FG Berlin-Brandenburg zu „Barter-“/Tauschumsätzen

Praxisproblem

Bereits 2012 hatte der Bundesfinanzhof (Revisionsverfahren XI R 11/11) entschieden, dass ein Verlagshaus und eine Ärztekammer der Umsatzsteuer unterliegende Leistungen im Tausch erbringen, wenn das Verlagshaus die Herstellung und den Versand der Kammerzeitschrift übernommen habe und im Gegenzug dafür Werbeanzeigen in der Zeitschriften vermarkten darf (Zeitschrift gegen Anzeigenplatzierungsrecht).

In den folgenden Jahren wurden sämtliche Tauschumsätze verstärkt in den Betriebsprüfungen beurteilt, mit genauso differenzierten Ergebnissen, wie verschieden die jeweiligen Leistungsbeziehungen bzw. Verträge sind. Streitpotenzial bietet die Frage nach dem Umfang der Unternehmereigenschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts, der Höhe der Bemessungsgrundlage für etwaige Tauschumsätze sowie die Anwendung des zutreffenden Steuersatzes.

Entscheidung

Aktuell hat das FG Berlin-Brandenburg der Klage eines Verlagshauses auf Feststellung einer umsatzsteuerpflichtigen Leistungserbringung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Kammer) an das Verlagshaus stattgegeben.

Streitgegenständlich war die Feststellung der Umsatzsteuerpflicht der Kammer vor dem Hintergrund des daraus erwachsenden Anspruchs des Verlagshauses auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis für Vorsteuerabzugszwecke.

Praxishinweis

Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei Feststellung einer Umsatzsteuerpflicht von Leistungen auch an die Minderung bzw. Aufhebung der steuerlichen Folgen durch die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bei Rechnungserteilung gedacht werden sollte.

Zugleich sind Unternehmen gefordert, den umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen bei im Rahmen von Tausch- oder tauschähnlichen Umsätzen gerecht zu werden. Tausch- oder tauschähnliche Umsätze liegen nicht nur bei Anzeigenplatzierungsrechten, sondern bei jeglichen wechselseitig erbrachten Leistungen vor. Dabei ist gleichgültig, ob eine gegenseitige Verrechnung/Erbringung vereinbart oder einfach nur durchgeführt wird. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind spätestens Unternehmer, sofern sie auf privatrechtlicher Grundlage im Leistungsaustausch tätig werden. Aktuell sollten bestehende Vertragsbeziehungen auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Anwendung des § 2b UStG (gilt ab 01.01.2017 mit Optionsmöglichkeit der zeitweisen Fortführung der Altregelung überprüft werden. In Bezug auf die Bemessungsgrundlage besteht teilweise ein Prüfungsbedarf, da die Höhe der Gegenleistung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (subjektiver Wert der Gegenleistung) teilweise im Konflikt zu der nationalen Anwendung steht. Diesbezüglich sollte geprüft werden, ob Streitigkeiten durch eine klare vertragliche Entgeltvereinbarung vermieden werden können. Unklar sind auch Fragen des anwendbaren Steuersatzes. Während der BFH für die Herstellung und den Versand einer Zeitschrift durch das Verlagshaus den ermäßigten Steuersatz anwendet, entschied das FG Berlin-Brandenburg für die Einräumung des Anzeigenplatzierungsrechts auf die Anwendung des Regelsteuersatzes (19 %), ließ aber die Revision zum BFH zu. Es wurde allerdings keine Revision eingelegt. Mithin ist beim Anzeigenplatzierungsrecht noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob der ermäßigte Steuersatz aufgrund Urheberrechtsübertragung evtl. – entgegen der Auffassung des FG – zur Anwendung gelangt.

Da eine fehlerhafte Abwicklung regelmäßig mit Steuernachforderungen sowie Nachzahlungszinsen und nicht unerheblichen Korrekturaufwand verbunden ist, sollten Erkenntnisse der aktuellen Entscheidung sowie die Umstellungen zum 01.01.2017 oder bei Option später  bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Bezug auf § 2b UStG genutzt werden, die bestehenden Leistungsbeziehungen zu prüfen.

In Bezug auf das Vorsteuerabzugsrecht sei darauf hingewiesen, dass der EuGH in zwei Entscheidungen (EuGH, Urt. v. 15.09.2016, C-518/14, Senatex und EuGH, Urt. v. 15.09.2016, C-516/14, Barlis) zur Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung sowie zu den Erfordernis einer ordnungsgemäßen Rechnung geurteilt hat, sodass bei Korrekturen die Vorteile der Entscheidungen einbezogen werden sollten (vgl. dazu den Beitrag im AWB Newsletter September 2016).

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