EU-Kommission zur Reform des EU-Mehrwertsteuersystems

Anmerkung zu: Richtlinien- und Verordnungsvorschlagspaket der EU-Kommission auf dem Weg zu einem endgültigen EU-MwSt-System

Die EU-Kommission hat am 04.10.2017 ein Paket von Richtlinien- und Verordnungsvorschlägen für die nach ihren Worten „größte Reform der EU-Mehrwertsteuervorschriften seit einem Vierteljahrhundert“ (so heißt es in der Pressemitteilung der EU-Kommission v. 04.10.2017 zu dem Vorschlagspaket) vorgelegt. In ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss „Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer - Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln“ (COM(2017) 566 final) erläutert die Kommission den Hintergrund ihrer Vorschläge. In den letzten Jahren habe das Mehrwertsteuersystem nicht mit der Globalisierung und der Digitalisierung der Wirtschaft Schritt halten können. So beruhe das derzeitige System zur Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor auf einer 25 Jahre alten Übergangsregelung, gemäß der inländische und grenzüberschreitende Umsätze zwei völlig unterschiedlichen Mehrwertsteuerregelungen unterlägen. Dadurch seien die Kosten der Befolgung der Mehrwertsteuervorschriften für Unternehmen, die grenzüberschreitenden Handel treiben, 11 % höher als für Unternehmen, die ausschließlich im Inland Handel treiben. Da Gegenstände grenzüberschreitend mehrwertsteuerfrei erworben werden könnten, sei die Übergangsregelung zudem besonders betrugsanfällig. Im Jahr 2015 seien aufgrund von Betrug und anderen Schwächen des Systems 151 Mrd. EUR bzw. 12,8 % der fälligen MWSt verloren gegangen. So seien den Steuerbehörden schätzungsweise 50 Mrd. EUR aufgrund von grenzüberschreitendem Mehrwertsteuerbetrug entgangen, der zum großen Teil von kriminellen Vereinigungen begangen werde und jüngsten Presseberichten zufolge unter anderem der Terrorismusfinanzierung diente. Das bestehende EU-Mehrwertsteuersystem sei zersplittert und zu anfällig für Betrug. Im Rahmen ihrer Agenda für eine faire und wirksame Besteuerung in der EU wolle die Kommission das Mehrwertsteuersystem von Grund auf ändern, um dafür zu sorgen, dass es auch in Zukunft ein Vorteil des Binnenmarktes bleibt. Schätzungen zufolge würden durch die Einführung eines einheitlichen Mehrwertsteuersystems im Binnenmarkt der grenzüberschreitende Mehrwertsteuerbetrug um 41 Mrd. EUR und die Befolgungskosten für Unternehmen um 1 Mrd. EUR sinken. Die jetzt vorgelegten Vorschläge sollen einen zweiten Schritt zur Modernisierung des bestehenden Mehrwertsteuersystems darstellen, die mit den Vorschlägen der EU-Kommission vom 01.12.2016

a)  Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (COM(2016) 757 final)

b)  Vorschlag für eine Durchführungsverordnung des Rates zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (COM(2016) 756)

und vom 21.12 2016

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen über einem bestimmten Schwellenwert (COM(2016) 811 vom 21.12.2016).

in Angriff genommen wurde.

Das nunmehr vorgelegte Vorschlagspaket beinhaltet die nachstehend erläuterten Bereiche:

Vorschlag für eine Änderung der MwStSystRL


Der Vorschlag, der in den Mitgliedstaaten zum 01.01.2019 umgesetzt sein soll, beinhaltet insgesamt vier wesentliche Neuerungen:

  • die Einführung eines sog. „zertifizierten Steuerpflichtigen“, der sich an dem Konzept des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten – Authorized Economic Operator im Zollbereich orientiert,
  • die Einführung einer Konsignationslagerregelung, die die bisherigen (nicht vom Unionsrecht abgedeckten) Regelungen einzelner Mitgliedstaaten auf eine EU-einheitliche Basis stellen soll,
  • die (erstmalige) Definition des Reihengeschäfts in der MwStSystRL und
  • eine Aufwertung der USt-IdNr. insofern, als diese bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen materiell-rechtliche Anfoderung werden soll

