Abgrenzung – Werklieferung – Werkleistung

BMF, Schr. v. 12.12. 2012 – Az. IV D 2 – S 7112/11/10001 DOK 2012/1128366.

Nach wie vor ungelöst ist in der Praxis die Abgrenzung zwischen Werklieferungen und Werkleistungen, trotz gravierender steuerlicher Auswirkungen. So bestimmt sich der Ort der Werklieferung in Abhängigkeit davon, ob sich die Werklieferung auf einen beweglichen oder unbeweglichen Gegenstand bezieht, entweder nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG (Art. 32 MwStSystRL) – Ort, dort, wo die Warenbewegung beginnt – oder nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG (Art. 31, 36 MwStSytRL) – Ort, dort, wo die Verfügungsmacht an dem fertigen Werk (montierten oder installierten Werk) verschafft wird. Für die Werkleistungen als Unterart der Dienstleistung gilt dagegen alleine das Bestimmungsortprinzip, § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG (Art. 44 MwStSystRL). Der Ort einer Werkleistung liegt dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt, unabhängig vom tatsächlichen Ort der Tätigkeit. Dies gilt zumindest immer dann, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Leistung für sein Unternehmen empfangen hat (sog. B2B-Umsatz). Weiterhin lösen nur Werkleistungen die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a iVm § 7 UStG (Art. 146 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) aus, verlangen also insbesondere eine Einführung des lohnverar beiteten Gegenstandes zum Zwecke der Lohnverarbeitung mit anschließender Ausfuhr in ein Drittland. Werklieferungen an beweglichen Gegenständen dagegen lösen bereits dann die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG iVm § 6 Abs. 1 UStG aus, wenn der betreffende (Werk-)Gegenstand in ein Drittland ausgeführt wird. Durch das BMF-Schr. v. 12.12. 2012 hat die Verwaltung Abschn. 3.8 UStAE um einen neuen Abs. 6 ergänzt und gleichzeitig den bisherigen Abschn. 7.4 Abs. 2 UStAE ersatzlos aufgehoben. Sie dehnt jetzt die bisherige Vereinfachungsregelung der Abgrenzung anhand des Verhältnisses der Wertanteile auf alle Reparaturleistungen an beweglichen körperlichen Gegenständen – unabhängig, ob ausgeführt oder nicht – aus. Sie will damit der Problematik einer auf der Basis der EuGH- und BFH-Rspr. nur sehr schwer möglichen zweifelsfreien Abgrenzung Rechnung tragen. Allerdings darf die Abgrenzung anhand der Wertanteile stets nur nachrangig erfolgen. Vorrangig ist anhand der allgemeinen Kriterien – Gesamtbetrachtung, Wesen des Umsatzes, Durchschnittsverbraucher – zu prüfen, ob der Schwerpunkt der Leistung nicht zweifelsfrei eine einheitliche Dienstleistung oder eine einheitliche Werklieferung markiert. Die Qualifizierung der werkvertraglichen Leistung auf der Basis der Wertanteile gilt sowohl für die vereinfachte Annahme einer Werkleistung (Dienstleistungsanteil mehr als 50% des Gesamtentgelts) als auch für die vereinfachte Annahme einer Werklieferung (Entgeltanteil für verwendetes Material mehr als 50% des Gesamtentgelts), allerdings ausdrücklich weiterhin nur beschränkt auf „Reparaturleistungen“. Die neue Verwaltungsanweisung gilt nur für nach dem 31.12. 2012 ausgeführte Leistungen. Umsätze bis zum 01. 01. 2013 sind weiterhin anhand der vormaligen Regelung in Abschn. 7.4 Abs. 2 UStAE zu beurteilen.