Vorsteuerabzug bei nicht vollzogenen Liefergeschäften: Die Bestimmtheit von Gegenständen oder Dienstleistungen als maßgebliches Kriterium

Anmerkung zu: EuGH, Urt. v. 31.05.2018, verb. Rs. C-660/16 und C-661/16, Kollroß und Wirtl

Praxisproblem

Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Anzahlungen sind stets im Voranmeldungszeitraum ihrer Vereinnahmung zu versteuern. Anzahlungen führen zur Entstehung der Steuer, wenn sie für eine bestimmte Lieferung oder sonstige Leistung entrichtet werden. Dies setzt nach Abschn. 13.5 Abs. 3 UStAE voraus, dass alle maßgeblichen Elemente der künftigen Lieferung oder künftigen Dienstleistung bereits bekannt sind, insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. BFH, Urt. v 15.09. 2011, V R 36/09, BStBl 2012 II S. 365). Der vorgezogene Vorsteuerabzug setzt in den Fällen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bei Zahlungen vor Empfang der Leistung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG) voraus, dass eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Der Vorsteuerabzug kommt für den Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraum in Betracht, in dem erstmalig beide Voraussetzungen erfüllt sind. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Lieferungen, auf die eine Anzahlung geleistet wurde, ist nach Abschn. 15.3 Abs. 1 UStAE, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d. h. der künftigen Lieferung, bereits bekannt und somit insbesondere die Gegenstände der Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.

Vorsteuerberichtigungen sind erforderlich, wenn für eine Leistung ein Entgelt entrichtet, die Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Diese Regelung steht im Zusammenhang mit der in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vorgeschriebenen Besteuerung von Zahlungen vor Ausführung der Leistungen. Die Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG erfolgt erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Anzahlung oder das Entgelt zurückgewährt worden sind (vgl. Abschn. 17.1 Abs. 7 UStAE). Bei den Vorabentscheidungsersuchen des BFH war streitig, ob die Kläger aus geleisteten und in Rechnung gestellten Anzahlungen für Blockheizkraftwerke, über deren Lieferung sie in dem Streitjahr 2010 jeweils einen Vertrag geschlossen hatten, zum Vorsteuerabzug nach den Art. 167 ff. MwStSystRL berechtigt waren, auch wenn die Lieferung der Blockheizkraftwerke letztlich nicht erfolgte. Der BFH hatte den EuGH zunächst nach den Anforderungen an die Sicherheit einer Leistungserbringung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung befragt.

Ferner fragte der BFH, ob Voraussetzung für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung ist. Daneben ging es um die Berechtigung der Mitgliedstaaten, die Berichtigung von Steuer und Vorsteuerabzug gleichermaßen von einer Rückzahlung der Anzahlung abhängig zu machen. Der BFH wollte außerdem wissen, ob das für den Anzahlenden zuständige Finanzamt dem Anzahlenden die Umsatzsteuer erstatten muss, wenn er vom Anzahlungsempfänger die Anzahlung nicht zurückerhalten kann. In diesem Zusammenhang wurde zudem die Frage aufgeworfen, ob diese Erstattung im Festsetzungsverfahren zu erfolgen hat oder ob hierfür ein gesondertes Billigkeitsverfahren ausreichend ist.

Sachverhalt

In der Rs. C-660/16 bestellte der Kläger am 10.04.2010 bei einer G-GmbH die Lieferung eines Blockheizkraftwerkes. Nach Bestätigung des Auftrages durch die G-GmbH am 12.04.2010 erteilte sie für das Bockheizkraftwerk eine Vorausrechnung über 30.000 € mit einem gesonderten Steuerausweis über 5.700 €. Ausweislich der Entscheidungsgründe des FG (FG München, Urt. v. 16.07.2015, 14 K 277/12) war der Kläger in ein betrügerisches Schneeballsystem eingebunden: ihm und anderen Kunden wurden von der G-GmbH die Blockheizkraftwerke mit dem Versprechen einer Rendite verkauft, um die Anzahlung zu erhalten, obwohl bereits bei Abschluss der Verträge feststand, dass die geschuldeten Blockheizkraftwerke nicht alle geliefert werden können. Jedoch lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger von diesem betrügerischen Schneeballsystem wusste oder hätte wissen müssen. Er ging in gutem Glauben davon aus, dass er die Verfügungsmacht über ein funktionierendes Blockheizkraftwerk erhalten werde. Eine Lieferung des Blockheizkraftwerkes erfolgte nicht. Der Kläger machte für das Streitjahr 2010 den Vorsteuerabzug aus der geleisteten Anzahlung geltend. Nach Ansicht des FG war der Kläger zum Vorsteuerabzug aus der Anzahlung berechtigt. Er habe beabsichtigt, unternehmerisch tätig zu werden und es habe eine ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vorgelegen. Die Absicht der G-GmbH, die Kunden zu betrügen, stehe dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Auch sah das FG den Kläger nicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 UStG verpflichtet an.

