FG München zum Verhältnis von Zollwert und Verrechnungspreisen bei Nacherhebungen – Aktuelle Entwicklungen

Ausgangslage

In der unternehmerischen Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, wie aus zollwertrechtlicher Sicht mit konzerninternen Verrechnungspreisen, insbesondere bei deren nachträglicher Erhöhung oder Senkung, zu verfahren ist. In unserem Newsletter Nr. 22/2022 haben wir im Rahmen dieser Thematik bereits über das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.05.2022, VII R 2/19 (Hamamatsu), informiert. Der BFH entschied im Ergebnis, dass im vorliegenden Fall eine Berichtigung des Verrechnungspreises nach unten nicht zu einer Erstattung der Einfuhrabgaben führt.

Der BFH hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass Zu- und Abschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nur auf der Grundlage von Angaben vorgenommen werden dürfen, die bereits im Zeitpunkt der Zollanmeldung objektivierbar und quantifizierbar sind. Da für diesen Umstand die Nachweispflicht beim Unternehmen liegt und dieses im Zeitpunkt der Zollanmeldung keine ausreichenden waren- und stichtagsbezogenen Angaben im Sinne des Zollwertrechts machen konnte, schied eine Erstattung aus.

In Bezug auf die Frage, ob Anpassungen des Verrechnungspreises nach oben ebenfalls unberücksichtigt bleiben sollten, ist die Rechtsprechung bisher nicht eindeutig gewesen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass auch in der umgekehrten Situation, d.h. bei nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen nach oben, gleiche rechtliche Erwägungen herangezogen würden. Hierzu gibt es nun weitere aktuelle Entwicklungen.

Aktuelle Entscheidung des FG München

Mit seinem Urteil vom 27.10.2022, 14 K 588/20, hat das FG München einem klagenden Unternehmen Recht gegeben, welches die Nacherhebung von Abgaben durch die Zollverwaltung aufgrund nachträglich nach oben korrigierter Zollwerte, die aus angepassten Verrechnungspreisen resultierten, in Frage gestellt hat. Das Finanzgericht hat entschieden, dass das betreffende HZA zu Unrecht Zoll nacherhoben und dabei unzutreffend den Zollwert nicht anhand der unterjährig angemeldeten Zollwerte, sondern mittels eines Korrekturfaktors um die Preisbeeinflussung korrigiert und höher festgesetzt hat.

Maßgeblich für die Bestimmung des Zollwertes sei, wie auch in der Entscheidung des BFH im umgekehrten Fall dargelegt, der Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Die Zollwertermittlung sei demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung. Dies gelte nach dem Urteil des BFH auch im Rahmen der Schlussmethode. Die Nachweispflicht liege im Fall der Nacherhebung beim HZA. Dieses müsse darlegen und ggf. belegen, dass bzw. inwieweit Abgaben zu niedrig festgesetzt worden sind. Vorliegend habe das HZA nicht nachweisen können, dass die von der Klägerin entrichtete Zollschuld im Zeitpunkt der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung höher festzusetzen war. Auf eine etwaig vorliegende Verbundenheit und eine damit einhergehende Preisbeeinflussung komme es mangels Quantifizierbarkeit des Warenwerts im maßgeblichen Zeitpunkt daher nicht an.

Demzufolge sieht das FG München keine Nacherhebungsmöglichkeit seitens der Zollverwaltung unter den Umständen des Ausgangsfalls. Gleichwohl hat das FG München die Revision zum BFH zugelassen. Mit der Einlegung der Revision durch die Zollverwaltung ist zu rechnen, da diese nach wie vor die Mitteilung von Verrechnungspreiserhöhungen verlangt, um Nacherhebungen durchführen zu können.

Praxishinweis

Für Unternehmen, bei denen es infolge nachträglicher Erhöhungen von Verrechnungspreisen zu Zollnacherhebungen durch die Zollbehörde gekommen ist, deutet das Urteil des FG München darauf hin, dass sie diese Zölle zu Unrecht gezahlt hätten. Bis zur weiteren Klärung der Thematik, d.h. bis zu einer Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren, sollten Unternehmen daher, je nach Ausgangslage, Einspruch einlegen bzw. fristwahrende Erstattungsanträge stellen, um diese Verfahren offen zu halten.

Über die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich halten wir Sie weiter informiert und stehen Ihnen bei Rückfragen hierzu gerne zur Verfügung.

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