Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)

Das neue Emissionshandelssystem für Importe – Anforderungen und Pflichten für Unternehmen

Am 16. Mai 2023 wurde die Verordnung (EU) Nr. 2023/956 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems (nachfolgend: CBAM-VO) im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Mit dieser Verordnung führt die EU einen Grenzausgleichsmechanismus für CO2-Preise bei Warenimporten ein. Dieser ist Teil des „Fit for 55“-Pakets und soll die europäischen Klimaziele umsetzen. Künftig wird damit für bestimmte Güter aus Drittländern, die in die EU importiert werden, eine CO2-Abgabe fällig.

Das neue Emissionshandelssystem für Importe soll dem Problem und Risiko des sog. Carbon Leakage, d. h. der Verlagerung von klimaschädlichen CO2-Emissionen in Drittländer und dem damit verbundenen Anstieg des in Importwaren verkörperten CO2-Gehalts, begegnen. Weiterhin soll der CBAM die globalen Emissionen senken, Drittstaaten zu Klimaschutz motivieren und so die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens umsetzen.

Der CBAM ähnelt dabei dem bereits in der EU geltenden Europäischen Emissionshandel, der einen unionsweiten CO2-Preis für energieintensive Sektoren vorsieht und nach dem sog. cap-and-trade Mechanismus funktioniert. Der CBAM soll die freie Zuteilung der EU-EHS Zertifikate bis 2034 schrittweise ersetzen.

Anwendungsbereich des CBAM

Der CBAM bewirkt eine CO2-Bepreisung für EU-Importe von Waren aus emissionsintensiven Wirtschaftszweigen. Neben den regulären Einfuhren von Waren mit Ursprung in einem Drittland sind auch Veredelungserzeugnisse, die in das Zollgebiet der Union gelangen, von der CO2-Bepreisung erfasst (vgl. Art. 2 Abs. 1 CBAM-VO).

Betroffen sind zunächst Importe aus den Bereichen Eisen und Stahl, Aluminium, Zement, Düngemittel, Wasserstoff und Strom. Dies betrifft auch einige Zwischen- und Enderzeugnisse aus diesen Bereichen. Weitere Güter, auf die der CBAM angewendet werden wird, werden voraussichtlich in Zukunft folgen.

Die Frage, ob eine Ware in den sachlichen Anwendungsbereich des CBAM fällt, wird dabei anhand der jeweiligen Zolltarifnummer bestimmt (vgl. Anhang I CBAM-VO). Ausnahmen und Besonderheiten sieht der CBAM insbesondere im Bereich der Einfuhr von Strom vor.

Nicht in den Anwendungsbereich der CBAM-VO fallen Waren mit Ursprung in Ländern, deren Emissionshandelssystem mit jenem der EU verknüpft ist. Hierzu zählen die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein. Zudem sind Waren, deren Ursprung in den Gebieten Ceuta, Melilla, Büsingen, Helgoland und Livigno liegt, vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen.

Anforderungen an Unternehmen

Nach der CBAM-VO dürfen ab dem 1. Januar 2026 nur noch sog. zugelassene Anmelder die von der CBAM-VO betroffenen Waren einführen (vgl. Art. 4 CBAM-VO).

Anträge können ab dem 31.12.2024 bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Hierbei sind die notwendigen Anforderungen und Inhalte des Zulassungsantrags zu erfüllen. Diese ergeben sich aus Art. 5 CBAM-VO und ähneln zum Teil den zollrechtlichen Anforderungen, die an einen Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (Authorized Economic Operator, AEO) gestellt werden. Ggf. kann in diesem Zusammenhang auch eine Sicherheitsleistung verlangt werden.

Der zugelassene Anmelder wird in einem CBAM-Register eingetragen, das die zentrale Verwaltungsplattform der CBAM-VO darstellt. Hier werden alle zentralen Informationen hinterlegt und unionsweit verwaltet.

Verpflichtungen von Unternehmen zur Abgabe von CBAM-Zertifikaten

Alle Unternehmen, die Waren, die in den Anwendungsbereich des CBAM fallen, einführen, sind ab dem 01.01.2026 verpflichtet, über das CBAM-Register CBAM-Zertifikate abzugeben, die den mit den eingeführten Waren verbundenen sog. grauen Emissionen entsprechen.

