Zur befristeten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme von Getränken) zum 01.07.2020 (bis 30.06.2021); Änderung der Abschn. 10.1 und 12.16 Abs. 12 UStAE

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 02.07.2020

Praxisproblem

In § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG wurde eine neue Steuersatzermäßigung (7 %) eingeführt für die „nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.07.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.“

Nach Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Nr. 12a MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (im Sprachgebrauch des UStG: Sonstige Leistungen) einen ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden. Die Abgabe von alkoholischen und/oder alkoholfreien Getränken kann von dieser Ermäßigung ausgenommen werden. Mit dem neuen § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG wurde diese unionsrechtliche Option – befristet für ein Jahr, vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2021 - in nationales Recht umgesetzt.

Die Steuersatzermäßigung kann in der Praxis neue Angrenzungsfragen hervorrufen, wie z. B. die Frage der Gesamtkaufpreisaufteilung von Menüpreisen in der Gastronomie oder z. B. von Pauschalpreisen in der Hotel- und Veranstaltungsbranche. Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises aufgrund der unterschiedlichen Umsatzsteuersätze von Speisen und Getränken könnte sich im Einzelfall schwierig gestalten. Andererseits enthält Abschn. 10.1 Abs. 11 UStAE zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises sowie Abschn. 12.16 Abs. 11 und 12 UStAE zu Umsätzen im Zusammenhang mit Beherbergungsleistungen bereits Grundsätze zur Aufteilung von Gesamtentgelten, bei denen verschiedene Leistungsbestandteile unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen. Andererseits könnten sich insbes. bei den Frühstücksangeboten in Hotels neue Aufteilungsprobleme ergeben. I. d. R. wird dort das Frühstück in Büffetform zu einem festen Preis angeboten. Für diesen Preis kann der Hotelgast frei aus einem Angebot verschiedener Speisen und Getränke wählen. Eine Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen könnte hier in der Praxis schwierig sein, sodass eine pauschalierte Aufteilungsmethode in Frage kommen könnte. Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE enthält bisher eine Vereinfachungsregelung für die Aufteilung eines einheitlichen Übernachtungsentgelts in Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterliegen und in Leistungen, die ermäßigt besteuert werden können. In den 20 % des Pauschalpreises, die auf Leistungen entfallen, die dem Regelsteuersatz unterliegen, ist auch die Abgabe des Frühstücks enthalten. Diese Pauschalregelung dürften überwiegend kleine Pensionen und Hotels in Anspruch nehmen, bei denen das Frühstück den Großteil der 20 %-Pauschale ausmacht und nicht gesondert in der Rechnung ausgewiesen wird.

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 02.07.2020 hat die Verwaltung den hinter der v. g. Pauschalregelung stehenden Vereinfachungsgedanken aufgegriffen.

In Abschn. 10.1 UStAE wurde ein neuer Abs. 12 angefügt. Danach wird es von der Verwaltung für die befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurations-und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken nicht beanstandet, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sog. Kombiangeboten aus Speisen inkl. Getränken (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird. Diese pauschale Aufteilung erscheint insbes. für Hotels sinnvoll, die dort das Frühstück in Büffetform zu einem festen Preis anbieten, um die Notwendigkeit einer repräsentativen Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs im Einzelfall zu vermeiden.

Abschn.12.16 Abs. 12 Satz 2 UStAE wurde wie folgt gefasst: „Es wird ebenfalls nicht beanstandet, wenn der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil mit 15 % des Pauschalpreises angesetzt wird. Das bedeutet, bei kurzfristigen Beherbergungsleistungen (z. B. in Hotels) nach wie vor der Grundsatz gilt, dass es aus Vereinfachungsgründen - auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers - nicht beanstandet wird, wenn folgende in einem Pauschalangebot enthaltene nicht begünstigte Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z. B. „Business-Package“, „Servicepauschale“) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag ausgewiesen werden: Abgabe eines Frühstücks; Nutzung von Kommunikationsnetzen; Reinigung und Bügeln von Kleidung, Schuhputzservice; Transport zwischen Bahnhof/Flughafen und Unterkunft; Transport von Gepäck außerhalb des Beherbergungsbetriebs; Nutzung von Saunaeinrichtungen; Überlassung von Fitnessgeräten; Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen.

Der bisherige Satz von 20 % mit dem der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil des Pauschalpreises angesetzt werden kann, wurde auf 15 % abgesenkt. D. h. dieser neue Pauschalsatz des Abschn. 12.16 Abs. 12 Satz 2 UStAE für den regelbesteuerten Leistungsanteil berücksichtigt, dass die ermäßigt besteuerten Leistungsanteile aufgrund der Ausdehnung des ermäßigten Steuersatzes auf Restaurationsumsätze größer geworden sind und der Pauschalsatz entsprechend herabgesetzt werden musste. Es kann somit weiterhin eine pauschale Aufteilung erfolgen, bei der das Frühstück in der Zeit vom 01.07.2020  bis zum 30.06.2021 dem ermäßigt zu besteuernden Anteil zugerechnet wird und die evtl. enthaltenen Getränke unter die pauschal abgerechneten Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterliegen, fallen.

Praxishinweis

Die Regelungen des BMF-Schreibens sind in allen Fällen ab dem 01.07.2020 bis zum 30.06.2021 anzuwenden.

Von der Steuersatzermäßigung profitieren nicht nur Gaststätten im klassischen Sinne, sondern andere Bereiche, wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum Normalsteuersatz erbracht haben.

Auf sog. Dinnershows dürfte der ermäßigte Steuersatz für Restaurations- und Verpflegungsumsätze nicht anwendbar sein. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH v. 13.06.2018, XI R 2/16, BStBl II 2018, 678) handelt es sich bei einer sog. Dinner-Show um eine einheitliche, komplexe Leistung, in der sich beide Leistungsbestandteile (künstlerische und gastronomische Leistung) gleichwertig gegenüberstehen. Im Hinblick darauf dürfte § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG grds. nicht anwendbar sein, da es sich gerade nicht um Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistungen i. S. dieser Norm handelt. Wenngleich auf die einzelnen Bestandteile einer Gesamtleistung in Einzelbetrachtung der ermäßigte Steuersatz anwendbar wäre, so kann, wenn die komplexe Leistung in ihrem Wesen selbst nicht die Voraussetzungen einer Ermäßigungsnorm erfüllt, grds. nur der allgemeine Steuersatz zum Tragen kommen. Eine Dinner-Show dürfte sich aber aufgrund der Gleichwertigkeit der beinhalteten Elemente (Show und Menü) und des im Vordergrund stehenden Gesamterlebnisses insgesamt weder unter den Tatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG noch unter den des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG subsumieren lassen.

 

 

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