Die Kommission hat damit das Anliegen der Mitgliedstaaten in Bezug auf Konsignationslager, Reihengeschäfte und die Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen aufgegriffen, wie es der Rat in den Ratsschlussfolgerungen vom 08.11.2016 verabschiedet hat (sog. Quick Fixes). Hinsichtlich der vorgeschlagenen Schaffung des Rechtsinstituts des „zertifizierten Steuerpflichtigen“ dürfte bei den weiteren Richtlinienberatungen eine Rolle spielen, ob die Grundsätze von Kosteneffizienz, Verhältnismäßigkeit, Einstimmigkeit, Einhaltung der Datenschutzvorschriften, Gewährleistung eines möglichst hohen Datenschutzniveaus, Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes und der jeweiligen Kompetenzen von EU und Mitgliedstaaten beachtet wurden. Dies auch deshalb, als dass es des „zertifizierten Steuerpflichtigen“ für die Umsetzung der Quick Fixes eigentlich nicht bedarf.

Konzept des zertifizierten Steuerpflichtigen

Das Konzept des zertifizierten Steuerpflichtigen sieht vor, dass die Finanzbehörde bescheinigen kann, dass ein bestimmtes Unternehmen insgesamt als zuverlässiger Steuerzahler gilt. Zertifizierten Steuerpflichtigen würden bestimmte Vereinfachungen (zunächst bei der Konsignationslagerregelung, bei Nachweisen der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen im Zusammenhang mit der USt-IdNr. als materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung sowie bei Reihgengeschäften) zugutekommen. Der Vorschlag legt die Kriterien fest, die zur Erlangung des Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen zu erfüllen sind, die Ausschlussfälle, den für die Gewährung und die Entziehung des Status zuständigen Mitgliedstaat, das Recht Steuerpflichtiger, gegen Verwaltungsentscheidungen in dieser Frage Rechtsmittel einzulegen, sowie die Pflicht der gegenseitigen Anerkennung durch die Mitgliedstaaten.

Gemäß einem neuen Art. 13a MwStSystRL soll ein Steuerpflichtiger (Unternehmer), der in der Gemeinschaft den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung  oder in Ermangelung eines Sitzes oder einer Niederlassung seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; und im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit einen der in den Art. 17a (neue Konsignationslagerregelung), 20 (innergemeinschaftlicher Erwerb) und 21 MwStSystRL (innergemeinschaftliches Verbringen) genannten Umsätze oder Umsätze gemäß den Bestimmungen des Art. 138 MwStSystRL (innergemeinschaftliche Lieferung) bewirkt oder zu bewirken beabsichtigt, bei den Steuerbehörden den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen beantragen können (Art. 13a Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL). Die Steuerbehörden gewähren einem Antragsteller diesen Status, wenn die in Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL dargelegten Kriterien erfüllt sind, es sei denn, der Antragsteller ist gem. Art. 17a Abs. 3 MwStSystRl von der Zertifizierung ausgeschlossen (Art. 13a Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL). Ist der Antragsteller ein Steuerpflichtiger, dem der Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten für Zollzwecke gewährt wurde, gelten die Kriterien des Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL als erfüllt (Art. 13a Abs. 1 Unterabs. 3 MwStSystRL).

Um den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen zu erhalten, müssen alle nachstehenden Kriterien erfüllt sein (Art. 13a Abs. 2 MwStSystRL):

a)  Der Antragsteller darf keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen die steuer- oder zollrechtlichen Vorschriften sowie keine schweren Straftaten im Rahmen seiner Wirtschaftstätigkeit begangen haben;

b)  der Antragsteller weist ein hohes Maß an Kontrolle seiner Tätigkeiten und der Warenbewegungen nach, entweder mittels eines Systems zur Führung der Geschäfts- und gegebenenfalls Beförderungsunterlagen, das geeignete Steuerkontrollen ermöglicht, oder mittels eines zuverlässigen oder bescheinigten internen Prüfpfads;

c)  der Antragsteller weist seine Zahlungsfähigkeit nach; dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn der Steuerpflichtige sich in einer zufriedenstellenden finanziellen Lage befindet, die es ihm erlaubt, seinen Verpflichtungen in Zusammenhang mit der betreffenden Tätigkeit nachzukommen, oder durch Vorlage von Garantien durch Versicherungen, andere Finanzinstitutionen oder sonstige in wirtschaftlicher Hinsicht zuverlässige Dritte.