Die Bestimmung der notwendigen Anzahl an CBAM-Zertifikaten richtet sich nach der Anzahl der grauen (direkten) Emissionen, die bei der Herstellung der eingeführten Waren in der jeweiligen Anlage im Drittland freigesetzt werden. Ebenfalls sind indirekte Emissionen zu berücksichtigen, die sich aus der Verwendung des zur Herstellung genutzten Stroms ergeben. Die CBAM-VO sieht in diesem Zusammenhang für einfache und komplexe Waren verschiedene Berechnungsmodelle und -formeln vor.

Den Grundsatz stellt eine Berechnung nach tatsächlichen Emissionen (ggf. plus Emissionen der Vormaterialien) dar. Sofern diese nicht bestimmt werden können, müssen Standardwerte nach den spezifischen Emissionen bei der Produktion im Drittland oder ggf. sogenannte schlechteste Standardemissionswerte einer Referenzgruppe in der EU herangezogen werden.

CO2-Preise, die bereits im Drittland tatsächlich entrichtet wurden, können die Anzahl der benötigten Zertifikate ggf. reduzieren.

Für Waren aus den Bereichen Eisen, Stahl, Aluminium und Wasserstoff werden nur die direkten Emissionen herangezogen, da der CBAM ein CO2-Ausgleichssystem und nicht eine doppelte Belastung für die betreffenden Waren sein soll. Besonderheiten gelten wiederum für Strom.

Darüber hinaus treffen den zugelassenen Anmelder bestimmte Buchführungspflichten. Hierzu zählen u. a. bestimmte zu erfassende Mindestdaten in Bezug auf die eingeführten Waren, deren Aufzeichnungen für einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren sind (vgl. Art. 7 i. V. m. Anhang V CBAM-VO).

Die CBAM-Erklärung

Bis zum 31. Mai eines jeden Jahres ist der zugelassene Anmelder künftig verpflichtet, über das CBAM-Register eine CBAM-Erklärung für das vorangegangene Kalenderjahr abzugeben (vgl. Art. 6 CBAM-VO). Besonderheiten ergeben sich bei der aktiven und der passiven Veredelung sowie bei Rückwaren.

Die Prüfung der Berechnung erfolgt durch einen akkreditierten Prüfer.

Eine Registrierung von drittländischen emittierenden Anlagen oder von Betreibern dieser Anlagen im CBAM-Register ist möglich, damit freigesetzte Emissionen verifiziert werden können.

Erwerb und Abgabe von Zertifikaten

Der zugelassene Anmelder ist verpflichtet, für jede Tonne CO2-Emissionen, die mit seinen eingeführten Waren verbunden ist, je ein CBAM-Zertifikat zu kaufen. Die Zertifikate können von den zugelassenen Anmeldern über eine europaweit einheitliche Plattform von den jeweiligen Mitgliedstaaten erworben werden. Der Preis der CBAM-Zertifikate ist ein Durchschnittspreis, der sich nach einem festgelegten Versteigerungsverfahren richtet.

Die Anzahl der CBAM-Zertifikate, die der zugelassene Anmelder erwirbt, muss derjenigen Anzahl entsprechen, die in der CBAM-Erklärung anhand der grauen Emissionen berechnet wurde.

Dabei hat der zugelassene Anmelder sicherzustellen, dass zum Ende eines Quartals bereits eine bestimmte Anzahl an Zertifikaten auf seinem Konto gehalten wird. Korrekturen bei der Abgabe und ein etwaiger Rückkauf von CBAM-Zertifikaten durch einen Mitgliedstaat/die Europäische Kommission sind bis zu einem gewissen Grad und unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Überprüfung durch die Kommission

Die Kommission nimmt bei der Überprüfung der CBAM-Erklärungen die Aufsichtsfunktion wahr. Sie geht bei ihrer Überprüfung der Unternehmen anhand von Risikofaktoren vor, gibt die ihr vorliegenden Informationen an die nationalen zuständigen Behörden weiter und kooperiert mit diesen. Wirtschaftsbeteiligte müssen sich daher ggf. auf Kontrollen und Überprüfungen oder Nachberechnungen einstellen. Dabei begegnet die Kommission auch Umgehungspraktiken, die den Anwendungsbereich der CBAM-VO aushebeln wollen, und sieht Sanktionen in diesen Fällen vor.

