Steuersatzsenkung – neuer Entwurf eines BMF-Schreibens mit Nichtbeanstandung

BMF-Schreiben mit Anwendungs- und Übergangsregelungen in Vorbereitung, Senkung der Umsatzsteuersätze von 19 % auf 16 % bzw. von 7 % auf 5 % im 2. Halbjahr 2020

Gesetzentwurf für ein Corona-Steuerhilfegesetz II

Das Bundeskabinett hatte am 12.06.2020 erste umfangreiche Maßnahmen des Konjunkturpakets beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie entschlossen anzugehen. Dazu zählt insbes. die befristete Senkung der Umsatzsteuersätze in der Zeit vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020. Außerdem sollte die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) auf den 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Monats verschoben werden.

Nach dem in der Folge im Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf für ein „Zweites Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz; Kabinettbeschluss v. 12.06.2020, Gesetzentwurf der der Fraktionen der CDU/CSU und SPD v. 16.06.2020, BT-Drucks. 19/20058 sinkt - beschränkt auf den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 - der Normalsteuersatz von 19 % auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf 5 %. Die Durchschnittsätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe von 5,5 % und 10,7 % nach § 24 Abs. 1 UStG sind von der Regelung nicht betroffen, diese bleiben unverändert. Gesenkt wurde aber der Durchschnittsatz für bestimmte Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten von 19 % auf 16 %. Die Umsatzsteuersätze von 16 % und 5 % sind auch bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer anzuwenden, und zwar befristet auf Einfuhren, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 vorgenommen werden.

ENTWURF liegt vor - BMF-Schreiben in Vorbereitung

Hierzu stimmt das BMF derzeit einen Entwurf eines begleitenden BMF-Schreibens mit den obersten Finanzbehörden der Länder ab, der dem Vernehmen nach zeitnah zusammen mit der Verkündung des entsprechenden Gesetzes auf der Internet-Homepage des BMF und im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht werden soll. Das endgültige Ergebnis der Erörterungen bleibt abzuwarten. Der erste Entwurf eines BMF-Schreibens war am 12.06.2020 auf der Homepage des BMF veröffentlicht worden. Am 23.06.2020 wurde an gleicher Stelle ein überarbeiteter Entwurf veröffentlicht.

Neue Umsatzsteuersätze, allerdings nur befristet auf das 2. Halbjahr 2020

Die neuen Umsatzsteuersätze von 16 % und 5 % sind auf die Lieferungen, sonstigen Leistungen und innergemeinschaftlichen Erwerbe anzuwenden, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 bewirkt werden. Maßgebend für die Anwendung dieser Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung oder der Rechnungserteilung. Entsprechendes gilt für Teilleistungen, für die die Rzn. 20 bis 26 des BMF-Entwurfs besondere Übergangsregelungen enthalten.

Die Finanzverwaltung hat z. B. keine Bedenken dagegen, dass in Rechnungen, die vor dem 01.07.2020 über die vor diesem Zeitpunkt vereinnahmten Teilentgelte für nach dem 30.06.2020 erbrachte steuerpflichtige Leistungen oder Teilleistungen ausgestellt werden, die Umsatzsteuer nach den nach den neuen Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird.