Der BFH fragte den EuGH, ob die Anforderungen an die Sicherheit einer Leistungserbringung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung i. S. EuGH-Urteils rein objektiv oder aus Sicht des Anzahlenden nach den für ihn erkennbaren Umständen zu bestimmen sind. Weiter fragte der BFH, ob die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der zeitgleichen Entstehung des Steueranspruchs und des Rechts auf Vorsteuerabzug berechtigt sind, die Berichtigung von Steuer und Vorsteuerabzug gleichermaßen von einer Rückzahlung der Anzahlung abhängig zu machen. Schließlich fragte der BFH ob das für den Anzahlenden zuständige Finanzamt dem Anzahlenden die Umsatzsteuer erstatten muss, wenn er vom Anzahlungsempfänger die Anzahlung nicht zurückerhalten kann (falls ja, ob dies im Festsetzungsverfahren zu erfolgen hat oder das Billigkeitsverfahren ausreicht).

In der Rs. C-661/16 bestellte der Kläger bei einer Gesellschaft A ein Blockheizkraftwerk zum Preis von 30.000 € zuzüglich 5.700 € USt, dessen Lieferung voraussichtlich 14 Wochen nach Geldeingang vorgesehen war. Am 27.08.2010 überwies der Kläger die von der A angeforderte Zahlung i. H. v. 37.500 € und erhielt hierfür eine Rechnung über die Lieferung eines Blockheizkraftwerkes, datierend vom 28.08.2010. Ausweislich der Steuerakten handelt es sich bei der A um die gleiche Gesellschaft, die in der Rs. C-660/16 als G-GmbH bezeichnet wurde. Zur Lieferung des Blockheizkraftwerkes kam es nicht.

Das FA ließ den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Anzahlung für das Blockheizkraftwerk nicht zu. Das FG (FG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.09.2014, 9 K 2914/12) gab der Klage statt. Es war davon überzeugt, dass zwar A bereits bei Ausstellung der Rechnung vom 28.08.2010 nicht beabsichtigt habe, das geschuldete Blockheizkraftwerk zu liefern. Die Hintermänner der A hätten deren Kunden die Möglichkeit zur Lieferung hocheffizienter Blockheizkraftwerke nur vorgegaukelt, um von diesen Anzahlungen zu erlangen, obwohl bereits bei Abschluss der Kaufverträge klar gewesen sei, dass die gegenständlichen Blockheizkraftwerke nicht geliefert werden konnten. Zu keinem Zeitpunkt sei von A beabsichtigt gewesen, die von ihr eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Der Kläger sei bei Empfang der Vorausrechnung aber gutgläubig gewesen. Er habe seinerzeit nicht gewusst und habe auch nicht wissen können, in einen Betrug einbezogen zu sein. Er könne den Vorsteuerabzug deshalb beanspruchen, bis für ihn objektiv erkennbar war, dass die Leistung endgültig nicht erbracht werde.

Vor diesem Hintergrund fragte der BFH auch, ob nach der bisherigen EuGH-Rechtsprechung der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung ausscheidet, wenn der Eintritt des Steuertatbestands zum Zeitpunkt der Anzahlung unsicher ist. Weiter fragte der BFH, ob das EuGH-Urteil dahingehend zu verstehen ist, dass nach dem Unionsrecht eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs, den der Anzahlende aus seiner auf eine Lieferung von Gegenständen ausgestellten Anzahlungsrechnung vorgenommen hat, nicht die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung voraussetzt, wenn diese Lieferung letztlich nicht bewirkt wird. Schließlich fragte der BFH, ob Art. 186 MwStSystRL, der es den Mitgliedstaaten gestattet, die Einzelheiten der Berichtigung nach Art. 185 MwStSystRL festzulegen, Deutschland dazu berechtigt, in seinem nationalen Recht anzuordnen, dass es erst mit der Rückgewähr der Anzahlung zur Minderung der Bemessungsgrundlage für die Steuer kommt, und dementsprechend Umsatzsteuerschuld und Vorsteuerabzug zeit- sowie bedingungsgleich zu berichtigen sind.