Übergangsphase und Berichtspflicht ab 1. Oktober 2023

Bereits ab dem 1. Oktober 2023 wird die CBAM-VO teilweise angewendet. Ab diesem Datum sind Zollanmelder verpflichtet, quartalsweise einen sog. CBAM-Bericht abzugeben. In diesem Bericht müssen Waren erfasst werden, die in diesem Quartal eingeführt wurden (bis jeweils einen Monat nach Quartalsende). Der notwendige Inhalt ergibt sich aus Art. 35 CBAM-VO. Bereits in dieser Übergangsphase hat danach eine Berechnung der Emissionen zu erfolgen, wenngleich noch keine Zertifikate erworben werden müssen. Besonderheiten gelten wiederum für Veredelungserzeugnisse und Rückwaren. Auch in dieser Phase kann es bereits zu Überprüfungen der Daten durch die Kommission und die nationalen Behörden kommen.

Die zwischenzeitlich veröffentlichten Entwürfe der Durchführungsvorschriften der Kommission (CBAM-DVO) enthalten erste Details darüber, welche Berichtspflichten konkret von den Unternehmen bereits in der Übergangsphase zu erfüllen sind. Der Umfang der im CBAM-Bericht zu übermittelnden Informationen ist erheblich. Der überwiegende Teil der Datenfelder ist dabei verpflichtend auszufüllen. Im Falle der aktiven Veredelung sind weitere zusätzliche Angaben zu machen.

Praxishinweis

Die CBAM-VO wird weitreichende Auswirkungen auf Warenimporte in die EU haben und mit entsprechendem administrativem und teils finanziellem Mehraufwand für die betroffenen Unternehmen einhergehen. Hierzu zählen vor allem die mit der CBAM-VO einhergehenden Aufbewahrungspflichten von Dokumenten, Nachweispflichten sowie die Informationsbeschaffung entlang der Lieferkette.

Vor dem Hintergrund der bereits ab Oktober beginnenden Übergangsphase und der damit verbundenen administrativen wie finanziellen Bürden bei der Einfuhr ist es für Wirtschaftsbeteiligte ratsam, sich bereits jetzt mit der Thematik zu beschäftigen. Nur so kann eine fristgerechte und adäquate Umsetzung im Unternehmen erfolgen, damit rechtzeitig alle organisatorischen, administrativen und ggf. auch kalkulatorischen Voraussetzungen erfüllt sind. Denn die Einführung des CBAM hat Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette.

Kommt ein Unternehmen den geltenden Verpflichtungen nicht nach, drohen bereits ab Oktober erste Sanktionen.

Für die Umsetzung des CBAM müssen so schnell wie möglich die notwendigen Strukturen im Unternehmen und bei den Zulieferern im Ausland geschaffen werden. Vor allem die Bestimmung der notwendigen CBAM-Zertifikate und die Berechnung der tatsächlichen Emissionen kann ggf. zu Problemen führen. Denn die Beschaffung der benötigten validen Daten aus den Drittländern könnte nicht immer gesichert sein. Probleme könnten zudem auch im Umgang mit aktiven Veredelungen entstehen, da erste Analysen zeigen, dass es in bestimmten Veredelungskonstellationen zu Konflikten der CBAM-VO kommen könnte, woraus wiederum Nachteile für die Importeure resultieren würden.

Da die Verordnung sehr jung ist, sind noch nicht alle konkreten Umsetzungen in der Praxis bekannt. Beispielsweise sind die nationalen Zuständigkeiten noch nicht abschließend bestimmt und auch die Verabschiedung der konkreten Durchführungsvorschriften steht noch aus. Allerdings geben die Entwürfe dieser Vorschriften erste Anhaltspunkte beispielsweise darüber, welche Standardwerte künftig bei der Berechnung der Emissionen zugrunde gelegt werden sollen, wie die Ermittlung von Daten für die Berechnungen der Emissionen zu erfolgen hat, wie in bestimmten Fällen die Berechnung der Emissionen vorgenommen wird und welche genauen Angaben sich im CBAM-Bericht in der Übergangsphase finden müssen.

Über Neuerungen in diesem Bereich informieren wir Sie in unserem Newsletter. Bei Fragen zu den Anforderungen, die CBAM künftig an Unternehmen stellt, steht Ihnen die AWB gerne beratend zur Seite.


Link:

Carbon Border Adjustment Mechanism

Quelle:

Europäische Kommission