Ukraine-Krieg: Erweitertes Maßnahmenpaket für die Ukraine beschlossen

Nach dem ungerechtfertigten Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden schätzungsweise mehr als 14 Millionen Menschen, d. h. 30 % der ukrainischen Bevölkerung, vertrieben. Mehr als 6,2 Millionen Ukrainer haben sich auf den Weg in die EU gemacht, und fast 8 Millionen mussten aus ihrem Zuhause fliehen, blieben aber als Binnenflüchtlinge in der Ukraine. Für die Europäische Union stellt sich damit die Herausforderung, einer großen Anzahl von Kriegsflüchtlingen humanitäre Hilfe leisten zu müssen und gleichzeitig die von Hunger und Krankheit bedrohten ukrainischen Binnenvertriebenen zu unterstützen.

Am 1. Juli nahm die Europäische Kommission eine Entscheidung an, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, vorübergehend auf die Erhebung von Zöllen und Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel, Decken, Zelte, Stromgeneratoren sowie andere lebensrettende Ausrüstungen aus Drittländern zu verzichten, die für die ukrainische Bevölkerung bestimmt sind. Diese Maßnahme gilt rückwirkend ab dem 24. Februar 2022 und wird nach jetzigem Stand bis zum 31. Dezember 2022 in Kraft bleiben.

Die Befreiung von Zöllen und Mehrwertsteuer gilt für Waren, die von staatlichen Organisationen oder von durch die Mitgliedstaaten zugelassenen karitativen oder philanthropischen Organisationen eingeführt werden.

Diese Entscheidung ergänzt die im April verabschiedeten neuen MwSt-Vorschriften, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Steuerbefreiungen auf inländische Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, einschließlich Spenden, zugunsten von Katastrophenopfern auszuweiten und entspricht dem geltenden EU-Recht zur Freigabe von Hilfsmitteln in Katastrophenfällen.

Für die Gewährung einer solchen Befreiung ist eine Entscheidung der Kommission erforderlich, die erst auf Antrag der betroffenen Mitgliedstaaten tätig wird. Auch die EU-Zollvorschriften (Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates) sehen die Möglichkeit vor, Zollbefreiungen zugunsten von Katastrophenopfern zu gewähren. Gleiches gilt im Rahmen des EU-Mehrwertsteuerrechts (Richtlinie 2009/132/EG des Rates) für die Befreiung der endgültigen Einfuhr bestimmter Waren von der Mehrwertsteuer.

Ein weiterer Beschluss der EU wurde am 1. Juli verabschiedet. Dieser Beschluss ((EU) 2022/1108) vom 1. Juli 2022 beinhaltet die Befreiung von Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer von Gegenständen, die kostenlos an vor dem Krieg in der Ukraine fliehende Personen und an bedürftige Personen in der Ukraine verteilt oder diesen zur Verfügung gestellt werden sollen. Alle Gegenstände, die die Bedingungen erfüllen, werden von Eingangsabgaben im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und von der Mehrwertsteuer auf Einfuhren im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/132/EG befreit.

Am 15. Juli 2022 legte die Kommission einen weiteren Entwurf für einen EU-Vorschlag vor, der die Ukraine zum Beitritt zu den Übereinkommen über das gemeinsame Versandverfahren (GÜZ) einlädt. Dieses Übereinkommen würde bedeuten, dass Waren viel einfacher zwischen der EU, der Ukraine und den sieben weiteren sogenannten gemeinsamen Transitländern (Norwegen, Island, Schweiz, Nordmazedonien, Serbien, Türkei und Vereinigtes Königreich) befördert werden könnten. Auf diese Weise tragen die vereinfachten Regeln, wie z. B. die gegenseitig anerkannten finanziellen Garantien für den Zolltransit, und weniger Kontrollen dazu bei, die Kosten für die Unternehmen in der EU und in den Partnerländern zu senken und gleichzeitig den Handel zu erleichtern und zu fördern.

In dem angenommenen Entwurf des EU-Positionspapiers vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Ukraine alle relevanten Kriterien für den Beitritt zu den Übereinkommen erfüllt, einschließlich der rechtlichen, strukturellen und IT-Anforderungen zur Teilnahme am NCTS-Verfahren.


Quellen:

Beschluss (EU) 2022/1108 der Kommission vom 1. Juli 2022 über die Befreiung von Gegenständen, die kostenlos an vor dem Krieg in der Ukraine fliehende Personen und an bedürftige Personen in der Ukraine verteilt oder diesen zur Verfügung gestellt werden sollen, von Eingangsabgaben und Mehrwertsteuer, ABl. EU 2022 Nr. L 178/57 v. 05.07.2022

TAXUD-Meldung v. 01.07.2022: „Ukraine: Commission waives customs duties and VAT on the import of life-saving goods for Ukrainians“

TAXUD-Meldung v. 15.07.2022: „Commission sets in motion process for Ukraine to join the Common Transit Convention and the Convention on Simplification of formalities in trade in goods“

 

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