Änderung der Verwaltungsauffassung zum unberechtigten Umsatzsteuerausweis

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 11.01.2021 zum unberechtigten Steuerausweis gem. § 14c Abs. 2 UStG

Praxisproblem

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG). Die Rechtsfolgen treten nach Abschn. 14c.1 Abs. 1 UStAE grds. unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält.

Sachverhalt

Mit Urteil v. 21.09.2016, XI R 4/15, hatte der BFH entschieden, dass ein nicht unternehmerisch tätiger öffentlich-rechtlicher Zweckverband zur Tierkörperbeseitigung unberechtigt i. S. d. § 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG Umsatzsteuer gesondert ausweist, wenn er in seinen Gebührenbescheiden über die Tierkörperbeseitigung als Teil der Entsorgungsgebühr ein Nettoentsorgungsentgelt nebst darauf entfallenden Steuerbetrag angibt. Der BFH hatte damit seine frühere Rechtsprechung bestätigt, dass § 14c Abs. 2 UStG nicht voraussetzt, dass die erteilte Rechnung (ggf. auch unzutreffend) alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgezählten Merkmale aufweist. Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis i. S. d. § 14c Abs. 2 UStG erfüllt danach eine Rechnung schon dann, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt ausweist. Denn Gegenstand der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG sei die Gefährdung des Steueraufkommens durch Abrechnungsdokumente, die die elementaren Merkmale einer Rechnung aufweisen oder den Schein einer solchen erwecken und den Empfänger zum Vorsteuerabzug verleiten.

Entscheidung

Das BMF-Schreiben v. 11.01.2021 regelt in Änderung der Abschn. 14c.1 Abs. 1 und Abschn. 14c.2 Abs. 1 und 7 UStAE unter Übernahme der BFH-Rechtsprechung ergänzende Aspekte des unberechtigten Steuerausweises gem. § 14c Abs. 2 UStG.

Zum ersten sollen auch für die Fälle des unrichtigen Steuerausweises (§ 14c Abs. 1 UStG) deren Rechtsfolgen unabhängig davon eintreten, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält. Bereits die abstrakte Gefahr einer Vorsteuerinanspruchnahme soll ausreichend sein. Anders als bisher, dass die Angabe des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages jedoch unverzichtbar sei, geht die Verwaltung nunmehr davon aus, dass der Rechtsfolgeneintritt jedenfalls dann der Fall ist, wenn die Rechnung den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt enthält.

Abschn. 14c2 UStAE wurde wie folgt geändert: Anstelle der bisherigen Regelung in Abschn. 14c.2 Abs. 1 Satz 4 UStAE, wonach für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 14c Abs. 2 UStAE es unverzichtbar ist, dass der Rechnungsaussteller angegeben ist und das Entgelt als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrags, gilt nunmehr, dass eine Rechnung die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis schon dann erfüllt, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt enthält. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil v. 21.09.2016, XI R 4/15, gilt zusätzlich, dass die USt bereits dann gesondert ausgewiesen ist, wenn die Steuer als Geldbetrag genannt und als Steuerbetrag gekennzeichnet ist. Der eindeutige, klare und unbedingte Ausweis der USt genügt. An den Steuerausweis i. S. v. § 14c Abs. 2 UStG sind im Übrigen keine bestimmten optischen Anforderungen zu stellen. Die Steuer kann auch im Rahmen eines erläuternden Hinweises gesondert ausgewiesen werden.

Nach dem bisherigen Abschn. 14c.2 Abs. 7 UStAE besteht der Steueranspruch aus § 14c Abs. 2 UStG vorbehaltlich Abschn. 14c Abs. 2 Abs. 5 UStAE (Berichtigung der Steuer) unabhängig davon, ob der Rechnungsempfänger die gesondert ausgewiesene USt unberechtigt als Vorsteuer abgezogen hat oder nicht. Ergänzend hierzu regelt der UStAE nunmehr unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil v. 17.02.2011, V R 39/09, dass es ausreicht, dass das Dokument als Abrechnung abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden.

Praxishinweis

Die Verwaltung scheint nunmehr von der Einschränkung auszugehen, dass eine Rechnung zur Anwendbarkeit des § 14c UStG mindestens den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene USt enthalten muss. Ob dies dem Grundgedanken von § 14c UStG zuwider läuft, mag dahinstehen. Mit Urteil v. 20.10.2016, V R 26/15, hatte der BFH entschieden, dass eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vorliegt, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen USt enthält. Dies könnte jedoch im Umkehrschluss bedeuten, dass wenn eines dieser Merkmale fehlt, nicht zwingend davon auszugehen ist, dass keine berichtigungsfähige Rechnung vorliegt. Fehlt z. B. die Leistungsbeschreibung oder ist diese sehr ungenau, dürfte die abstrakte Gefährdungslage, der mit § 14c UStG gerade begegnet werden soll, trotzdem bestehen. Dem begegnet die Verwaltung offenbar damit, dass es jetzt für Zwecke des § 14c Abs. 2 UStG ausreichen soll, dass das Dokument als Abrechnung abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden.

Der BFH führt in Rz. 41 seines Urteils v. 21.09.2016, XI R 4/15, aus, dass es Sinn und Zweck des § 14c Abs. 2 UStG sei, der Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu begegnen. Dem sei im zu entscheidenden Fall u. a. dadurch entsprochen worden, dass das Finanzamt aus Rechnungsdokumenten an Privatpersonen keine Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG festgesetzt habe. Diese Ausführungen könnten die Interpretation zulassen, den Anwendungsbereich des § 14c UStG von der in der Rechnung als Leistungsempfänger bezeichneten Person abhängig zu machen - sei es in Bezug auf deren Unternehmereigenschaft oder Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dem scheint die Verwaltung aber nicht zu folgen, weil bereits die abstrakte Gefahr einer Vorsteuerinanspruchnahme ausreichend sein soll, die Rechtsfolgen des § 14c UStG auszulösen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Frage, wann eine Rechnung eine Rechnung nach § 14c UStG ist und wie eine Korrektur möglich ist, eine genaue Betrachtung der jeweiligen Sachverhaltsdetails erfordert.

Wenn Sie mit fehlerhaften Steuerausweisen in Rechnungen oder notwendigen Korrekturen von Rechnungen konfrontiert werden, sprechen Sie uns gern an. Wir helfen Ihnen weiter.

 

Ihre Ansprechpartner