FG Köln zu Windkraftanlagen als umsatzsteuerliche Betriebsstätten

Anmerkung zu: FG Köln, Urt. v. 14.03.2017, 2 K 920/14

Praxisproblem

Zur Definition des Begriffs der Betriebsstätte hat der EuGH mit Urteil v. 28.06.2007, C-73/06, Planzer Luxembourg, ausgeführt, dass eine Betriebsstätte bzw. Niederlassung i. S .v. Art. 44 ff. MwStSystRL einen durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildeten Mindestbestand erfordert. Erforderlich ist ein hinreichender Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistung ermöglicht. Diese Definition zur festen Niederlassung wurde in Art. 11 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 aufgenommen.

Sachverhalt

In dem Verfahren vor dem FG Köln in der Sache 2 K 920/14 über den Anspruch einer Personengesellschaft dänischen Rechts auf Vorsteuervergütung ging es um die Frage, ob ein Windpark eine Betriebsstätte bzw. feste Niederlassung sein kann. Die dänische Gesellschaft betreibt in Deutschland eine Windkraftanlage und veräußert den hierbei erzeugten Strom. Das BZSt hatte einen Vorsteuervergütungsantrag betreffend an die Klägerin erbrachten Wartungsarbeiten an einer Windkraftanlage mit der Begründung abgelehnt, dass in den betroffenen Rechnungen die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen worden sei, da die betreffenden Leistungen in Deutschland nicht steuerbar und steuerpflichtig seien, weil sich der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 2 UStG (altes Recht, Streitjahr 2010) an dem Ort befinde, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibe, folglich nicht Deutschland.

Entscheidung

Das FG Köln hat mit rechtskräftigem Urteil entschieden, dass eine Windkraftanlage die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Betriebsstätte nach § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG (Fassung im Streitjahr 2010) erfüllen kann, die dann dem Anspruch auf Vorsteuervergütung entgegensteht, mit der Folge, dass die Klägerin ihren Vorsteueranspruch im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen hat. Zwar geht das FG Köln entsprechend der zitierten Rechtsprechung des EuGH und den Ausführungen in Abschn. 3a.1 Abs. 3 Satz 1f. UStAE davon aus, dass für eine Betriebsstätte ein hinreichender Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht, erforderlich ist. Allerdings führt das FG weiter aus, dass die Kriterien der personellen und der technischen Ausstattung nicht stets in gleichem Maße erfüllt sein müssen, vielmehr könne eine gering ausgeprägte - oder im Ausnahmefall sogar fehlende - personelle Ausstattung durch eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte sachliche Ausstattung kompensiert werden. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf eine Windkraftanlage bejaht worden, weil kaum ein höherer Grad an Beständigkeit einer betrieblichen Niederlassung vorstellbar sein, als bei einer Windkraftanlage.

Praxishinweis

Nach dem Urteil des FG Köln ist bei einer ortsfesten Betriebsvorrichtung, wie im Streitfall, die ohne Zutun von Personal Umsätze erbringt, für die Frage der Ansässigkeit nicht auf das Vorhandensein von eigenem Personal abzustellen. Diese Auffassung vertritt ebenfalls das FG Münster in seiner Entscheidung vom 05.09.2013, 5 K 1768/10 U. Weitere vergleichbare Rechtsprechung zu der Frage, ob im Hinblick auf die Definition einer Betriebsstätte die fehlende personelle Ausstattung durch eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte sachliche Ausstattung kompensiert werden kann, liegt nicht vor. Der BFH hat im Revisionsverfahren zu dem Urteil des FG Münster zu der hier in Frage stehenden Rechtsfrage keine Ausführungen gemacht (BFH, Urt. v. 19.11.2014, V R 41/13). Der EuGH hält in seinem Urteil v. 16.10.2014, C-605/12, Welmory, an seiner Definition bezogen auf das Erfordernis der personellen und technischen Ausstattung fest.

Die Entscheidung des FG Köln könnte den vom EuGH aufgestellten Vorgaben zur Bejahung einer Betriebsstätte widersprechen. Außerdem könnte die Entscheidung des FG Köln zu Folgeproblemen führen, bspw. in welchen konkreten Fällen eine Kompensation einer geringen oder fehlenden personellen Ausstattung möglich ist. Auch andere EU-Mitgliedstaaten (z. B. Finnland, Polen, Niederlande und Belgien) haben die EuGH-Rechtsprechung so wie Deutschland bislang so umgesetzt, dass für eine Betriebsstätte kumulativ eine personelle und technische Ausstattung vorliegen muss und dass eine gering ausgeprägte oder fehlende personelle Ausstattung nicht durch eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte sachliche Ausstattung kompensiert werden kann.

Eine Äußerung der Finanzverwaltung, unter welchen Voraussetzungen Windparkanlagen Betriebsstätten darstellen können oder nicht, liegt noch nicht vor.
Allen Betroffenen ist anzuraten sich um die Einordnung ihrer (Windkraft-) Anlagen zu bemühen und ggf. Rechtsrat einzuholen. Das Team der AWB steht Ihnen gern beratend zur Seite.

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