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass für die Beurteilung der Frage, ob die für die Entstehung des Mehrwertsteueranspruchs hinsichtlich der Anzahlung auf eine Leistung und das damit einhergehende Recht auf Vorsteuerabzug erforderliche Gewissheit, dass die angezahlte Leistung bewirkt werden wird, auf den Zeitpunkt der Anzahlung abzustellen ist. In beiden Sachverhalten waren die Gegenstände, die geliefert werden sollten, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kläger ihre Anzahlungen leisteten, klar bezeichnet (insbesondere hinsichtlich Merkmalen und Preis). Der EuGH schließt daraus, dass die maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem jeweiligen Erwerber bekannt angesehen werden konnten und diesen die Lieferung folglich als sicher erschien. Anders als die Bundesregierung meinte, ist es nach dem EuGH-Urteil nicht von Bedeutung, dass der Zeitpunkt der Lieferung des Gegenstands im Zeitpunkt der Anzahlung noch nicht feststand. Das Fehlen dieser Genauigkeit könne die Gewissheit der Lieferung nicht in Frage stellen. Der EuGH schlussfolgert daraus, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht versagt werden durfte.

In seinen weiteren Urteilsgründen fordert der EuGH jedoch auch eine Prüfung, ob die Kläger im Zeitpunkt der Anzahlungen von den Absichten der Vertragspartner, die Lieferung nicht zu bewirken, wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen. Später (also nach dem Zeitpunkt der Anzahlungen) bekannt gewordene Tatsachen, durch die die Gewissheit, dass die angezahlte Leistung erbracht wird, unsicher würde, sind dabei aber nicht zu berücksichtigen.

Weiter hat der EuGH entschieden, dass die Finanzverwaltung in einem Fall, in dem eine Lieferung nach geleisteter Anzahlung nicht erfolgt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vornehmen darf. In diesem Fall könne auch der Leistende die bereits gezahlte Umsatzsteuer von der Verwaltung zurückverlangen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität wird nach dem Urteil dadurch gewahrt, dass der Leistungsempfänger einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Leistenden auf Rückerstattung der Anzahlung habe.

In einem Fall der Zahlungsunfähigkeit des Leistenden, der seinerseits zuvor die MwSt. abgeführt hat (wie in den Ausgangsfällen), kann dieser (mangels Fähigkeit der Zurückzahlung der Anzahlung an den Vertragspartner) keine Berichtigung der MwSt. vornehmen und folglich auch keine Erstattung von der Finanzbehörde verlangen. Zugleich ist es - so der EuGH - für den Leistungsempfänger unverhältnismäßig schwierig oder sogar unmöglich, seinen Anspruch auf Rückzahlung gegenüber dem Leistenden durchzusetzen. In diesem Fall können es nach dem Urteil die Grundsätze der Neutralität und Effektivität gebieten, dass der Leistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung (anstelle vom Leistenden) auch unmittelbar an die Finanzverwaltung richten kann. Im Ergebnis müssten die Leistungsempfänger also (aufgrund der Nichtausführung der Leistung) eine Vorsteuerberichtigung vornehmen, aber in gleicher Höhe einen Erstattungsanspruch gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen. Dies ist für den EuGH offenkundig unangemessen. Gleichwohl stehen nach dem Urteil die Art. 185 und 186 MwStSystRL nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, nach denen die Berichtigung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich einer für die Lieferung eines Gegenstands geleisteten Anzahlung voraussetzt, dass die Anzahlung vom Lieferer zurückgezahlt wird.

Auf die Frage, ob das für den Anzahlenden zuständige Finanzamt dem Anzahlenden die USt im Festsetzungsverfahren oder im Billigkeitsverfahren erstatten muss, musste der EuGH nicht mehr antworten

