Krankenfahrten zum ermäßigten Steuersatz – Umsetzung der Rechtsprechung

Anmerkung zu: BMF-Schreiben v. 02.01.2019 zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf von Mietwagenunternehmen durchgeführte Krankenfahrten (Abschn. 12.13 Abs. 8 Satz 4 UStAE)

Praxisproblem

Der BFH hatte mit Urteil vom 02.07.2014, XI R 39/10 (BStBl II 2015, 421) entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz gelten kann, wenn die mit Mietwagen durchgeführten Krankenfahrten auf gleichermaßen für Taxen geltenden Sondervereinbarungen beruhen. Der BFH hatte die bestehende Verwaltungsauffassung, nach der die Steuerermäßigung nicht für von Mietwagenunternehmern erbrachte Leistungen gilt, zwar grundsätzlich bestätigt. Die Steuerermäßigung ist nach dem Urteil XI R 39/10 jedoch anwendbar, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, beruhen. Abschnitt 12.13 Abs. 8 S. 3 UStAE war daraufhin durch BMF-Schreiben v. 02.06.2016, BStBl I 2016, 31, entsprechend angepasst worden. Ergänzend dazu war eine Vereinfachungsregelung eingefügt worden, wonach die Gleichartigkeit dieser für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen für den Bereich der Krankenfahrten aus Vereinfachungsgründen regelmäßig unterstellt werden kann (Abschn. 12.13 Abs. 8 S. 4 UStAE). Diese Vereinfachungsregelung war vorwiegend aus dem Grund in den UStAE aufgenommen worden, weil sich die Nachweisführung bei Einzelvereinbarungen für die Mietwagenunternehmen durchaus schwer gestaltet.

In der Praxis waren dazu Fragen der Handhabung der Vereinfachungsregelung aufgetreten, zu denen das BMF-Schreiben v. 02.01.2019 unter Neufassung von Abschnitt 12.13 Abs. 8 UStAE Stellung nimmt. Es war z. B. im UStAE nicht ausgeführt worden, woraus die Gleichartigkeit der Sondervereinbarungen abgeleitet werden soll. Es war grds. davon auszugehen, dass der Mietwagenunternehmer keine Kenntnis von einem zwischen der Krankenkasse und einem Taxiunternehmen abgeschlossenen Rahmenvertrag hat. Das Mietwagenunternehmen wäre somit auch nicht in der Lage zu prüfen, ob die Vertragsgestaltungen gleichartig sind und einen entsprechenden Nachweis zu führen. Die in Abschn. 12.13 Abs. 8 Satz 4 UStAE enthaltene Vereinfachungsregelung konnte nicht dazu führen, dass der ermäßigte Steuersatz generell auf die Krankenfahrten von Mietwagenunternehmern Anwendung findet, da dies der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zuwider laufen würde. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG und Abschnitt 12.13 Abs. 8 UStAE ist der Verkehr mit Mietwagen, die keine Genehmigung für den Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG) haben, regelmäßig nicht begünstigt. In diesem Zusammenhang war unstreitig, dass die Aussage zu den Krankenfahrten durch Mietwagenunternehmer im Abschnitt 12.13 Abs. 8 Satz 4 UStAE keine generell begünstigende Vereinfachungsregelung für Mietwagenunternehmer sein konnte. Fraglich war jedoch auch, ob der ermäßigte Steuersatz nur dann Anwendung finden kann, wenn bei der Vergleichbarkeitsprüfung neben den erbrachten Beförderungsleistungen und Transportpflichten auch auf das dafür verlangte Entgelt abgestellt wird.

Entscheidung

Abschnitt 12.13 Abs. 8 regelt nunmehr (vereinfacht dargestellt) Folgendes: Grundsätzlich nicht steuerermäßigt ist der Verkehr mit Mietwagen. Dieser Verkehr unterscheidet sich im Wesentlichen vom Taxenverkehr dadurch, dass nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden dürfen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Führt ein Mietwagenunternehmer aber Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch und beruhen diese steuerpflichtigen Leistungen auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, ist die Steuerermäßigung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen anwendbar.

Klarstellend regelt Abschnitt 12.13. Abs. 8 jetzt zusätzlich: Liegt in diesem Fall der Beförderungsleistung eines Mietwagenunternehmers eine nur für Mietwagenunternehmen geltende Sondervereinbarung zu Grunde, kann die Steuerermäßigung zur Anwendung kommen, wenn der Unternehmer nachweist, dass im selben räumlichen Geltungsbereich eine hinsichtlich Beförderungsentgelt und Transportpflicht inhaltsgleiche Sondervereinbarung für Taxiunternehmer gilt. Die Gleichartigkeit dieser für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen kann für den Bereich der Krankenfahrten aus Vereinfachungsgründen in solchen Fällen regelmäßig unterstellt werden, in denen dem Mietwagenunternehmer ein Nachweis gleichartiger Sondervereinbarungen (z. B. über den Verband) praktisch nicht möglich ist oder in denen keine Vergleichsmöglichkeit besteht.

Praxishinweis

Die Grundsätze der Neuregelung sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Bei Krankenbeförderungen durch Mietwagenunternehmen dürfte in folgenden Fällen weiterhin keine Steuerermäßigung in Betracht kommen:

  • In den Fällen, in denen die gesetzliche Krankenkasse die Übernahme der Kosten ablehnt (in diesen Fällen dürfte regelmäßig keine Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse bestehen).
  • Krankenfahrten für Privatpatienten, die nicht auf Grund einer Sondervereinbarung mit einer Krankenkasse durchgeführt werden, weil Vertragspartner der Patient ist.

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