Folgende Steuerpflichtige können den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen nicht erhalten (Art. 13a Abs. 3 MwStSystRL):

a)  Steuerpflichtige, die die gemeinsame Pauschalregelung für Landwirte in Anspruch nehmen;

b)  Steuerpflichtige, die die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen nach den Art. 282 bis 292 MwStSystRL in Anspruch nehmen;

c)  Steuerpflichtige, die nur Lieferungen von Gegenständen bewirken oder Dienstleistungen erbringen, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht;

d)  Steuerpflichtige, die gelegentlich ein neues Fahrzeug im Sinne des Art. 9 Abs. 2 MwStSystRL liefern oder gelegentlich eine Tätigkeit i. S. v. Art. 12 MwStSystRL ausüben.

Den unter den Buchstaben a) bis d) genannten Steuerpflichtigen kann jedoch für andere wirtschaftliche Tätigkeiten, die sie ausüben, der Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen gewährt werden.

Ein Steuerpflichtiger, der den Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen beantragt, legt den Steuerbehörden alle verlangten Informationen vor, die sie für ihre Entscheidung benötigen. Zum Zweck der Gewährung dieses Steuerstatus bezeichnet der Ausdruck „Steuerbehörden“ (Art. 13a Abs. 4 MwStSystRL):

a)  die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat;

b)  die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller eine feste Niederlassung hat und in dem die Hauptbuchhaltung für Steuerzwecke innerhalb der Gemeinschaft geführt wird oder zugänglich ist, falls der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Antragstellers außerhalb der Gemeinschaft liegt, er jedoch eine oder mehrere feste Niederlassungen in der Gemeinschaft hat;

c)  die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, falls er weder einen Geschäftssitz noch eine feste Niederlassung hat.

Wenn der Antrag abgelehnt wird, teilen die Steuerbehörden dem Antragsteller zusammen mit der Entscheidung die Gründe für die Ablehnung mit. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Antragsteller gegen die Ablehnung eines Antrags Rechtsmittel einlegen kann (Art. 13a Abs. 5 MwStSystRL). Der Steuerpflichtige, dem der Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen zuerkannt wurde, unterrichtet die Steuerbehörden unverzüglich über alle nach dem Erlass der Entscheidung eintretenden Ereignisse, die Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung dieses Status haben könnten. Die Steuerbehörden widerrufen den Steuerstatus, wenn die Kriterien des Art. 13a Abs. 2 MwStSystRL nicht mehr erfüllt sind (Art. 13a Abs. 6 MwStSystRL). Der Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen eines Mitgliedstaats wird von den Steuerbehörden aller Mitgliedstaaten anerkannt (Art. 13a Abs. 7 MwStSystRL).

Konsignationslager

Der Richtlinienvorschlag sieht ferner eine Vereinfachung und Harmonisierung von Vorschriften für Konsignationslager vor. Von Konsignationslager („Call-off stock“) wird gesprochen, wenn ein Lieferer Gegenstände in einen Mitgliedstaat verbringt, in dem er nicht ansässig ist, um sie zu einem späteren Zeitpunkt an einen bereits bekannten Erwerber zu verkaufen. Dies führt unionsrechtlich derzeit dazu, dass ein innergemeinschaftliches Verbringen des Lieferers im Abgangsmitgliedstaat, ein innergemeinschaftlicher Erwerb des Lieferers im Bestimmungsmitgliedstaat (der zur Pflicht zur Registrierung des Lieferers dort führt) und anschließend eine steuerbare Lieferung in diesem Staat an den Abnehmer angenommen wird. In einem neuen Art. 17a MwStSystRL soll die Konsignationslagerregelung wie folgt verankert werden:

Die Verbringung von Gegenständen seines Unternehmens durch einen zertifizierten Steuerpflichtigen in einen anderen Mitgliedstaat im Rahmen einer Konsignationslagerregelung ist nicht wie eine Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt zu behandeln (Art. 17a Abs. 1 MwStSystRL). Für den Zweck von Art. 17a MwStSystRL wird davon ausgegangen, dass eine Konsignationslagerregelung existiert, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL):

a)  Gegenstände werden von einem zertifizierten Steuerpflichtigen oder einem Dritten auf Rechnung dieses zertifizierten Steuerpflichtigen in einen anderen Mitgliedstaat im Hinblick darauf versandt oder befördert, zu einem späteren Zeitpunkt und nach der Ankunft an einen anderen zertifizierten Steuerpflichtigen geliefert zu werden;

b)  der zertifizierte Steuerpflichtige, der die Gegenstände versendet oder befördert, ist nicht in dem Mitgliedstaat ansässig, in den die Gegenstände versandt oder befördert werden;

c)  der zertifizierte Steuerpflichtige, an den die Gegenstände geliefert werden, hat eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer in dem Mitgliedstaat, in den die Gegenstände versandt oder befördert werden, und sowohl seine Identität als auch die ihm von diesem Mitgliedstaat zugewiesene Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer sind dem unter Buchstabe b) genannten zertifizierten Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung bekannt;

d)  der zertifizierte Steuerpflichtige, der die Gegenstände versendet oder befördert, hat die Versendung oder Beförderung in das in Art. 243 Abs. 3 MwStSystRL vorgesehene Register eingetragen und die Identität des zertifizierten Steuerpflichtigen, der die Gegenstände erwirbt, sowie die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, die ihm von dem Mitgliedstaat, in den die Gegenstände versandt oder befördert werden, zugewiesen wurde, gem. Art. 262 MwStSystRL in die Zusammenfassende Meldung aufgenommen.

Wenn die Voraussetzungen von Art. 17a Abs. 2 MwStSystRL zum Zeitpunkt der Übertragung des Rechts, über die Gegenstände zu verfügen, an den zertifizierten Steuerpflichtigen gem. Art. 17a Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL erfüllt sind, gelten folgende Bestimmungen (Art. 17a Abs. 3 MwStSystRL):

a)  eine mehrwertsteuerbefreite Lieferung von Gegenständen gemäß Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL gilt als von dem zertifizierten Steuerpflichtigen vorgenommen, der die Gegenstände entweder selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten in dem Mitgliedstaat versandt oder befördert hat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert wurden;

b)  ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen gilt als von dem zertifizierten Steuerpflichtigen vorgenommen, an den diese Gegenstände in dem Mitgliedstaat geliefert werden, in den die Gegenstände versandt oder befördert wurden.

In diesem Zusammenhang ist beachtenswert, dass die Konsignationslagerregelung nur für Lieferer gelten soll, die als zertifizierte Steuerpflichtige anerkannt sind, nicht aber für andere Unternehmer.

In Ergänzung zu der Konsignationslagerregelung soll in Art. 243 MwStSystRL ein neuer Abs. 3 angefügt werden, der die Führung eines Registers bzgl. der in ein Konsignationslager verbrachten Waren vorschreibt.

Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (= USt-IdNr.) des Erwerbers als materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung

Weiterhin soll nach dem Richtlinienvorschlag bei innergemeinschaftlichen Lieferungen die Anerkennung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers als materielle Voraussetzung für die Steuerbefreiung dieser Lieferungen eingeführt werden. Die Vorlage einer gültigen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers wäre eine materielle Voraussetzung dafür werden, dass der Lieferer die Steuerbefreiung anwenden kann. Durch die Verbesserung der Zusammenfassenden Meldungen, die ausgetauscht werden, soll diese Änderung eine bessere Überwachung des Warenstroms ermöglichen (in den vom Lieferer abzugebenden Zusammenfassenden Meldungen, die zwischen den Mitgliedstaaten über das MIAS ausgetauscht werden, ist auch die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers anzugeben). Zu diesem Zweck soll Abs. 1 des Art. 138 MwStSystRL nunmehr wie folgt gefasst werden:

(1)  Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferung von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für deren Rechnung an einen Ort außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, von der Steuer, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)  die Gegenstände werden an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person geliefert, die als solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat handeln, in dem die Versendung oder Beförderung beginnt;

b)  der Steuerpflichtige oder die nichtsteuerpflichtige juristische Person, für den/die die Lieferung erfolgt, ist für Mehrwertsteuerzwecke in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat registriert, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände beginnt;

c)  in der gem. Art. 262 vom Lieferer vorgelegten zusammenfassenden Meldung wird der Erwerber der Gegenstände aufgeführt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass anders als es in der Mitteilung der EU-Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss „Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer - Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln“ (COM(2017) 566 final), wo es heißt „Anerkennung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers als materielle Voraussetzung für die Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen“ der neugefasste Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL nur davon spricht, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke „registriert“ sein muss. Dies könnte bedeuten, dass auch künftig eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein kann, wenn im Zeitpunkt des Umsatzes der Erwerber noch nicht über eine USt-IdNr. verfügt, aber im Bestimmungsmitgliedstaat bereits für MwSt-Zwecke erfasst ist.

Im Zusammenhang mit der Einführung der Registrierung des Erwerbers einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat bzw. der materiell-rechtlichen Bedeutung der USt-IdNr. des Erwerbers und der Konsignationslagerregelung soll durch eine Neufassung von Art. 262 MwStSystRL eine weitere materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung eingeführt werden. Wie bereits bisher; muss der Lieferer den Status des Erwerbers über das MIAS-System überprüfen, bevor er die Steuerbefreiung anwendet. Aus dieser Perspektive gibt es für den Lieferer in der Praxis keinen Unterschied, jedoch können die Folgen unterschiedlich sein, da auf dieser Grundlage die Steuerbefreiung abgelehnt werden kann, wenn der Erwerber nicht identifiziert werden kann. Die korrekte Erfassung des MIAS-Eintrags wird somit auch zu einer materiellen Voraussetzung, was dazu führen kann, dass eine Steuerbefreiung abgelehnt werden kann, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist.

Reihengeschäftsregelung

Schließlich soll nach dem Richtlinienvorschlag die MwStSystRL erstmals eine Reihengeschäftsregelung (für andere Reihengeschäfte als innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nach Art. 141 MwStSystRL) erhalten, die allerdings auf innergemeinschaftliche Reihengeschäfte beschränkt ist; Reihengeschäfte bei Ausfuhrlieferungen und Einfuhren werden daher leider nicht erfasst. Zu diesem Zweck soll ein neuer Art. 138a MwStSystRL geschaffen werden, der folgende Regelungen enthält:

Zum Zweck der Anwendung der Steuerbefreiung des Art. 138 im Zusammenhang mit Reihenge-schäften wird die innergemeinschaftliche Beförderung der Lieferung durch den ersten Lieferer an den Zwischenhändler zugeschrieben, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind (Art. 138a Abs. 1 MwStSystRL):

a)  der Zwischenhändler teilt dem Verkäufer den Namen des Eingangsmitgliedstaat der Gegenstände mit;

b)  der Zwischenhändler ist für Mehrwertsteuerzwecke in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat registriert, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände beginnt.

Wenn eine der in Art. 138a Abs. 1 MwStSystRL festgelegten Bedingungen nicht erfüllt ist, wird bei Rei-hengeschäften die innergemeinschaftliche Beförderung der Lieferung durch den Zwischenhändler an den Erwerber zugeschrieben sind (Art. 138a Abs. 2 MwStSystRL).

Für die Zwecke von Art. 138a MwStSystRL gelten folgende Begriffsbestimmungen (Art. 138a Abs. 3 MwStSystRL):

a)  „Reihengeschäft“: ein Sachverhalt, bei dem aufeinanderfolgende Lieferungen derselben Gegenstände durch Steuerpflichtige zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Beförderung dieser Gegenstände führen und bei dem sowohl der Zwischenhändler als auch der Verkäufer zertifizierte Steuerpflichtige sind;

b)  „Zwischenhändler“: Lieferer innerhalb der Lieferkette (mit Ausnahme des ersten Lieferers), der die Gegenstände selbst oder durch einen Dritten auf seine Rechnung versendet oder befördert;

c)  „Verkäufer“: Steuerpflichtiger innerhalb der Lieferkette, der die Gegenstände an den Zwischenhändler liefert;

d)  „Erwerber“: Steuerpflichtiger innerhalb der Lieferkette, an den der Zwischenhändler die Gegenstände liefert.“

