Temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze ab 01.07.2020

Die temporäre Senkung der Umsatzsteuersätze im Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen in der Umstellung und Neueinstellung der ERP-Systemen, Pricing- und Abwicklungsprozesse und nicht zuletzt bei der Erstellung von Rechnungen. Des Weiteren ist zu prüfen, ob Anzahlungsrechnungen etc. angepasst werden müssen und wie diese Umstellung und Berichtigung zu erfolgen hat.

Auch die Finanzverwaltung hat erkannt, welche Herausforderung vor allem die Kurzfristigkeit der Steuersatzsenkung hat und hat daher bereits vor Verabschiedung des Gesetzes und vor Verabschiedung eines BMF-Schreibens den derzeitigen Entwurf einer Verwaltungsanweisung mit Hinweisen zur Steuersatzumstellung veröffentlicht. Der Entwurf ähnelt in weiten Teilen dem bisherigen Schreiben zur Steuersatzänderung vom 11.08.2006, so dass zu erwarten ist, dass in diesem Entwurf nicht mehr viele Änderungen sondern allenfalls Ergänzungen aufgenommen werden. Viele Verbandseingaben sind an die Verwaltung gerichtet worden und vor allem kristallisiert sich der Wunsch einer temporären Nichtbeanstandung eines zu hohen Umsatzsteuerausweises für den Vorsteuerabzug heraus (vergleichbar der Nichtbeanstandung im BMF-Schreiben vom 21.01.2020 zur Steuersatzsenkung im Personenbeförderungsverkehr). Eine derartige Regelung ist sehr sinnvoll und wir hoffen, dass diese Eingang findet. Den Unternehmen ist nun zu raten, mit Hochdruck an der Umsetzung zu arbeiten. Der Entwurf des BMF-Schreibens kann dienlich sein.

Das USt-Team der AWB ist Ihnen gern mit Rat und Tat behilflich.

 


 

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Als wesentlicher Teil des sog. Konjunkturpaketes hat die Bundesregierung beschlossen, die Umsatzsteuersätze (unionsrechtlich Mehrwertsteuersätze) für sechs Monate von 19 % auf 16 % bzw. 7 % auf 5 % zu senken.

Diese nur vermeintlich einfache Umstellung bedeutet erheblichen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen. Vor allem müssen die ERP-Systeme und Kassensätze umgestellt werden.

Folgende Themenbereiche sollten besondere Beachtung finden:

1. Ausgangsumsätze

a) Zeitpunkt der Leistungsausführung

Es stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Dafür ist der Zeitpunkt der Leistungsausführung maßgebend:

  • bis zum 30.06.2020
    19 % Regelsteuersatz und 7 % ermäßigter Steuersatz
  • zwischen dem 01.07. und 31.12.2020
    16 % Regelsteuersatz und 5 % ermäßigter Steuersatz
  • ab dem 01.01.2021
    19 % Regelsteuersatz und 7 % ermäßigter Steuersat

Bei Lieferungen bedeutet die Ausführung der Lieferung der Zeitpunkt, zu dem der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erworben hat, konkreter bei bewegten Lieferungen: Beginn der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands

Bei sonstigen Leistungen ist der Zeitpunkt der Vollendung der Leistung entscheidend.

b) Anzahlungen

Soweit bereits vor dem 01.07.2020 für eine Leistung bezahlt wurde, die zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 erbracht wird, wird die Anzahlung im Regelfall mit 19 % bzw. 7 % besteuert. Allerdings ist spätestens mit der Schlussrechnung der Steuersatz für die (Gesamt-)Leistung  auf 16 % bzw. 5 % zu verringern.

Wenn die Anzahlung zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 geleistet und die Leistung nach dem 01.01.2021 erbracht wird, ist die Anzahlung mit 16 % bzw. 5 % zu besteuern. Allerdings ist spätestens mit Schlussrechnung der Steuersatz von 19 % bzw. 7 % anwendbar.

c) Weitere Besonderheiten

Eine besonderen Prüfung sollten sog. Teilleistungen unterzogen werden. Diese haben - anders als Anzahlungen - zur Folge, dass die Umsatzsteuer endgültig entsteht.

Weitere Problembereiche können allgemeine Dienstleistungen sein (insbes. Vermietungen), Telekommunikationsleistungen, Umsätze im Gastgewerbe, Personenbeförderungen, Umtausch von Gegenständen, Bauleistungen, Gutscheine, und Jahresboni.

Es ist besondere Vorsicht geboten, um eine Steuerschuld nach § 14 c UStG zu vermeiden.

2. Eingangsseite - Vorsteuerabzug

Bei Rechnungen, die sich auf eine Leistungsausführung zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 beziehen, ist der Vorsteuerabzug nur in Höhe von 16 % bzw. 5 % möglich. Mehrwertsteuer, die darüber hinaus ausgewiesen wurde, ist solche nach § 14c UStG und demzufolge für den Leistungsempfänger nicht abziehbar.

Bislang ist noch unklar, ob für Rechnungen, die vor dem 01.07.2020 ausgestellt wurden, dem Leistungsempfänger aber erst nach dem 01.07.2020 zugehen, eine Billigkeitsregelung geschaffen wird.

Im Falle von Anzahlungen, bei denen die Anzahlung vor dem 01.07.2020 geleistet wurde, aber die Leistung erst zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 ausgeführt wird, besteht der Vorsteuerabzug in Höhe des ausgewiesenen Steuersatzes (19 % oder 16 % bzw. 7 % oder 5 %). Allerdings muss bei einer Schlussrechnung der bei Leistungsausführung geltende Steuersatz von 16 % oder 5 % jedoch insgesamt abgerechnet werden, sodass auch der Vorsteuerabzug nur in dieser Höhe besteht.

3. Vertragliche Vereinbarungen

Im Falle einer sog. Nettopreisvereinbarung muss der Leistende im Regelfall den Steuervorteil an den Leistungsempfänger weiterreichen.

Soweit eine sog. Bruttopreisvereinbarung vorliegt, kann der Leistende grundsätzlich vom Vorteil des reduzierten Steuersatzes profitieren.

Besonderheiten können allerdings dann bestehen, wenn das Vertragswerk feste Umsatzsteuerbeträge enthält oder es sich um einen langfristigen Vertrag handelt.

 

Link

BMF-Schreiben v. 12.06.2020