Ermäßigter Steuersatz auch für Verpflegungsumsätze im Zusammenhang mit Übernachtung

FG München, Beschl. v. 12.11.2012, 2 V 2192/12

Praxisproblem

Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz  v. 22.12.2009 (BGBl. I 2009, 3950) wurde mit Wirkung zum 1.1.2010 § 12 Abs. 2 UStG um eine neue Nr. 11 ergänzt. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Satz 2 schließt dies ausdrücklich für Leistungen aus, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind. Obwohl nach der Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. BT-Drs. 17/15, 17/147) ausdrücklich die Steuersatzermäßigung auf die reinen Beherbergungsleistungen beschränkt werden und insbesondere das Frühstück – auch soweit es als Nebenleistung qualifiziert werden kann – weiterhin dem Regelsteuersatz unterliegen sollte, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob nicht die unionsrechtlichen Vorgaben zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zu einem Aufteilungsverbot qualifizierter unselbständiger Nebenleistungen zur Hauptleistung führen müssen. In einem AdV-Verfahren hat das FG München im Wege einer überschlägigen Prüfung zu dieser Frage Stellung genommen.

Sachverhalt

Im Streit waren Verpflegungsleistungen eines Hotels im Zusammenhang mit Übernachtungsleistungen. Die Antragstellerin erzielte steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb von Hotels und bot hierbei Übernachtungen nebst Verpflegungsleistungen wie Halb- und Vollpension sowie „All-Inclusive“ an. Während die Antragstellerin in der Umsatzsteuererklärung 2010 sowohl die Übernachtungsleistungen als auch die damit zusammenhängenden Verpflegungsumsätze dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG unterwarf, setzte das Finanzamt für die Verpflegungsleistungen den Steuersatz mit 19 v.H. an.

Entscheidung

Im Rahmen eines beim FG München gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung bestehen für das FG München ernstliche Zweifel, ob mit Übernachtungsleistungen zusammenhängende Verpflegungsleistungen eines Hotelbetriebs dem Regelsteuersatz unterliegen, wenn sie als unselbständige Nebenleistungen zu den Übernachtungsleistungen zu bewerten sind. Das FG München weist dazu auf die noch nicht abschließend geklärte Beurteilung dieser Rechtsfrage durch den BFH hin. Auch die Finanzgerichte (FG Mecklenburg- Vorpommern, Urt. v. 26.5.2011 – 2 K 416/09, Rev. BFH V R 25/11: ermäßigter Steuersatz auch für Verpflegungsleistungen, wenn unselbständige Nebenleistung zur Übernachtung; Sächsisches FG, Urt. v. 14.12.2010 – 3 K 1116/10: Verpflegungsleistung Regelsteuersatz ungeachtet dessen, ob unselbständige Nebenleistung, Rev. BFH XI R 35/11) seien uneinheitlich in der Beantwortung dieser Rechtsfrage. Schließlich müsse auch unter Beachtung des Unionsrechts in der Interpretation des EuGH und dem zur Anwendung kommenden Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung ernsthaft zweifelhaft sein, ob eine Verpflegungsleistung als unselbständige Nebenleistung zu Übernachtungsumsätzen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG als nicht unmittelbar der Vermietung dienend ausgelegt werden darf.

Praxishinweis

Zu beachten ist, dass die vom FG München geäußerten ernstlichen Zweifel noch keinerlei Aussage hinsichtlich der Entscheidung im Hauptsacheverfahren haben. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides – und hierauf hat das FG München ausdrücklich hingewiesen – sind auch dann gegeben, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe gewichtige, gegen sie sprechende, zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen. Ein Obsiegen im Aussetzungsverfahren setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen.