BMF zur Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bei Aufnahme der selbständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einer Vorratsgesellschaft und bei Übernahme eines Firmenmantels (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG)

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 24.04.2015, IV D 3 - S 7346/15/10001

Praxisproblem

Mit dem sog. Zollkodex-Anpassungsgesetz v. 22.12.2014 (BGBl. I 2014, 2417) wurde mit Wirkung vom 01.01.2015 in § 18 Abs. 2 UStG ein neuer Satz 5 angefügt. Danach ist für Voranmeldungszeiträume ab dem 01.01.2015 in folgenden Fällen im laufenden und folgenden Kalenderjahr der Kalendermonat (und nicht das Kalenderquartal) Voranmeldungszeitraum:

  • bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
  • bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.

Die Regelung in § 18 Abs. 2 Satz 5 UStG soll es ermöglichen, etwaige Betrugsgestaltungen so zeitnah wie möglich aufzudecken. Somit muss eine Vorratsgesellschaft für Veranlagungszeiträume ab Januar 2015 im laufenden und folgenden Kalenderjahr ihre Voranmeldungen monatlich abgeben. Bis 31.12.2014 waren eine Vorratsgesellschaft (d.h. nach der Gesetzesdefinition in § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 UStG eine im Handelsregister eingetragene, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesene juristische Person oder Personengesellschaft, die objektiv belegbar die Absicht hat, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben) und ein Unternehmer, der einen sog. Firmenmantel (d.h. nach der Gesetzesdefinition in § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 UStG eine juristische Person oder Personengesellschaft, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen ist und zum Zeitpunkt der Übernahme ruht oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig ist) übernimmt, nicht zur Abgabe von monatlichen Voranmeldungen verpflichtet, wenn sie bzw. er kein Neugründer ist oder die entsprechenden gesetzlichen Betragsgrenzen nicht überschreitet.

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 24.04.2015 ist hierzu in Abschn. 18.7 Abs. 1 UStAE eine Klarstellung vorgenommen worden. Die Verpflichtung zur Abgabe monatlicher Voranmeldungen in Neugründungsfällen besteht für das Jahr der Aufnahme der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit (Neugründungsfälle) und für das folgende Kalenderjahr (§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG). Nach dem BMF-Schreiben gilt dies auch ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung der selbständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einer Vorratsgesellschaft i.S.v. § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 UStG und ab dem Zeitpunkt der Übernahme eines Firmenmantels i.S.v. § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 UStG.

Praxishinweis

Das BMF-Schreiben hebt auf den Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung der selbstständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einer Vorratsgesellschaft ab. Dies ist nicht gleichzusetzen mit dem in Abschn. 2.6 UStAE geregelten Beginn der Unternehmereigenschaft. Diese beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist (Verwendungsabsicht) und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Der Beginn der Unternehmereigenschaft ist somit an die Ernsthaftigkeit von Vorbereitungshandlungen geknüpft. Dieser ist nicht identisch mit dem in § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 UStG maßgeblichen Begriff des Beginns der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit. Vorratsgesellschaften sind im Handelsregister eingetragene, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesene juristische Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben. Damit sind Vorratsgesellschaften bereits als Unternehmer anzusehen.

Ähnlich verhält es sich beim Erwerb von Firmenmänteln. Während sowohl das Datum der Betriebsgründung als auch der tatsächliche Beginn der (geringfügigen) unternehmerischen Tätigkeit in der Vergangenheit liegen, führt die gesetzliche Neuregelung dazu, dass nach dem Mantelkauf der monatliche Abgabezeitraum und somit die Möglichkeit der monatlichen Überwachung durch das Finanzamt neu beginnt.

Das UStG spricht bei Vorratsgesellschaften davon, dass diese objektiv belegbar die Absicht haben müssen, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben, d.h. sich unternehmerisch i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG zu betätigen. Insofern dürften insbesondere die gleichen Kriterien zur Anwendung kommen, wie sie auch für die Nachhaltigkeit in Abschn. 2.3 UStAE gelten. Unter welchen Voraussetzungen ein Firmenmantel nur „geringfügig gewerblich oder beruflich tätig“ ist, wie es in § 18 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 UStG heißt, definiert das Gesetz nicht. Ggf. kann hier in Anlehnung an die Regelung in Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE (geringfügige Verwendung eines Eingangsumsatzes für vorsteuerschädliche Zwecke) davon ausgegangen werden, dass ein Firmenmantel im Zeitpunkt seiner Übernahme nicht mehr als 5 % seines ursprünglichen durchschnittlichen Umsatzes erzielt.