Neuregelung des Reverse-Charge-Verfahrens bei Lieferungen von Metallen nach dem Zollkodex-Anpassungsgesetz

Der Bundestag hat am 04.12.2014 das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (sog. Zollkodex-Anpassungsgesetz) angenommen; der Bundesrat hat am 19.12.2014 zugestimmt. Das Gesetz ist am 30.12.2014 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. I 2014, 2417). Auf der Grundlage dieses Gesetzes wird die gerade erst durch das sog. Kroatiengesetz mit Wirkung v. 01.10.2014 eingeführte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Lieferungen von Metallen ab 01.01.2015 bereits wieder verändert.

Neufassung § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG

§ 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG wurde wie folgt neu gefasst (diese Neuregelung ist am 01.01.2015 in Kraft getreten):

„11.     Lieferungen der in der Anlage 4 bezeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 Euro beträgt; nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben dabei unberücksichtigt.“

Der mit Wirkung vom 01.10.2014 durch § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG erweiterte Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets wurde (zusammen mit der Neufassung der Anlage 4 zum UStG – s.u.) somit durch den Gesetzgeber wieder eingeschränkt.

Hiermit sollen praktische Probleme im Zusammenhang mit der ursprünglichen Regelung vermieden werden. Diese konnten sich ergeben, wenn entsprechende Metalle u.a. von Einzelhändlern an Abnehmer veräußert werden, über deren Status als Unternehmer sich der liefernde Unternehmer jedoch nur aufwändig informieren kann. Zudem sehen viele Kassensysteme keine Möglichkeit der Rechnungslegung ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis vor. Barzahlungen werden somit erschwert.

Um diesen praktischen Problemen zu begegnen, wurde entsprechend der bereits bestehenden Regelung in § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG zum Reverse-Charge-Verfahren bei Lieferungen von Mobilfunkgeräten auch bei Lieferungen von in der Anlage 4 zum UStG genannten Metallen Voraussetzung für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens, dass die Summe der für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zu stellenden Bemessungsgrundlagen mindestens 5.000 Euro beträgt.

Hinweis

Abzustellen ist dabei auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände der genannten Art, um Manipulationen z.B. durch Aufspalten der Rechnungsbeträge zu unterbinden.

Neufassung der Anlage 4 zum UStG

Die ebenfalls m.W. vom 01.10.2014 durch das Kroatiengesetz eingeführte neue Anlage 4 zum UStG wurde m.W. vom 01.01.2015 gestrafft. Die Anlage 4 (zu § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG) hat jetzt folgenden neuen Wortlaut:

„Liste der Gegenstände, für deren Lieferung der Leistungsempfänger die Steuer schuldet

Laufende Nummer

Warenbezeichnung

Zolltarif (Kapitel, Position, Unterposition)

1

Silber, in Rohform oder als Halbzeug oder Pulver; Silberplattierungen auf unedlen Metallen, in Rohform oder als Halbzeug



Positionen 7106 und 7107

2

Platin, in Rohform oder als Halbzeug oder Pulver; Platinplattierungen auf unedlen Metallen, auf Silber oder auf Gold, in Rohform oder als Halbzeug


Position 7110 und
Unterposition 7111 00 00

3

Roheisen oder Spiegeleisen, in Masseln, Blöcken oder anderen Rohformen; Körner und Pulver aus Roheisen oder Spiegeleisen; massive stranggegossene, nur vorgewalzte oder vorgeschmiedete Erzeugnisse

Positionen 7201, 7205 und 7206; aus Position 7207; Positionen 7218 und 7224

4

Nicht raffiniertes Kupfer und Kupferanoden zum elektrolytischen Raffinieren; raffiniertes Kupfer und Kupferlegierungen, in Rohform; Kupfervorlegierungen; Pulver und Flitter aus Kupfer



Positionen 7402, 7403, 7405 und 7406

5

Nickelmatte, Nickeloxidsinter und andere Zwischenerzeugnisse der Nickelmetallurgie; Nickel in Rohform; Pulver und Flitter, aus Nickel



Positionen 7501, 7502 und 7504

6

Aluminium in Rohform; Pulver und Flitter, aus Aluminium

Positionen 7601 und 7603

7

Blei in Rohform; Pulver und Flitter, aus Blei

Position 7801; aus Position 7804

8

Zink in Rohform; Staub, Pulver und Flitter, aus Zink

Positionen 7901 und 7903

9

Zinn in Rohform

Position 8001

10

Andere unedle Metalle in Rohform oder als Pulver

aus Positionen 8101 bis 8112

11

Cermets in Rohform

Unterposition 8113 00 20“

Die Anlage 4 enthält die Gegenstände, für deren Lieferungen der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 und Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz UStG Steuerschuldner wird, wenn er ein Unternehmer ist. Es handelt sich hierbei um edle und unedle Metalle sowie Cermets.

Hinweis

Selen, Draht, Bänder, Folien, Bleche und andere flachgewalzte Erzeugnisse, Profile sowie Stangen (Stäbe) sind (im Gegensatz zur Fassung v. 01.10.2014) nicht mehr in der Anlage 4 enthalten. Selen ist lediglich ein Halbmetall.

Bei Draht, Bändern, Folien, Blechen und anderen flachgewalzten Erzeugnissen, Profilen sowie Stangen (Stäben) ergaben sich zum einen Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis, zum anderen sind sie neben dem gewerblichen Einsatz auch oftmals für den Endverbrauch geeignet. Der Zolltarif unterscheidet aber nicht, ob die genannten Gegenstände für den Endverbrauch geeignet oder aufgemacht sind.

Unionsrechtlich ist nach Art. 199a Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers aber nur für Gegenstände zulässig, die an Unternehmer geliefert werden. Zudem muss es sich um Rohmetalle, Metallhalberzeugnisse oder Edelmetalle handeln.

Bei dem in der bisherigen Nr. 2 der Anlage 4 enthaltenen Gold lag ein Konkurrenzverhältnis zu dem bereits unter die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers fallenden Gold mit einem Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel (§ 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG) vor. Dieses Konkurrenzverhältnis wurde durch Streichung der bisherigen Nr. 2 der Anlage 4 aufgelöst.

Mit BMF-Schreiben v. 26.09.2014 (BStBl. I 2014, 1297) war für Lieferungen von Edelmetallen, die in der Zeit vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 ausgeführt werden, mit Blick auf die Anwendungsprobleme in der Praxis eine Übergangsregelung getroffen worden. Danach beanstandet die Verwaltung es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgehen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.

Mit Blick auf die Neufassung von § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG und der dazugehörigen Anlage 4 ist diese Übergangsregelung durch das BMF-Schreiben v. 05.12.2014 (IV D 3 – S 7279/14/10002) noch einmal verlängert worden bis zum 30.06.2015. Danach gilt: Bei Lieferungen von Edelmetallen (mit Ausnahme der Lieferungen von Gold, soweit sie bereits vor dem 01.10.2014 unter § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG fielen), unedlen Metallen, Selen und Cermets, die nach dem 30.09.2014 und vor dem 01.07.2015 ausgeführt werden, ist es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird. Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 30.09.2014 und vor dem 01.07.2015 vereinnahmt und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird.