Änderungen im Vorsteuer-Vergütungsverfahren ab 01.01.2020

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 07.05.2020

Praxisproblem

Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2451) wurden m. W. v. 01.01.2020 u. a. auch die §§ 15 Abs. 4b, § 16 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 9, § 27 Abs. 28 UStG sowie die §§ 59 Satz 2 und § 61 Abs. 5 Satz 2 bis 4 UStDV geändert bzw. eingefügt.

Der Anwendungsbereich von § 15 Abs. 4b UStG (Einschränkungen des Vorsteuerabzugs für Drittlandsunternehmer hinsichtl. Kraftstoffkosten und Gegenseitigkeitsprinzip) wurde zur Vermeidung von Missbrauchsfällen erweitert. Nach der Neufassung gelten für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Abs. 5 UStG (Reverse Charge) und § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG i. V. m. § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) oder nur Steuer nach § 13b Abs. 5 UStG und § 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG (unzutreffender Steuerausweis) schulden, die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Satz 5 und 6 UStG (Ausschluss von Kraftstoffkosten von der Vorsteuervergütung) entsprechend. Missbrauchsfälle können auftreten, wenn die Einschränkungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens in Bezug auf die erforderliche Gegenseitigkeit und den Vorsteuerausschluss bei Kraftstoffen durch einen unrichtigen bzw. unberechtigten Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 bzw. Abs. 2 UStG und den Bezug einer unter § 13b UStG fallenden Leistung umgangen werden sollen.

Nach bisheriger Verwaltungsauffassung in Abschn. 18.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE können im Ausland ansässige Unternehmer, die die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllen und USt im allgemeinen Besteuerungsverfahren (z. B. nach § 14c Abs. 1 UStG) schulden, die Vergütung der Vorsteuerbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Diese Verwaltungsregelung wurde inhaltlich in § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG übernommen.

Durch die Änderung des § 59 Satz 2 UStDV wurde die Definition eines im Ausland ansässigen Unternehmers an das EuGH-Urteil v. 25.10.2012, C-318/11 und C-319/11, angepasst. Nach der bis zum 31.12.2019 geltenden Formulierung war ein im Ausland ansässiger Unternehmer u. a. ein Unternehmer, der ausschl. eine Betriebsstätte im Inland hat, von der aus keine Umsätze ausgeführt werden, aber im Ausland seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte hat, von der aus Umsätze ausgeführt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das tatsächliche Bewirken steuerbarer Umsätze im Mitgliedstaat der Erstattung die allgemeine Voraussetzung für den Ausschluss eines Erstattungsanspruchs, ob der antragstellende Unternehmer in diesem Mitgliedstaat eine feste Niederlassung hat oder nicht.

Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes führt eine inländische Betriebsstätte nur zum Ausschluss eines Unternehmers vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren, wenn die inländische Betriebsstätte im Inland steuerbare Umsätze ausführt.

§ 61 Abs. 5 UStDV regelt, dass der nach § 18 Abs. 9 UStG zu vergütende Betrag nach Ablauf einer bestimmten Frist zu verzinsen ist.

Durch die Änderung von § 61 Abs. 5 Satz 2 bis 4 UStDV wurde der Beginn des Zinslaufs einheitlich an den Wortlaut der RL 2008/9/EG angepasst.

Entscheidung

Die Verwaltung hat sich mit BMF-Schreiben v. 07.05.2020 zu diesen Rechtsänderungen geäußert und den UStAE entsprechend angepasst. Die Regelungen sind auf Besteuerungs- und Vergütungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 enden.

Danach gilt im Wesentlichen:

Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren kommt nach Abschn. 18.10 Abs. 1 Satz 1 UStAE nur für Unternehmer in Betracht, die im Ausland ansässig sind; die Ansässigkeit im Ausland richtet sich nach § 59 Satz 2 UStDV. Nach der Neuregelung in Abschn. 18.10 Abs. 1 Satz 2 UStAE ist ein Unternehmer bereits dann im Inland ansässig, wenn er eine inländische Betriebsstätte hat und von dieser im Inland steuerbare Umsätze ausführt. Nach wie vor ist die Absicht, von dort Umsätze auszuführen, nicht ausreichend.

Nach Abschn. 18.11 Abs. 4 Satz 1 UStAE wird einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, die VSt nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine USt oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird (sog. Gegenseitigkeit i. S. v. § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Nach der Neuregelung in Abschn. 18.11 Abs. 4 Satz 4 UStAE ist bei fehlender Gegenseitigkeit das Vorsteuer-Vergütungsverfahren nur durchzuführen, soweit der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Abs. 5 UStG im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von dem Wahlrecht der steuerlichen Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat (§ 18 Abs. 4c und 4d UStG) Gebrauch gemacht hat.

Hinsichtl. der Verzinsung von Vorsteuervergütungsbeträgen bestimmt Abschn. 18.13. Abs. 9 UStAE nunmehr Folgendes: Der Zinslauf beginnt grds. mit Ablauf von vier Monaten und zehn Arbeitstagen nach Eingang des Vergütungsantrags beim BZSt. Übermittelt der Unternehmer Rechnungen oder Einfuhrbelege als eingescannte Originale nicht zusammen mit dem Vergütungsantrag, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, beginnt der Zinslauf erst mit Ablauf von vier Monaten und zehn Arbeitstagen nach Eingang dieser eingescannten Originale beim BZSt. Hat das BZSt zusätzliche oder weitere zusätzliche Informationen angefordert, beginnt der Zinslauf erst mit Ablauf von zehn Arbeitstagen nach Ablauf der Fristen in Art. 21 der RL 2008/9/EG.

Praxishinweis

Die bisherige Regelung in Abschn. 18.11 Abs. 4 Satz 4 UStAE führte im Ergebnis dazu, dass das Vorsteuer-Vergütungsverfahren gegenüber im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmern bei fehlender Gegenseitigkeit nur in den Fällen des § 59 Satz 1 Nr. 1 UStDV abgelehnt werden konnte. Nunmehr wird das Vorsteuer-Vergütungsverfahren gegenüber im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmern bei fehlender Gegenseitigkeit in den Fällen des § 59 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStDV abgelehnt. Abschn. 18.11 Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 und 2 UStAE wurden deshalb gestrichen.

 

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