Zur Umsatzsteuerbefreiung von Personalgestellungsleistungen durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für bestimmte Tätigkeiten

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 03.09.2020

Praxisproblem

Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I 2014 S. 1266) war die Umsatzsteuerbefreiungsnorm für Personalgestellungsleistungen durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für bestimmte Tätigkeiten - § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG - zum 01.01.2015 neu gefasst und durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I 2019 S. 2451) zum 18.12.2019 redaktionell berichtigt worden („geistlicher“ statt „geistiger“ Beistand). Durch die Neufassung wurde eine vollständige Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. k MwStSystRL vorgenommen. Die Befreiung gilt danach insbes. für die Personalgestellung der begünstigten Einrichtungen für Zwecke der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlungen in Krankenanstalten, der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung, der Erziehung, des Schul- und Hochschulunterrichts sowie der Aus- und Fortbildung. Die „Gestellung von Personal“ umfasst dabei wie vorher die Gestellung von selbständigem, nicht beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtem Personal (vgl. EuGH v. 26.01.2012, C-218/10 (ADV-Allround)), wie z. B. die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen der Einrichtungen sowie die Gestellung abhängig beschäftigter Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Der bisherige Abschn. 4.27.1 UStAE bildete demgegenüber noch den Rechtsstand vom 31.12.2014 ab und bedurfte daher der Änderung.

Entscheidung

Nach dem durch das BMF-Schreiben v. 03.09.2020 neu gefassten Abschn. 4.27.1 Abs. 1 UStAE umfasst die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG die Gestellung von selbständigem, nicht beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtem Personal, wie z. B. die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen der Einrichtungen sowie die Gestellung abhängig beschäftigter Arbeitnehmer. Unter den Begriff „religiöse und weltanschauliche Einrichtungen“ fallen alle Einrichtungen, die den Schutz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und des Art. 140 GG i. V. m. mit Art. 137 der deutschen Verfassung vom 11.08.1919 (Weimarer Verfassung) in Anspruch zu nehmen berechtigt sind. Hierunter fallen z. B. Kir­chen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, geistliche Genossenschaften oder Mutterhäuser.

Nach dem neu gefassten Abschn. 4.27.1 Abs. 2 UStAE ist die Voraussetzung, dass die Personalgestellung für bestimmte unter § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG genannte Tätigkeiten erfolgt, erfüllt, wenn die Einrichtung, der das Personal gestellt wird, steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b, Nr. 16, 18, 21, 22 Buchst. a sowie Nr. 23 und 25 UStG erbringt und wenn die überlassene Person in diesem steuerbegünstigten Bereich tätig wird. In Betracht kommen insbes. die Gestellung von Gesundheits- und Krankenpflegern oder Altenpflegern an Krankenhäuser oder Altenheime sowie die Gestellung von Lehrern an Schulen zur Erteilung von Unterricht. Dies gilt für die Erteilung von Unterricht jeder Art, also nicht nur für die Erteilung von Religionsunterricht. Wird Personal für Zwecke geistlichen Beistands, z. B. für Zwecke des Abhaltens von Gottesdiensten, gestellt, muss die aufnehmende Einrichtung keine weiteren Voraussetzungen erfüllen.

Praxishinweis

Die Neuregelungen gelten für Umsätze, die nach dem 31.12.2014 erbracht werden, so dass entsprechende ältere Steuerfestsetzungen, soweit sie noch nicht bestandskräftig sind, noch geändert werden können.

Die Gesetzesbegründung zum KroatAnpG v. 25.07.2014 (BGBl I 2014 S. 1266) verwendet bei der beispielhaften Aufzählung religiöser und weltanschaulicher Einrichtungen den Begriff der „geistigen Genossenschaft“. Abschn. 4.27.1 Abs. 1 UStAE spricht an dieser Stelle von „geistlichen Genossenschaften“. Dies ist zum einen der historisch gewachsene, bis zum 31.12.2014 in § 4 Nr. 27 Buchst. a UStG verwendete Begriff, der u. a. mit Ordensgemeinschaften assoziiert wird. Zum anderen wird dieser Begriff auch an anderen Stellen des Steuer- bzw. Sozialrechts verwendet, u. a. in der Anlage 1 zu § 60 AO und in § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB V.

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