Im Grundsatz soll also immer die erste Lieferung in der Kette die warenbewegte steuerfreie innerge-meinschaftliche Lieferung sein, wenn der Abnehmer dieser Lieferung dem Lieferer den Bestimmungs-mitgliedstaat der Lieferung mitteilt und in einem anderen Mitgliedstaat als dem Abgangsmitgliedstaat registriert ist. Ist dies nicht der Fall, soll die Warenbewegung der Lieferung des Zwischenhändlers zugerechnet werden. Unklar bleibt bei dieser Regelung, ob dies immer die Lieferung des ersten Abnehmers sein soll, wenn noch weitere Zwischenhändler in der Kette existieren.

Vorschlag für eine Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011

Mit diesem Vorschlag werden Ausführungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Nachweisführung für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen auf der Basis der in der MwStSystRL vorgesehenen Neuregelungen vorgeschlagen. Die MwStVO soll einen neuen Art. 45a mit Ausführungsbestimmungen zu den Art. 138 bis 142 MwStSystRL erhalten. Danach gilt:

Für die Zwecke der Anwendung der Befreiungen gem. Art. 138 MwStSystRL wird vermutet, dass Gegenstände an einen Bestimmungsort außerhalb ihres Gebiets, jedoch innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert wurden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist (Art. 45a Abs. 1 MwStVO):

a)  Der Verkäufer ist ein zertifizierter Steuerpflichtiger im Sinne von Artikel 13a der Richtlinie 2006/112/EG, er gibt an, dass die Gegenstände von ihm oder für seine Rechnung von einem Dritten befördert oder versandt wurden, und er ist im Besitz von mindestens zwei der in Absatz 3 aufgeführten, einander nicht widersprechenden Nachweisen, die die Beförderung oder den Versand bestätigen;

b)  der Erwerber der Gegenstände ist ein zertifizierter Steuerpflichtiger im Sinne von Art. 13a der Richtlinie 2006/112/EG, und der Verkäufer ist im Besitz folgender Nachweise:

i.  einer schriftlichen Erklärung des Erwerbers der Gegenstände, dass die Gegenstände von ihm oder für seine Rechnung von einem Dritten befördert oder versandt wurden, wobei der Bestimmungsmitgliedstaat der Gegenstände anzugeben ist;

ii.  zwei der in Abs. 3 aufgeführten, einander nicht widersprechenden Nachweise, die die Beförderung oder den Versand bestätigen.

Der Erwerber der Gegenstände legt dem Verkäufer die schriftliche Erklärung gem. Buchst. b Ziff. i spä-testens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vor.

Eine Steuerbehörde kann die gem. Art. 45a Abs. 1 MwStVO aufgestellte Vermutung widerlegen, wenn es Hinweise auf falsche Anwendung oder Missbrauch durch den Verkäufer oder den Erwerber der Gegenstände gibt (Art. 45a Abs. 2 MwStVO).

Für die Zwecke von Art. 45a Abs. 1 MwStVO werden folgende Nachweise der Beförderung oder des Versands akzeptiert (Art. 45a Abs. 3 MwStVO):

a)  ein vom Erwerber der Gegenstände oder von einer von ihm bevollmächtigten Person unterzeichnetes Schriftstück, mit dem der Empfang der Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat bestätigt wird;

b)  Unterlagen zur Beförderung oder zum Versand der Gegenstände wie beispielsweise ein unterzeichneter CMR-Frachtbrief, ein Konnossement, eine Luftfracht-Rechnung, eine Rechnung des Beförderers der Gegenstände, eine Versicherungspolice für die Beförderung oder den Versand der Gegenstände oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder des Versands der Gegenstände belegen;

c)  von einer öffentlichen Stelle wie z. B. einem Notar ausgestellte offizielle Unterlagen, die die Ankunft der Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat bestätigen;

d)  eine im Bestimmungsmitgliedstaat ausgestellte Quittung, die die Lagerung der Gegenstände in dem Mitgliedstaat bestätigt;

e)  eine Bescheinigung, die von einer berufsständischen Vertretung wie z. B. einer Industrie- oder Handelskammer im Bestimmungsmitgliedstaat ausgestellt wurde und den Bestimmungsort der Gegenstände bestätigt;

f)  ein Vertrag zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber der Gegenstände oder ein Bestellschein, in dem der Bestimmungsort der Gegenstände angegeben ist;

g)  ein Schriftwechsel zwischen den an der Transaktion beteiligten Parteien, in dem der Bestimmungsort der Gegenstände angegeben ist;

h)  die Mehrwertsteuererklärung des Erwerbers der Gegenstände, in der der innergemeinschaftliche Erwerb der Gegenstände deklariert wird.

