BMF zu grenzüberschreitenden Warenlieferungen in ein inländisches sog. Konsignationslager

Weitere Verlängerung der Übergangsregelung bis zum 01.01.2020

Mit einem kurzen BMF-Schreiben vom 31.10.2018 (III C 3 - S 7103-a/15/10001) hat sich das Bundesfinanzministerium erneut zu sog. Konsignationslagern geäußert:

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BMF-Schreiben v. 31.10.2018

Hintergrund & Praxisproblem

Die Diskussion um die Behandlung von Warenlieferungen über ein Konsignationslager, also ein in der Praxis vielfach anzutreffendes Warenlager, das ein Unternehmer bei einem Abnehmer unterhält und aus dem der Abnehmer bei Bedarf Waren entnehmen kann, ist seit geraumer Zeit im Fluss. Auch wenn es eine Vielzahl an Konsignationslagergestaltungen gibt, ist die Abwicklung i. d. R. gleichlaufend. Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über. Aus deutscher Verwaltungssicht führt dies dazu, dass der Lieferant die Verfügungsmacht über die Ware bis zur Entnahme auf dem Lager behält. Daher führt die Abwicklung von Lieferungen über ein Konsignationslager grundsätzlich zu Registrierungspflichten des Lieferers im Inland, da im deutschen Recht, im Gegensatz zum Recht vieler anderer EU-Staaten, keine Vereinfachungsregel für Konsignationslager verankert ist, durch die eine Registrierung vermieden werden könnte.

Durch zwei BFH-Urteile (vom 20.10.2016 - V R 31/15 und vom 16.11.2016 - V R 1/16) wurde in Deutschland die Diskussion um die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Konsignationslagern angestoßen.

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AWB-Sondernewsletter Mai 2017

Im Anschluss daran hat die deutsche Finanzverwaltung ihre Auffassung angepasst und sich mit BMF-Schreiben vom 10.10.2017 (III C 3 - S 7103-a/15/10001) zu grenzüberschreitenden Warenlieferungen in ein inländisches sog. Konsignationslager der BFH-Rechtsprechung angeschlossen. Die Finanzverwaltung unterscheidet daher – der Rechtsprechung folgend – ob ein feststehender Abnehmer (verbindliche Bestellung der Ware) vorhanden ist und damit bereits bei Bestückung des Lages eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung vorliegt oder ob es sich um einen o.g. Konsignationslagersachverhalt handelt, bei dem der Lieferer bis zur Entnahme nicht an den Abnehmer liefert.

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Beitrag aus AWB-Newsletter Oktober 2017

Der UStAE wurde entsprechend angepasst:

Steht der Abnehmer bei einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet beginnenden Beförderung oder Versendung bereits verbindlich fest, liegt kein innergemeinschaftliches Verbringen, sondern eine Beförderungs- oder Versendungslieferung vor, die grundsätzlich mit Beginn der Beförderung oder Versendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet als ausgeführt gilt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Hiervon ist auszugehen, wenn der Abnehmer die Ware bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat (Abschn. 1a.2. Abs. 6 S. 4 UStAE). Der Lieferant erbringt keine im Inland steuerbaren Umsätze mit der Folge, dass keine umsatzsteuerliche Registrierung im Inland erforderlich ist.

Es handelt sich bei dieser Verwaltungsanpassung um eine Klarstellung in der Abgrenzung und nicht um eine deutsche Vereinfachungsregelung. Dennoch hat die Änderung der Verwaltungsauffassung dazu geführt, dass betroffene Unternehmen mit neuen Abgrenzungsproblemen, Umstellungsbedarf (Zeitpunkt der Gutschrift, Erwerbsbesteuerung, Erfassung in der Lagerlogistik) und ggf. der Neugestaltung der Lieferbeziehung befasst waren/sind.

Das BMF-Schreiben vom 10.10.2017 enthielt eine Nichtbeanstandungsregel für vor dem 01.01. 2018 ausgeführte Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe. Für diese werde es nicht beanstandet, wenn der leistende Unternehmer alternativ weiterhin in der bisherigen Fassung des UStAE verfährt. Es konnte demgemäß darauf verzichtet werden, die einzelvertraglichen Vereinbarungen zwischen Lieferer und Abnehmer anhand der neuen Kriterien von Rechtsprechung und Finanzverwaltung zu prüfen und ggf. Änderungen vorzunehmen. Diese Nichtbeanstandungsregel wurde mit Schreiben vom 14.12.2017 auf den 01.01.2019 verlängert. Dennoch bestanden technische und prozessuale Hürden in der Umstellung. Aufgrund der nun zum 01.01.2020 anstehenden EU-weiten Neuregelung (siehe „quick fixes“) macht eine Umstellung für ein Jahr keinen Sinn. Erwartungsgemäß wurde daher nun die Nichtbeanstandungsregelung bis zum 01.01.2020 verlängert.

VAT quick fixes ab 1.1.2020 – Anpassung der nationalen Regelungen

Die Verlängerung der Nichtbeanstandungsregel steht im Zusammenhang mit den sog. VAT quick fixes.

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AWB Sondernewsletter Oktober 2018

Der Rat der Europäischen Union für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) hat am 2.10.2018 eine Einigung erreicht. Mit dem Ziel, den gegenwärtigen praktischen Problemen mit den aktuellen Regelungen gerecht zu werden und weitere Vereinheitlichungen zu erreichen, sollen zum 01.01.2020 Veränderungen des Europäischen Mehrwertsteuerrechts vorgenommen werden. Auch Konsignationslager sind von diesen Änderungen betroffen und sollen EU-weit vereinheitlicht werden.

Bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen in ein Konsignationslager zum Verkauf an einen bereits bekannten Erwerber soll unionsweit eine „direkte“ innergemeinschaftliche Lieferung des Lieferers an den Erwerber vorliegen. Letzterer hat sodann korrespondierend einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Mitgliedstaat des Konsignationslagers zu erklären. So kann eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht des Lieferers im Erwerberstaat vermieden werden und eine EU-weit einheitliche Behandlung der Konsignationslager erreicht werden. Einhergehen aber neue Meldepflichten.

Praxishinweis

Die deutsche Finanzverwaltung wartet die genaue Umsetzung der VAT quick fixes in nationales Recht ab und verlängert die Nichtbeanstandung bis 01.01.2020. Unternehmen sollten sich dennoch ein Bild von den eigenen Abläufen machen und eruieren, welche Vorgehensweise die wirtschaftlich sinnvollste für das Unternehmen ist.

Zugleich empfehlen wir sich frühzeitig mit der EU-weiten Neuregelung zu befassen, da der Umstellungsbedarf – insb. bei internen Prozesse, Lagerlogstik und IT sowie betreffend etwaiger umsatzsteuerlicher Registrierungen – einige Zeit erfordern werden.

Es ist zwar zu erwarten, dass die Änderungen der MwStSystRL vom Rat ohne Aussprache angenommen werden, sobald das Europäische Parlament Stellung genommen hat, allerdings bedeutet dies dennoch, dass die Änderungen sehr kurzfristig ins nationale Recht umgesetzt werden müssen. Warenlieferungen in ausländische Konsignationslager sind in der Praxis ein gängiges Modell, sodass den Unternehmen anzuraten ist, sich bereits heute mit den Änderungen vertraut zu machen und möglichen Anpassungsbedarf in ihren Systemen und Prozessen zu prüfen. Das Team der AWB steht Ihnen dabei gern zur Verfügung. Erste Hilfestellung erhalten Sie auch bereits im Update-Seminar, zu dem Sie nähere Angaben in den Veranstaltungshinweisen dieses Newsletters finden. 

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