Praxishinweis

Im Ergebnis hat der EuGH entschieden, dass den Klägern der Vorsteuerabzug aus den geleisteten Anzahlungen für das Streitjahr 2010 nicht versagt werden kann, weil ihnen die versprochenen Blockheizkraftwerke letztlich nicht geliefert wurden und sie damit keine Leistung bezogen hatten. Zwar sind es nach der Systematik des Mehrwertsteuersystems Lieferungen und Dienstleistungen, die der MwSt. unterliegen, und nicht die hierfür geleisteten Zahlungen. Dementsprechend setzt auch der Vorsteuerabzug den tatsächlichen Bezug von Gegenständen oder Dienstleistungen voraus. Der Vorsteuerabzug ist nach dem vorliegenden Urteil aber nicht zu versagen bzw. später zu berichtigen, wenn eine Anzahlung geleistet und vereinnahmt wurde und zum Zeitpunkt der Anzahlung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Erwerber bekannt angesehen werden können und die Lieferung der Gegenstände daher sicher erscheint. Der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung darf jedoch dann versagt werden, wenn anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass der die Anzahlung Leistende zum Zeitpunkt der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die angezahlte Lieferung unsicher war.

Das Urteil bestätigt einerseits die EuGH-Rechtsprechung v. 13.03.2014, Rs. C-107/13, FIRIN. Darin hatte der EuGH klargestellt, dass es sich bei der Besteuerung von Anzahlungen vor Leistungserbringung um eine Ausnahme handelt, die eng ausgelegt werden muss. So sei es erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestandes, d. h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind. So hatte der EuGH auch festgestellt, dass Art. 65 MwStSystRL keine Anwendung finden kann, wenn der Eintritt des Steuertatbestandes zum Zeitpunkt der Anzahlung unsicher ist. Er hatte die Entstehung des Steueranspruchs aus einer Anzahlung in einem Fall u. a. deshalb abgelehnt, weil der Käufer den Vertrag jederzeit einseitig kündigen konnte und aufgrund dieser Kündigungsmöglichkeit nicht sicher war, dass später tatsächlich eine steuerpflichtige Lieferung ausgeführt wird (vgl. EuGH, Urt. v. 21.02.2006, Rs. C-419/02, BUPA Hospitals und Goldsborough Developments). Gemäß Art. 167 MwStSystRL entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug dann, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Maßgebende Vorschrift für die Frage der Entstehung des Anspruchs auf die abziehbare Steuer ist Art. 63 MwStSystRL. Danach treten Steuertatbestand und Steueranspruch grundsätzlich zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Damit knüpft die MwStSystRL erkennbar sowohl für die Entstehung des Steueranspruchs als auch des Rechts auf Vorsteuerabzug an objektive Kriterien an, nämlich die tatsächliche Lieferung von Gegenständen oder tatsächliche Erbringung einer Dienstleistung. Andererseits hat der EuGH nunmehr entschieden, dass es in besonders gelagerten Fällen wie denen des Ausgangsverfahrens für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung auch auf eine subjektive Sicht des Leistungsempfängers ankommen kann.

Die Nichtbewirkung der angezahlten Leistung führt im entschiedenen Fall auch nicht zu einer Pflicht zur späteren Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Nach nationalem Recht ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in diesen Fällen nur erforderlich, wenn der Anzahlende eine Rückzahlung von seinem Vertragspartner (der nicht erfüllt) erhalten hat. Dies ist nach dem vorliegenden Urteil mit dem Unionsrecht vereinbar. Hat der (vermeintlich) Leistende zu Unrecht Umsatzsteur in Rechnung gestellt, und ist es für den (vermeintlichen) Leistungsempfänger unmöglich oder übermäßig schwierig, die Steuer von seinem Vertragspartner zurückzuerhalten, steht dem Leistungsempfänger ein Anspruch auf Erstattung unmittelbar gegen der Finanzbehörde zu. Dies hatte der EuGH bereits so in seinem Urteil v. 15.03.2007, Rs. C-35/05, Reemtsma Cigarettenfabriken, entschieden. Da im Ausgangsverfahren den Klägern ein solcher Anspruch zustand, ist es nach dem vorliegenden Urteil - bezogen auf Fälle wie denen des Ausgangsverfahrens - nicht angemessen, die Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs von vorn herein auf Fälle zu begrenzen, in denen der Anzahlende den Steuerbetrag vom Vertragspartner zurückerhalten hat. Im Ausgangsverfahren wurde der Vertragspartner insolvent und war daher nicht mehr in der Lage, die vereinnahmte Umsatzsteuer wieder an die Kläger zurückzuzahlen. Ist eine Zurückzahlung möglich, kann die im nationalen Recht geregelte Anknüpfung der Vorsteuerberichtigung an diese Rückzahlung nach dem Urteil aber aufrechterhalten werden.

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