So wäre z. B. mit Art. 45a Abs. 3 Buchst. a MwStVO die in Deutschland geltende Gelangensbestätigung als Nachweisbeleg einer innergemeinschaftlichen Lieferung als eine mögliche Nachweisform ausdrück-lich legalisiert.

Vorschlag für eine Änderung der Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

Die Änderungsvorschläge dienen im Wesentlichen dazu, den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen in das MIAS-System einzubinden. Es soll die Rechtsgrundlage für ein effizientes IT-Tool geschaffen werden, mit dem Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbeteiligte auf elektronischem Wege unmittelbar prüfen können, ob ein Wirtschaftsbeteiligter diesen Status genießt. Dazu wird Art. 17 der Zusammenarbeits-Verordnung dahin gehend geändert, dass auch Informationen über den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen gespeichert werden. Artikel 31 der Verordnung wird geändert, um zu gewährleisten, dass die Bestätigung, dass eine Person den Status des zertifizierten Steuerpflichtigen genießt, auf elektronischem Weg eingeholt werden kann.

Der Vorschlag bildet zusammen mit

  • dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und
  • dem Vorschlag für eine Durchführungsverordnung des Rates zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

den ersten Legislativschritt auf dem Weg zur Einführung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems für den innergemeinschaftlichen Warenhandel im B2B-Bereich.

Die Vorschläge zur Änderung der Verordnung enthalten folgende flankierende Maßnahmen:

  • Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur elektronischen Speicherung von Informationen zum Status eines zertifizierten Steuerpflichtigen gemäß Art. 13a (neu) der Richtlinie 2006/112/EG sowie des Zeitpunktes, an dem dieser Status gewährt, abgelehnt oder entzogen wurde,
  • Möglichkeit, im Komitologieverfahren nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung damit verbundene technische Details der automatisierten Informationsbereitstellung festzulegen,
  • Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer elektronischen Verifizierbarkeit, ob eine bestimmte Person zertifizierter Steuerpflichtiger ist.

Weitere von der EU-Kommission in Aussicht genommene Vorschläge bis 2018

In ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss „Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer - Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln“ (COM(2017) 566 final) hat  die EU-Kommission weitere Änderungsvorschläge auf dem Weg zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem angekündigt, die sie bis 2018 vorlegen will . Ersatz der derzeit geltende Mehrwertsteuer-Übergangsregelung durch ein endgültiges Mehrwertsteuersystem, das auf dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsland beruht. Allerdings könnte die als endgültige Regelung angestrebte generelle Besteuerung der innergemeinschaftlichen Lieferungen (ohne Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens) ein zusätzliches Betrugspotential durch den Ausweis von Umsatzsteuer eröffnen und daher die bestehende Situation (Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung im Ursprungsmitgliedstaat und Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs einschließlich Vorsteuerabzug in der Person des Erwerbers im Bestimmungsland) mit Blick auf den Umsatzsteuerbetrug verschlechtern. Für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Warenhandels anstatt des bestehenden Systems wäre auch  die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahren eine Variante, was letztlich im Ergebnis zu dem demselben Effekt wie das derzeitige System - Zusammenfallen von Vorsteueranspruch und Steuerschuld in einer Person - führen würde. Dadurch könnte Betrugspotential vermieden werden. Auch wäre dann ein One-Stop-Shop überflüssig.

Die Kommission will 2018 einen Vorschlag für eine Richtlinie und dazugehörige Durchführungsvorschriften mit ausführlichen technischen Bestimmungen vorlegen, die für die Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems benötigt werden. Dieser Vorschlag soll die spezifischen Bestimmungen zur Umsetzung der rechtlichen Grundlagen enthalten. Außerdem will sie Durchführungsmaßnahmen vorgeschlagen, die die Voraussetzung für die IT-Entwicklungen bilden, welche für die Inbetriebnahme des neuen Systems bis 2022 notwendig sein werden.

