BFH in Kürze

Nachfolgeentscheidung in Sachen VSTR: innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft unter Beteiligung eines im Drittland ansässigen Zwischenerwerbers

BFH, Urt. v. 28.5.2013 – XI R 11/09

In der Rechtssache VStR ging es um ein Reihengeschäft mit einem beteiligten Deutschen (DE) am Anfang der Kette, der die Steuerbefreiung seiner Lieferung begehrte. Erster Abnehmer war ein US-amerikanisches Unternehmen (USA), das ohne USt-IdNr. auftrat und unstreitig für den Warentransport verantwortlich zeichnete. Letzter Abnehmer in der Reihe war ein finnisches Unternehmen (FI), dessen UStIdNr. USA dem Deutschen DE mitteilte. Dieser überprüfte sie qualifiziert und meldete den Umsatz unter dieser UStIdNr. in seiner ZM. Im Streit war die Steuerbefreiung der Lieferung DE an USA, obwohl USA keine UStIdNr. verwendet hatte.

Der BFH hat sowohl die Frage, welcher Lieferbeziehung die Warenbewegung zugeordnet werden kann als auch die Frage, ob ausnahmsweise der Lieferer redlicherweise und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die UStIdNr. des Amerikaners nicht mitteilen konnte und er außerdem Angaben gemacht hat, die hinreichend belegen, dass der Amerikaner als Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem Lieferumsatz als solcher gehandelt hat, zur weiteren Entscheidung an das FG zurück verwiesen.

Von Bedeutung könnte die Entscheidung des XI. Senats insoweit sein, als er hinsichtlich der Frage, welcher Lieferbeziehung die Warenbewegung zuzuordnen ist, in Rz. 63 wörtlich ausführt: „Deshalb kann die Rechtsprechung im BFH-Urteil (v. 11.8.2011 – V R 3/10) nicht mehr aufrecht erhalten werden.“ Nach dieser Entscheidung – so auch der XI. Senat in Rz. 60 seines Urteils – wäre im vorliegenden Fall die Warenbewegung unzweifelhaft der Lieferbeziehung USA an FI zuzuordnen gewesen. Der XI. Senat lehnt eine Divergenzanfrage nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO beim V. Senat ab, da er ausdrücklich die Aussagen des EuGH in der Rs. VStR in diesem Sinne verstehen will.

Zahlung eines Minderwertausgleich wegen Schäden am Leasingfahrzeug nicht steuerbarer Schadenersatz

BFH, Urt. v. 20.3.2013  XI R 6/11

Gegen die Auffassung der Verwaltung in Abschn. 1.3 Abs. 17 Satz 2 UStAE beurteilt der BFH die Ausgleichszahlung für den durch nicht vertragsgemäße Nutzung entstandenen Minderwert eines Leasingfahrzeugs durch den Leasingnehmer an den Leasinggeber als nicht steuerbaren Schadenersatz. Im vorliegenden Fall verleaste die Klägerin Geschäftsfahrzeuge und verpflichtete ihre Kunden vertraglich, das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit in einem dem Alter und vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher zurückzugeben. Für den Fall, dass das zurückgegebene Fahrzeug diesem vereinbarten Zustand nicht entsprach, musste der Leasingnehmer einen sog. Minderwertausgleich zahlen. Im Streit war, ob dieser Minderwertausgleich als eine leasingtypische Gegenleistung für die Überlassung des Leasinggegenstandes und damit als Leistungsentgelt des Leasinggebers anzusehen war. Der BFH verneinte so wie das FG den für einen Leistungsaustausch erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leasingleistung und Minderwertausgleich. Dem Minderwertausgleich stehe objektiv keine eigenständige Leistung des Leasinggebers gegenüber. Der BFH folgte damit der Rechtsprechung des BGH (z.B. BGH, Urt. v. 18.5.2011 – XIII ZR 260/10).

Steuerfreiheit für Berufsbetreuer

BFH, Urt. v. 25.4.2013 – V R 7/11

In Umsetzung der EuGH-Entscheidung in Sachen Zimmermann (EuGH, Urt. v. 12.1.2010 – Rs. C-174/11 – Zimmermann) hat der BFH die Leistungen gerichtlich gestellter Berufsbetreuer unter Hinweis auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei gestellt. Der BFH kommt wie der EuGH zu dem Ergebnis, dass die von einem gerichtlich bestellten Berufsbetreuer gem. § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen darstellen. Darüber hinaus sei der gerichtlich bestellte Berufsbetreuer die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL geforderte anerkannte Einrichtung. Dies ergebe sich aus seiner gerichtlichen Bestellung, aus der dem Gemeinwohlinteresse bestehenden Leistung und aus dem Erfordernis als gleichartige Leistung zu den durch Betreuungsvereine und sog. Vereinsbetreuer erbrachter Tätigkeiten.

Der Gesetzgeber hat durch eine Änderung von § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG durch das Amtshilfe-RLUmsG bereits auf das EuGH-Urteil reagiert.

Keine Tatbestandswirkung durch Entscheidungen ausländischer Behörden

BFH, Beschl. v. 28.5.2013 – V B 51/12

Der BFH stellt klar, dass Entscheidungen ausländischer Behörden für die Besteuerung im Inland keine Tatbestandwirkung zukommt. Betroffen war die Entscheidung eines deutschen Finanzgerichtes, das von im Inland steuerpflichtigen Lieferungen ausgegangen ist. Dem gegenüber hatten die Steuerbehörden in Luxemburg die vom Kläger in Luxemburg abgegebenen Steuererklärungen akzeptiert und die im Streit befindlichen Lieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen aus Luxemburg in das Inland bewertet. Der BFH sah hierin keinen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz, den Territorialitätsgrundsatz und das Verbot der Doppelbesteuerung. Inländische Behörden und Gerichte seien nicht an die Auslegung des Unionsrechts durch ausländische Behörden gebunden. Ein Verstoß gegen den Territorialitätsgrundsatz käme nur dann in Betracht, wenn das inländische Finanzgericht einen seiner Auffassung nach in Luxemburg steuerpflichtigen Vorgang im Inland steuerpflichtig machen würde; ein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz wie auch den Grundsatz der Doppelbesteuerung käme nur in Betracht, wenn die Leistung sowohl im Ausland als auch im Inland steuerpflichtig wäre.