BFH zur ermäßigten USt-Besteuerung bei Leistungsbündeln

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 13.06.2018, XI R 2/16

Praxisproblem

Im Umsatzsteuerrecht ist jede Leistung regelmäßig als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten. Zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung allerdings auch nicht künstlich aufgespalten werden. Im Spannungsfeld dieser beiden Grundsätze befinden sich Leistungen, bei denen mehrere Elemente kombiniert werden, sogenannte Leistungsbündel. Vor allem im Hinblick auf den anzuwendenden Steuersatz ist in diesen Fällen fraglich, ob eine einheitliche Leistung vorliegt oder ob mehrere, getrennt zu beurteilende, Leistungen gegeben sind. Das Urteil des BFH befasst sich mit einer derartigen Konstellation.

Sachverhalt

Streitig war die umsatzsteuerrechtliche Behandlung einer „Dinner-Show“. Bei einer solchen genießen die Besucher neben einem kulinarischen Menü eine künstlerische Darbietung. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses wurde im Urteil auf konkrete Sachverhaltsangaben verzichtet.

Entscheidung

Der BFH sieht wie die Vorinstanz in der „Dinner-Show“ eine einheitliche, komplexe Leistung. Eine Aufspaltung in eine kulinarische und eine künstlerische Leistung könne nicht vorgenommen werden, da diese dem Besucherwillen sowie der inhaltlichen und zeitlichen Abstimmung beider Elemente aufeinander widerspräche.

Das Leistungsbündel sei aber entgegen der Vorinstanz dem Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) zu unterwerfen. Der von der Vorinstanz angewandte ermäßigte Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG gelte zwar auch für Unterhaltungsshows, könne aber nur dann auf eine einheitliche Gesamtleistung angewandt werden, wenn die künstlerische Darbietung den Hauptbestandteil und eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmache. Daran fehle es beim Leistungsbündel „Dinner-Show“. Vor allem verfange es nicht, wenn das FG den Unterhaltungsteil als dominierend einstuft, weil es ihn als qualitativ höherwertig gegenüber den Speisen betrachtet. Schließlich enthalte § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG auch kein Aufteilungsgebot.

Praxishinweis

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf ein Leistungsbündel, bei dem ein Element bei isolierter Betrachtung ermäßigt, das andere voll zu besteuern wäre, kommt nur in Betracht, wenn das ermäßigt zu besteuernde Element Hauptbestandteil des Leistungsbündels ist.  Da ein dem § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG vergleichbares Aufteilungsgebot in dem streitgegenständlichen § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht enthalten ist, kommt der unionsrechtlich bedeutsam gewordenen und durch den EuGH verneinten Rechtsfrage, ob trotz des Vorliegens einer einheitlichen Leistung eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes möglich ist, obwohl der betreffende Mitgliedstaat diese in seinem nationalen Recht nicht angeordnet hat, im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu.

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