BMF zur Steuerentstehung bei Ausstellung einer Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 02.04.2015, IV D 2 - S 7270/12/10001 (2015/0251833)

Praxisproblem

Mit Urteil v. 05.06.2014, XI R 44/12 hatte der BFH entschieden, dass in Fällen, in denen der Leistungserbringer eine berichtigte Rechnung erstellt, weil er (irrtümlich) nachträglich von der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage ausgeht, die in der Nachberechnung unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die berichtigte Rechnung erteilt worden ist. Damit widersprach der BFH der bisher in Abschn. 13.7 Satz 2 und Beispiel 1 niedergelegten Verwaltungsauffassung.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG entsteht die Umsatzsteuer im Fall des § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG entsteht, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Nach dem bisherigen Abschn. 13.7 Satz 2 Beispiel 1 UStAE entsteht die Mehrsteuer auch dann zusammen mit der Steuer für die Leistung, wenn die Rechnung in einem späteren als dem Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung/Vereinnahmung des Entgelts erteilt wird.

Entscheidung

Mit dem BMF-Schreiben v. 02.04.2015, IV D 2 - S 7270/12/10001 (2015/0251833) ist Abschn. 13.7 UStAE neu gefasst worden. Nach dem neu eingefügten Satz 2 und einem neuen Satz 3 gilt:

Weist der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte in einer Rechnung über eine steuerpflichtige Leistung einen höheren Steuerbetrag aus, als der leistende Unternehmer nach dem Gesetz schuldet, entsteht der nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG geschuldete Mehrbetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 zweiter Halbsatz UStG im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Aus Vereinfachungsgründen wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den Mehrbetrag für den Voranmeldungszeitraum anmeldet, mit dessen Ablauf die Steuer für die zu Grunde liegende Leistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG entsteht.

Das Beispiel 1 wurde wie folgt gefasst:

Der Unternehmer U verkauft im Voranmeldungszeitraum Januar 01 einen Rollstuhl (Position 8713 des Zolltarifs) für insgesamt 238 € und weist in der am 02.02.2001 ausgegebenen Rechnung unter Anwendung des Steuersatzes 19 % eine darin enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 38 € gesondert aus. Die gesetzlich geschuldete Steuer in Höhe von 7 % entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 01. Der nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG geschuldete Mehrbetrag entsteht im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung im Februar 01. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die in der Rechnung ausgewiesene Steuer in voller Höhe für den Voranmeldungszeitraum Januar 01 anmeldet.

Praxishinweis

Das BMF-Schreiben setzt die Grundsätze des BFH-Urteils v. 05.06.2014, XI R 44/12 zur Steuerentstehung in § 14c-Fällen um. Die Konsequenzen werden nicht auf reine Nachberechnungsfälle (Fälle, in denen eine bereits erstellte Rechnung berichtigt wird) beschränkt, sondern gelten grundsätzlich. Insoweit ist auf den BFH-Beschluss v. 28.08.2014, V B 28/14 hinzuweisen, in dem der BFH den Grundsatz bestätigt, dass für die Entstehung der Steuerschuld auf die Ausstellung der Rechnung abzustellen ist. Somit entsteht eine nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Rechnung, in der ein überhöhter Steuerbetrag ausgewiesen wird, erteilt worden ist. Aus Praktikabilitätsgründen kann der Leistungserbringer entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung die gesetzlich geschuldete und die zu einem späteren Zeitpunkt unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer weiterhin gleich bei Leistungserbringung, bzw. bei der Istversteuerung im Zeitpunkt der Vereinnahmung, anmelden.