Zur Haftung der Marktplatzbetreiber für Umsatzsteuer beim Handel mit Waren im Internet aufgrund der Änderung der §§ 18e, 22f, 25e und 27 Abs. 25 Satz 1 UStG zum 01.07.2021 durch das JStG 2020

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 20.04.2021

Praxisproblem

Zum 01.01.2019 war mit den neuen §§ 22f UStG und 25e UStG erstmals eine Haftung für nicht entrichtete USt, verbunden mit entsprechenden Aufzeichnungspflichten für Betreiber elektronischer Plattformen (elektronische Marktplätze) eingeführt worden, über die Unternehmer Waren an ihre Kunden liefern.

Sachverhalt

Zum 01.07.2021 wurden diesbezüglich durch das JStG 2020 einige Änderungen vorgenommen. Nach dem neugefassten § 22f Abs. 1 Nr. 3 UStG ist der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle (Online-Marktplatzbetreiber) zur Aufzeichnung der dem liefernden Unternehmer vom BZSt nach § 27a UStG erteilten USt-IdNr., die im Zeitpunkt der Lieferung gültig sein muss, verpflichtet. Dies gilt für alle auf dem Marktplatz des Betreibers tätigen Unternehmer unabhängig davon, ob der Unternehmer im Gemeinschafts- oder im Drittlandsgebiet ansässig ist. Die bisher bestehende Verpflichtung zum Vorhalten einer vom zuständigen Finanzamt erteilten Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers ist damit entfallen.

Nach dem neu eingefügten § 22f Abs. 3 UStG müssen Betreiber einer elektronischen Schnittstelle unter den in der Regelung bestimmten Voraussetzungen die in Art. 54c MwStSystRL-DVO aufgeführten Aufzeichnungen führen.

Nach dem neugefassten § 22f Abs. 4 Satz 1 UStG sind die vorzuhaltenden Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, 10 Jahre lang aufzubewahren und auf Anforderung des Finanzamtes elektronisch zu übermitteln.

Der neugefasste § 25e Abs. 1 UStG regelt, dass der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle für die nicht entrichtete USt eines Unternehmers aus der Lieferung einer Ware, die er mittels seiner Schnittstelle unterstützt hat, haftet. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle Schuldner der USt ist (vgl. § 3 Abs. 3a UStG – fiktives Reihengeschäft).

Nach dem neugefassten § 25e Abs. 2 Satz 1 UStG haftet ein Marktplatzbetreiber - vorbehaltlich der bestehenden Regelungen in § 25e Abs. 3 UStG - nicht, wenn er nachweist, dass der liefernde Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung über eine gültige, ihm nach § 27a UStG erteilte USt-IdNr. verfügt. Dies bedeutet, dass der Betreiber die ihm von dem bei ihm tätigen Unternehmer mitgeteilte USt-IdNr. nicht nur aufzeichnet (vgl. § 22f Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern regelmäßig auch auf Gültigkeit zu prüfen hat (vgl. § 18e UStG).

Entscheidung

Das BMF-Schreiben v. 20.04.2021 fasst die bisherigen Grundsätze zur Haftung der Marktplatzbetreiber unter Berücksichtigung der Änderungen zum 01.07.2021 (im Umfang der Haftung aufgrund der neuen Reihengeschäftsfiktion bei Einbindung eines Marktplatzbetreibers in die Lieferkette und der geänderten Aufzeichnungspflichten) nunmehr erstmals im UStAE zusammen. Die bisher ergangenen BMF-Schreiben zur der Marktplatzhaftung werden zum 01.07.2021 aufgehoben.

Praxishinweis

Auf folgende Änderungen zum 01.07.2021 ist besonders hinzuweisen:

Betreiber elektronischer Schnittstellen i. S. v. § 25e Abs. 1 UStG (Betreiber) haften grds. nicht für die nicht entrichtete USt aus einer Lieferung, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle unterstützt wurde, wenn der liefernde Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung über eine nach § 27a UStG erteilte, gültige USt-IdNr. verfügt. § 18e Nr. 3 UStG sieht für diese Zwecke vor, dass das BZSt Betreibern die Gültigkeit der ihnen vom liefernden Unternehmer nach § 25e Abs. 2 Satz 1 UStG mitgeteilten deutschen USt-IdNr. sowie den Namen und die Anschrift auf Anfrage bestätigt (qualifizierte Bestätigungsanfrage).

Der bisherige Haftungsausschluss nach Vorlage einer Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG oder einer elektronischen Bestätigung nach § 22f Abs. 1 Satz 6 UStG durch den Marktplatzbetreiber über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers entfällt zum 01.07.2021.

Voraussetzung für die Teilnahme am Bestätigungsverfahren ist eine entsprechende Zulassung des Betreibers durch das zuständige FA sowie eine ihm vom BZSt nach § 27a UStG erteilte, gültige USt-IdNr. Der Antrag auf Zulassung ist schriftlich oder elektronisch beim zuständigen FA zu stellen.

Zum 01.07.2021 treffen die Marktplatzbetreiber zusätzliche Aufzeichnungspflichten. Neben den bisher in § 22f Abs. 1 Satz 1 UStG vorgesehenen Angaben muss der Betreiber zusätzlich

  • die elektronische Adresse oder Website des liefernden Unternehmers,
  • die Bankverbindung oder die Nummer des virtuellen Kontos des Lieferers – soweit diese bekannt ist –,
  • eine Beschreibung des gelieferten Gegenstandes und
  • die Bestellnummer oder die eindeutige Transaktionsnummer – soweit bekannt – aufzeichnen.

Als Nachweis über die steuerliche Erfassung des liefernden Unternehmers muss der Betreiber die diesem nach § 27a UStG erteilte USt-IdNr. aufzeichnen (§ 22f Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

Unterstützt der Betreiber die Erbringung einer sonstigen Leistung an einen Empfänger nach § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG, ohne Teil einer fiktiven Leistungskette zu werden, muss er hierzu insbes. folgende Angaben aufzeichnen (vgl. § 22f Abs. 3 Satz 1 UStG):

  • Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungserbringers,
  • die elektronische Adresse oder Website des Leistungserbringers,
  • die Steuernummer oder USt-IdNr. des Leistungserbringers - soweit bekannt,
  • die Bankverbindung oder Nummer des virtuellen Kontos des Leistungserbringers - soweit bekannt -,
  • eine Beschreibung der erbrachten Leistung,
  • den Wert der erbrachten Leistung, d. h. den Preis, zu dem der Leistungsaustausch auf der elektronischen Schnittstelle zustande gekommen ist,
  • den Ort und den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung,
  • die Bestellnummer oder die eindeutige Transaktionsnummer – soweit bekannt.

Entsprechende Unternehmen sind nun gefordert, auch diese Neuerungen in die unternehmensinternen Prozesse zu integrieren. Neben den Neuerungen aufgrund der Reformen aufgrund des sog. Teils 2 des Digitalpaketes 2 (Änderungen im Bereich eCommerce, Lieferkommission über eine E-Schnittstelle (Online-Marketplace) und One-Stop-Shops lösen auch diese Änderungen, welche u. a. eine Konsequenz aus den Neuerungen sind, Handlungsbedarf aus.

Das Team der AWB hilft Ihnen gern bei der Umsetzung. Sprechen Sie uns einfach an.

Link

BMF-Schr. v. 20.04.2021

Quelle

Bundesministerium der Finanzen

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