Erstattungsberechtigte in umsatzsteuerlichen Organschaftsfällen

BFH-Urteil VII R 20/18 zum Erstattungsberechtigten nach § 37 Abs.

Die umsatzsteuerliche Organschaft steht seit mehreren Jahren im Zentrum der EuGH- und BFH-Rechtsprechung. Einerseits ging es dabei bisher vor allem um die Frage, inwieweit Personengesellschaften als Organgesellschaften innerhalb einer Organschaft berücksichtigt werden können, zum anderen darum, wer nach dem EU-Recht innerhalb einer Organschaft als deren Steuerschuldner gegenüber der Finanzverwaltung anzusehen ist (beachten Sie hierzu auch bitte unseren Newsletter 02/2022 mit dem Beitrag Schlussanträge der Generalanwältin in den Rechtssachen C-141/20 und C-269/20).

Auch in seinem aktuellen Urteil vom 14.12.2021 hat der BFH (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2021
- VII R 20/18), wenn hierbei auch vor allem verfahrensrechtliche Aspekte der Abgabenordnung im Mittelpunkt standen, zu entscheiden, wer innerhalb einer umsatzsteuerlichen Organschaft als Erstattungsberechtigter nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO anzusehen ist.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte eine GbR als Organträgerin einer angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft gegen die vom dem zuständigen Finanzamt vertretene Auffassung geklagt, eine im Rahmen der Organschaft von einer GmbH als Organgesellschaft der GbR geleistete Umsatzsteuervorauszahlung sei nicht der GbR, sondern der GmbH als Erstattungsanspruch zuzurechnen. Als besonderer Umstand kam hier noch hinzu, dass mittlerweile über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der eingesetzte Insolvenzverwalter der GmbH die geleistete Vorauszahlung nach § 134 der Insolvenzordnung angefochten hat. Das zuständige Finanzgericht gab der GbR als Klägerin in einem Zwischenurteil insoweit Recht, als dass die von der GmbH eingezogenen Beträge nach dem erkennbaren Willen der GmbH auf die Steuerschulden der GbR geleistet worden sind. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein.

Argumente des BFH

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und verwies als Begründung darauf, dass nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO generell derjenige erstattungsberechtigt ist, auf wessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten eine Zahlung bewirkt wurde. Ferner, so der BFH in seiner Begründung, kommt es auch bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht darauf an, wer mit welchen Mitteln geleistet hat, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, so wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Der BFH bestätigte damit die Auffassung des Finanzgerichts, wonach sich aus den vom Bankkonto der GmbH gezahlten Umsatzsteuervorauszahlungen ein Erstattungsanspruch für die GbR als vermeintliche Organträgerin ergibt.

Der BFH führt weiter aus, dass auch wenn, wie vom klagenden Finanzamt vorgetragen, eine Organgesellschaft nach § 73 Satz 1 AO für solche Steuern des Organträgers haftet, für welche die Organschaft zwischen ihnen von Bedeutung ist, sich an dem Erstattungsanspruch der GbR nichts ändert. Entscheidend hierfür ist, dass die GmbH nach den Vorstellungen aller Beteiligter nicht auf eine eigene Haftungsschuld, sondern auf die Umsatzsteuerschulden der GbR hin geleistet hat.
Inwieweit sich im Innenverhältnis zwischen der GbR und der GmbH zivil- und insolvenzrechtliche Erstattungs- oder Ausgleichansprüche ergeben, wurde hier vom BFH bewusst offen gelassen und auf die Zivilgerichte verwiesen.

Fazit

Mit dem sehr auf verfahrensrechtliche Aspekte fokussierten Urteil hat der BFH klargestellt, dass sich auch im Falle von umsatzsteuerlichen Organschaften Zahlungen, die eine Organgesellschaft nach außen erkennbar auf die Umsatzsteuerschulden des Organträgers leistet, dem Organträger zuzurechnen sind. Es kommt damit darauf an, auf wessen Steuerschulden hin geleistet wird und nicht, wer mit welchen Mitteln zahlt. Offen gelassen hat der BFH dabei allerdings die Frage, welche Ausgleichsansprüche sich wiederum zwischen Organträger und Organgesellschaft ergeben.

In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um die Jahre 2004 bis 2008. Damit stellt sich die Frage, inwieweit die vorgestellten BFH Grundsätze zur Erstattungsberechtigung auch nach den mit Spannung erwarteten Urteilen in den EuGH-Verfahren C-141/20 und C-269/20 zur Frage der prinzipiellen Steuerschuldnerschaft in Organschaftsfällen Bestand haben werden. Auch hier wird sich bei einem für die Steuerpflichtigen günstigen Urteil die Frage stellen, welchem Organschaftsmitglied welche Erstattungsansprüche zustehen. Es ist abzusehen, dass sich mit dieser Frage dann sicher erneut die deutschen Finanzgerichte beschäftigen werden.

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