Steuerbefreiung, Vermietung und Verpachtung, Verpachtung eines landwirtschaftlichen Grundstücks mit Rebflächen

Anmerkung zu: EuGH, Urt. vom 28.02.2019, C-278/18, Manuel Jorge Sequeira Mesquita

Praxisproblem

Bei dem portugiesischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Auslegung der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Bereich landwirtschaftlicher Nutzung. Im Bereich landwirtschaftlicher Tätigkeiten sind sowohl der Verkauf von Gegenständen und Erzeugnissen aus der landschaftlichen Nutzung als auch landwirtschaftliche Dienstleistungen unter den Voraussetzungen von Anhang B des PT-MwStG nach Art. 9 Abs. 33 PT-MwStG steuerfrei. Die Vermietung landwirtschaftlicher Flächen ist als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach Art. 9 Abs. 29 PT-MwStG steuerfrei. Die Überlassung eines Betriebs mit landwirtschaftlichen Grundstücken zu landwirtschaftlichen Zwecken kann der Vermietung landwirtschaftlicher Flächen gleichgestellt werden und daher fällt auch die Nutzung von Rebflächen und Reben im Rahmen der Tätigkeiten von Weinanbau und Weinkelterei im Rahmen eines Vertrags über die Vermietung landwirtschaftlicher Flächen in den Anwendungsbereich der in Art. 9 Abs. 29 PT-MwStG geregelten Steuerbefreiung.

Sachverhalt

Der Kläger schloss mit einer Gesellschaft S einen Vertrag über die Vermietung bzw. Verpachtung  eines landwirtschaftlichen Betriebs und landwirtschaftlicher Flächen (Rebflächen). Die Flächen wurden von der S zum Weinanbau mit Reben bepflanzt. Der Kläger ging davon aus, dass die Überlassung steuerbefreit sei. Der Vertrag lief jeweils für ein Jahr, verlängerte sich aber jeweils um ein weiteres Jahr, wenn keine der Parteien kündigte. Die Miete war jeweils am Ende des Jahres zu entrichten.

Die portugiesische Finanzbehörde war der Auffassung, dass es sich um landwirtschaftliche Flächen handele, die zwar grds. unter die Steuerbefreiungen fielen. Aufgrund der konkreten Nutzung durch die S (Weinanbau) sei die Steuerbefreiung allerdings nicht anzuwenden. Die Vermietung landwirtschaftlicher Grundstücke sei dann befreit, wenn sie keine Verbesserungen, insbesondere Pflanzungen oder sonstige Verbesserungen, umfasst und ausschließlich den Boden betrifft. Vorliegend gehe es um die Überlassung von Rebflächen zur Nutzung, die nicht als bloße Vermietung von Boden angesehen werden könne. Es handele sich um einen Vertrag, nach dem der Kläger das Recht zur Fruchtziehung aus den Rebflächen und zur Erhöhung ihrer Erträge abtritt, was zumindest eine „Vorbereitung des Geländes“ voraussetze, das Pflanzen der Reben.

Das vorlegende Gericht wollte wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL hinsichtlich der Steuerbefreiung der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken dahin auszulegen ist, dass diese Steuerbefreiung anwendbar ist auf einen Vertrag über die Überlassung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit aus Rebflächen bestehenden landwirtschaftlichen Grundstücken an eine Gesellschaft, deren Gesellschaftszweck im Betreiben der Landwirtschaft besteht, wobei die Dauer dieses Vertrags ein Jahr beträgt, sich aber automatisch um Zeiträume von gleicher Dauer verlängert, und die entsprechende Miete jeweils am des Jahres zu entrichten ist.

Entscheidung

Der EuGH hat die Vorlagefrage bejaht. Danach gilt die Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken auch im Fall eines Vertrags über die Überlassung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit aus Rebflächen bestehenden landwirtschaftlichen Grundstücken an eine im Weinbau tätige Gesellschaft.

Praxishinweis

Das deutsche Recht ist von dem Urteil zwar nicht unmittelbar betroffen und dennoch wird unsere Rechtslage bestätigt. Nach Art. 135 Abs. 2 S. 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten weitere Ausnahmen von der Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vorsehen. Deutschland hat davon in § 4 Nr. 12 UStG keinen Gebrauch gemacht. Der EuGH bestätigt in dem Urteil aber die deutsche Rechtslage insofern, als auch die Verpachtung einer landwirtschaftlichen Fläche, die der Nutzer seinerseits bepflanzt (hier: Anpflanzung von Weinreben) eine Vermietungs- bzw. Verpachtungsleistung und nicht eine Leistung eigener Art darstellt.

Die Überlassung eines landwirtschaftlichen Betriebs, wie im Ausgangsverfahren, stellt nur eine Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, nicht aber die Übertragung eines Gesamtvermögens i. S. v. Art. 19 MwStSystRL (Geschäftsveräußerung im Ganzen) dar. Die Überlassung von Reben zur Fruchtziehung ist nach dem Urteil auch keine Überlassung von Betriebsvorrichtungen.

Aus Rebflächen bestehende landwirtschaftliche Grundstücke stellen auch Grundstücke i. S. v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL dar. Was die Rebpflanzungen auf den Flächen betrifft, setzt der Begriff „Grundstücke“ nicht voraus, dass die Pflanzen untrennbar mit dem Boden verbunden sind. Es genügt, dass sie weder beweglich noch leicht zu versetzen sind. Insofern hat der EuGH auch seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Die Vermietung von Rebflächen ist somit nicht eine Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände.

Ihre Ansprechpartner