Ausgleichsansprüche der Vertragsparteien

Der Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 und § 14a UStG berechtigt und ggf. verpflichtet, über Leistungen (Lieferungen, sonstige Leistungen und ggf. Teilleistungen), die nach dem 30.06.2020 ausgeführt werden, Rechnungen zu erteilen, in denen die Umsatzsteuer nach den befristet geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen ist. Das gilt auch, wenn die Verträge über diese Leistungen vor dem 01.07.2020 geschlossen worden sind und dabei von den alten Umsatzsteuersätzen (19 % bzw. 7 %) ausgegangen worden ist. Aus der Regelung über den Steuerausweis folgt aber nicht, dass die Unternehmer verpflichtet sind, bei der Abrechnung der vor dem 01.07.2020 vereinbarten Leistungen die Preise entsprechend der befristet eingetretenen umsatzsteuerlichen Minderbelastung zu senken. Es handelt sich dabei vielmehr um eine besondere zivilrechtliche Frage, deren Beantwortung von der jeweiligen Vertrags- und Rechtslage abhängt. Dennoch kann nach § 29 Abs. 2 UStG der eine Vertragsteil von dem anderen Vertragsteil einen Ausgleich verlangen, wenn er eine Leistung nach dem 30.06.2020 ausführt. Eine der Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch ist, dass die Leistung auf einem Vertrag beruht, der vor dem 01.03.2020 geschlossen worden ist. Die Vertragspartner dürfen außerdem nichts anderes vereinbart haben (z. B. dass Ausgleichsansprüche im Falle einer Anhebung oder Absenkung des Umsatzsteuersatzes ausgeschlossen sind).

Besondere Übergangsregelungen zu erwarten

Um den Übergang zur Anwendung der im 2. Halbjahr 2020 geltenden neuen Umsatzsteuersätze in der Praxis zu erleichtern, werden in den Textziffern 3.2 bis 3.10 (Rzn. 20 bis 45 des BMF-Entwurfs) besondere Übergangsregelungen (z. B. zur Ausführung und Abrechnung von Teilleistungen, Dauerleistungen, Entgeltminderungen und -erhöhungen, Einlösung von Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheinen, Einzweckgutscheinen, Gewährung von Jahresboni, Jahresrückvergütungen und dergleichen) getroffen. Die damit zugelassenen Erleichterungen und Verfahren können von allen Unternehmern angewandt werden, für die sie zutreffen. Einer Genehmigung durch das zuständige FA bedarf es dazu nicht.

Nichtbeanstandungsregelung für B2B Umsätze im Juli 2020

Besonders hinzuweisen ist auf eine Nichtbeanstandungsregel bei einem zu hohen Steuerausweis in der Rechnung: Hat der leistende Unternehmer für eine nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.08.2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 01.07.2020 geltenden Steuersatz (19 % anstelle von 16 % bzw. 7 % anstelle von 5 %) ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer in den Rechnungen den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt. Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen i. S. v. § 14c Abs. 1 UStG unrichtigen Rechnungen (unrichtiger Steuerausweis) auch für die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.08.2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt.

Diese Regelung ist auch notwendig, da sowohl die Ankündigung der Steuersatzsenkung als auch die vielen Fragen zur Umstellung in den Prozessen in den Unternehmen erstmals umgesetzt werden müssen. Zudem hilft es bei vielen Abgrenzungsfragen zur stichtagsgenauen Umstellung.

Bedauerlich ist allerdings, dass diese Regelung nicht generell gilt (wie z. B. bei der Steuersatzsenkung im Personenschienenverkehr vom 21.01.2020 bereits seitens der Finanzverwaltung angewandt), sondern nur temporär für Leistungen mit Ausführung im Monat Juli 2020.

Schließlich regelt das BMF-Schreiben auch den zum 01.01.2021 wiederum notwendigen Übergang zu den dann wieder geltenden bisherigen Steuersätzen von 19 % bzw. 7 %.

Schlussbemerkung

Abschließend sei bemerkt, der BMF-Entwurf regelt ausführlich die Auswirkungen, die sich aus den Steuersatzsenkungen ergeben, wobei er auch Nichtbeanstandungsregelungen enthält, die den praktischen Schwierigkeiten infolge der notwendigen Umstellung von Buchhaltungs- und Kassensystemen begegnen sollen. Gleichwohl sind die Regelungen naturgemäß abstrakt und ohne Beispielsfälle gefasst, sodass Einzelfragen in der Praxis ggf. der vertieften Betrachtung bedürfen.

Des Weiteren sind teilweise Spezial- und branchenspezifische Fragen nicht beantwortet und teilweise wird den Konsequenzen einer Steuersatzsenkung bei Voraus- und Anzahlungen nicht begegnet.

Das USt-Team der AWB hilft Ihnen gern weiter. Fragen Sie uns einfach.

 

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