Außerdem will die EU-Kommission bis November 2017 einen Legislativvorschlag zur Stärkung der vor-handenen Instrumente der Verwaltungszusammenarbeit vorlegen. Eines der Ziele soll sein, die Kapazität der Mitgliedstaaten zu stärken, innerhalb von Eurofisc schneller gemeinsame Risikoanalysen vorhandener Informationen durchzuführen, Follow-up-Maßnahmen zu ergreifen und EUStrafverfolgungsbehörden wie Europol, OLAF und EPPO mehrwertsteuerliche Erkenntnisse mitzuteilen. Der Vorschlag soll außerdem Maßnahmen zur Beseitigung von Schlupflöchern im Einfuhrsystem im Rahmen des sog. „Zollverfahrens 42“enthalten, indem Steuer- und Zollbehörden systematisch Zugang zu den einschlägigen Informationen gewährt wird. All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, das gegenseitige Vertrauen zwischen den Steuerbehörden zu stärken, das für die umfassende Umsetzung des endgültigen Mehrwertsteuersystems notwendig ist.

Bis Ende 2017 will die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat ein gesondertes Paket von zwei Berichten vorlegen:

  • einen Bericht gem. Art. 12 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 über die in den Mitgliedstaaten zur Erfassung der Steuerpflichtigen und die Ermittlung und Einziehung der Mehrwertsteuer angewandten Verfahren sowie über die Einzelheiten und Ergebnisse ihrer Kontrollsysteme auf dem Gebiet dieser Steuer33;
  • einen Bericht gem. Art. 27 der Richtlinie 2010/24/EU über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern – insbesondere die Mehrwertsteuer –, die von den Steuerpflichtigen nicht freiwillig entrichtet werden.

Wie bereits im Mehrwertsteuer-Aktionsplan angekündigt, plant die EU-Kommission außerdem eine Modernisierung der derzeit geltenden Vorschriften über die Freiheiten der Mitgliedstaaten bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze. Zusätzlich zu dem im Dezember 2016 vorgelegten zum Steuersatz für elektronische Veröffentlichungen will die EU-Kommission bis November 2017 eine Reform der Mehrwertsteuersätze vorschlagen. Dies stehe im Einklang mit der endgültigen Regelung auf der Grundlage des Bestimmungslandprinzips, die die derzeit geltende Übergangsregelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten nach und nach ersetzen soll. Wenn Gegenstände und Dienstleistungen nunmehr im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert werden sollen, habe es für die Lieferer keinen signifikanten Vorteil, sich in einem Mitgliedstaat mit niedrigeren Steuersätzen niederzulassen. Unterschiede bei den Mehrwertsteuersätzen würden daher die Funktionsweise des Binnenmarktes nicht länger beeinträchtigen, sofern sie mit Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung von potenziellen Risiken wie Einnahmeverlusten, Wettbewerbsverzerrung, Komplexität und mangelnder Rechtssicherheit einhergehen.

Für KMU fallen nach Auffassung der EU-Kommission aufgrund der Komplexität und Fragmentierung des Mehrwertsteuersystems in der EU proportional höhere Befolgungskosten an als für größere Unternehmen. Um diese Kosten zu senken, will die Kommission bis November 2017 ein umfassendes Vereinfachungspaket für KMU vorlegen, das ein wachstumsfreundliches und für den grenzüberschreitenden Handel förderliches Umfeld schaffen soll. Die derzeit für kleine Unternehmen geltende Regelung (Art. 281 ff. MwStSystRL) soll die Befolgungskosten für KMU senken, ist nach Auffassung der EU-Kommission aber nicht für ein auf dem Bestimmungsland beruhendes System geeignet. Es soll angepasst werden, um die Gleichbehandlung der KMU unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung in der EU zu gewährleisten und um sie zu grenzüberschreitenden Aktivitäten und zur Nutzung der Möglichkeiten des Binnenmarktes zu ermutigen.

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