Alternative Ursprungsregeln im Pan-Euro-Med-Raum

Bereits seit längerer Zeit ist geplant, die Bestimmungen des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (ABl. EU 2013 Nr. L 54/3) grundlegend zu überarbeiten. Angesichts der Vorbehalte einiger Vertragsparteien konnten die überarbeiteten Vorschriften jedoch nicht einheitlich für alle Parteien angenommen werden. Gleichwohl wurde ein Verfahren eingeleitet, um diese überarbeiteten Regeln in die bilateralen Ursprungsprotokolle interessierter Parteien aufzunehmen. Hierbei handelt es sich derzeit um Bosnien und Herzegowina, die Europäische Union, Georgien, Island, Israel, Jordanien, das Kosovo, den Libanon, Moldawien, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, die Schweiz, Serbien, die Türkei und die Ukraine.

Die betreffenden Regeln werden alternativ zu den Regeln des Regionalen Übereinkommens Anwendung finden, das auch weiterhin von allen Vertragsparteien des Regionalen Übereinkommens uneingeschränkt angewandt werden wird. Die beiden Systeme der Ursprungsregeln sind allerdings strikt zu trennen. Eine Vermischung ist nicht zulässig - es besteht also keine „Durchlässigkeit“ zwischen den Systemen. Umgesetzt worden ist dieses parallele Modell der „klassischen“ und der modernisierten Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens bereits im Verhältnis zu Jordanien (s. hierzu Ausgabe Nr. 11/2021 des AWB Newsletters).

Die wichtigsten Verbesserungen sind nach Ansicht der Europäischen Kommission folgende:

  • Die regionale Ursprungskumulierung wird flexibler (Einführung der „vollständigen“ Kumulierung für die meisten Erzeugnisse)
  • Möglichkeit der Zollrückvergütung für die meisten Erzeugnisse
  • Flexiblere und einfachere Erzeugnisregeln, wie z. B. die Streichung kumulativer Anforderungen, niedrigere Schwellenwerte für die lokale Wertschöpfung, neue zweifache Verarbeitung für Textilien, Multiple-Choice-Regel für chemische Stoffe
  • Die Toleranz (Schwellenwerte für Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft) wurde von 10 % auf 15 % erhöht.
  • Die Regel der unmittelbaren Beförderung wurde durch eine Nichtmanipulationsregel ersetzt
  • Flexiblere Regeln für die buchmäßige Trennung
  • Künftig und die Zustimmung der Vertragsparteien vorausgesetzt können Ursprungszeugnisse durch von registrierten Ausführern abgegebene Ursprungserklärungen ersetzt sowie elektronische Ursprungsnachweise ausgestellt werden.

Zu den modernisierten Ursprungsregeln hat die Generaldirektion für Steuern und Zölle in ihrem Internetauftritt ein Guidance-Dokument mit Stand vom 25.08.2021 veröffentlicht.

Darüber hinaus hat die deutsche Zollverwaltung ebenfalls mit einer Fachmeldung vom 30.08.2021 zu den neuen Ursprungsregeln Stellung genommen. Zwar wurden die modernisierten Ursprungsregeln bislang nur für Jordanien veröffentlicht. Allerdings sollen angepasste Ursprungsprotokolle zu weiteren Abkommen zeitnah folgen. Die Zollverwaltung geht in ihrer Fachmeldung davon aus, dass rückwirkend mit Wirkung ab dem 01.09.2021 mit einer Anwendung der alternativen Ursprungsregeln für die Schweiz, die Färöer und Albanien zu rechnen ist.

Im Hinblick auf Ausfuhren bedeutet diese strikte Trennung der Systeme auch, dass bei der Ausstellung bzw. Ausfertigung von Präferenznachweisen die Anwendung der Übergangsregeln durch den Vermerk „TRANSITIONAL RULES“ ausdrücklich angegeben werden muss. Die Übergangsregeln sehen als Präferenznachweise nur noch die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bzw. die Ursprungserklärung des Ausführers vor, nicht mehr jedoch die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED und die Ursprungserklärung EUR-MED. Wurde für eine Exportsendung nach den Bestimmungen des Regionalen Übereinkommens eine „klassische“ Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bereits ausgestellt, so ist es bei Bedarf zulässig, nachträglich für diese Sendung eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit dem Vermerk „TRANSITIONAL RULES“ zu beantragen, wenn die Waren auch einen präferenziellen Ursprung nach den Übergangsregeln besitzen.

Beim Import sind besondere Codierungen für Präferenznachweise auf Grundlage der Übergangsregeln anzumelden: U075 für Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 mit dem Vermerk „TRANSITIONAL RULES”, U076 für Ursprungserklärungen mit dem Vermerk „TRANSITIONAL RULES”. Zu weiteren Einzelheiten im Hinblick auf die Anmeldung im System ATLAS ist eine gesonderte Information mit der ATLAS-Info 0214/21 v. 31.08.2021 erfolgt.

Links

Übersichtsseite der Generaldirektion für Steuern und Zölle „Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung und PEM-Übereinkommen“ mit Guidance-Dokument v. 25.08.2021

Zoll-Fachmeldung v. 30.08.2021: „Präferenzen im Pan-Euro-Med-Raum: neue Ursprungsprotokolle und alternative Ursprungsregeln“

ATLAS-Info 0214/21 v. 31.08.2021

Quellen

Generaldirektion für Steuern und Zölle (TAXUD)

Zoll.de

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