Zur Behandlung von verdeckten Preisnachlässen im Zusammenhang mit sog. Streckengeschäften im Gebrauchtwagenhandel

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 28.08.2020

Praxisproblem

Der BFH hatte mit Urteil v. 25.04.2018, XI R 21/16, BStBl II S. 505, die Vereinfachungsregelung in Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE zum Austauschverfahren in der Kraftfahrzeugwirtschaft anerkannt, jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Bemessungsgrundlage bei Tauschumsätzen (§ 3 Abs. 12 UStG) anhand des subjektiven Wertes und nicht des gemeinen Wertes festzustellen ist. Der BFH hatte die Rechtsauffassung des FG Niedersachsen (v. 26.05.2016, 11 K 10290/15) bestätigt, dass für die Bestimmung des Werts des Altfahrzeugs ein subjektiver Wert anzusetzen und die Verwendung eines fremdüblichen Marktpreises unzulässig sei. Entgegen früherer Entscheidungen des BFH sei nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen habe, Besteuerungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung und nicht ein nach objektiven Maßstäben geschätzter Wert. Der Wert des anderen Umsatzes werde in richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt; soweit dieser nicht ermittelt werden kann, sei er nach § 162 AO zu schätzen. Das gelte ebenso für den Tausch mit Baraufgabe. Die Finanzverwaltung wende diese Grundsätze in der Regel auch an (vgl. bisheriger Abschn. 10.5 Abs. 1 S. 2 ff. UStAE). Die Verwaltungsanweisung in dem bisherigen Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE sah der BFH als zulässige Vereinfachungsregelung für die Schätzung i. R. d. § 3 Abs. 12 UStG an, die er nicht befugt sei selbst auszulegen. Die Regelung lasse jedoch eine Schätzung nicht zu, die nachfolgende Verkäufe im Streckengeschäft berücksichtigt (bisheriger Abschn. 10.5. Abs. 4 Satz 8 UStAE).

Sachverhalt

Die Finanzverwaltung wendete bisher die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung, dass bei Tauschumsätzen auf den subjektiven Wert abzustellen ist, bereits grundsätzl. an (vgl. Abschn. 10.5. Abs. 1 S. 2 UStAE). Insbes. die Regelung in Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE, in der bisher noch auf den gemeinen Wert abgestellt wurde, war aufgrund der BFH-Rechtsprechung aber überholt.

Entscheidung

Abschn. 10.5. Abs. 1 S. 6 UStAE wurde durch das BMF-Schreiben dahingehend geändert, dass die Berechnung des Alternativwertes zum subjektiven Wert (nur falls dieser nicht ermittelt werden kann) gem. § 162 AO zu schätzen ist und nicht der gemeine Wert in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt.

Abschn. 10.5 Abs. 1 Satz 7 UStAE („Soweit der Wert des Entgelts nicht ermittelt werden kann, ist er zu schätzen.“) wurde gestrichen.

Abschn. 10.5. Abs. 3 Satz 3 UStAE (Tausch mit Baraufgabe bei Austauschteilen, wie z. B. Motoren) wurde wie folgt gefasst: Als Entgelt für die Lieferung des Austauschteils sind demnach die vereinbarte Geldzahlung und der subjektive Wert des Altteils, jeweils abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer, anzusetzen.

Nach dem neu gefassten Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE gilt: Nimmt ein Kraftfahrzeughändler beim Verkauf eines Kraftfahrzeugs einen Gebrauchtwagen in Zahlung und leistet der Käufer in Höhe des Differenzbetrags eine Zuzahlung, liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor. Zum Entgelt des Händlers gehört neben der Zuzahlung auch der subjektive Wert des in Zahlung genommenen gebrauchten Fahrzeugs. Der subjektive Wert ergibt sich aus dem individuell vereinbarten Verkaufspreis zwischen dem Kraftfahrzeughändler und dem Käufer abzügl. der vom Käufer zu leistenden Zuzahlung. Denn dies ist der Wert, den der Händler dem Gebrauchtwagen beimisst und den er bereit ist, hierfür aufzuwenden.

Abschn. 10.5 Abs. 5 UStAE, der bisher Ausführungen zur Anwendung von § 14c Abs. 1 UStG enthielt, wurde gestrichen.

Praxishinweis

Die bisherige Regelung in Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE, in der noch auf den gemeinen Wert abgestellt wurde, ist überholt. Sofern man der Vereinfachungsregelung auf den subjektiven Wert (Höhe der Inzahlungnahme des Gebrauchtfahrzeuges) anstatt auf den gemeinen Wert (tatsächlicher Wert des Gebrauchtfahrzeuges) abstellen würde, wäre die Vereinfachungsregelung obsolet, da sich kein nachträglicher Preisnachlass ergeben würde. Die bisherige Vereinfachungsregelung sowie die Beispiele in Abschn. 10.5. Abs. 4 UStAE sind somit ersatzlos entfallen. Die Grundsätze der Neuregelung sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird von der Verwaltung aber hinsichtl. aller bis vor dem 01.01.2022 entstandener gesetzlicher USt - auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs - nicht beanstandet, wenn die Unternehmer Tauschumsätze entsprechend der vorherigen Fassung der Abschn. 10.5 und 25a.1 Abs. 10 UStAE behandelt haben. Dies ist eine großzügige Übergangsregelung.

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