BFH in Kürze

Steuerfreiheit eines Altenwohnheims
BFH, Urt. v.19.3.2013, XI R 45/10

Die mit dem Betrieb eines gewerblichen Altenwohnheims eng verbundenen Umsätze sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG unter anderem dann umsatzsteuerfrei, wenn im voran­gegangenen Kalenderjahr mindestens 40% der Leistungen Kranken und behinderten Menschen zugutegekommen sind, die in einem vom Gesetz näher bestimmten Maß der Hilfe bedürfen. Für den BFH reicht hierfür eine einfache Pflegebedürftigkeit iSv § 68 Abs. 1 BSHG aus. Die Anerkennung einer Pflegestufe stellt keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung dar. Darüber hinaus weist der BFH in seinem Urteil darauf hin, dass sich unabhängig von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG iVm § 68 Abs. 1 BSHG eine Steuerbefreiung unmittelbar aus Unionsrecht ergeben kann.

BFH, Urt. v. 24.4.2013 – XI R 9/11

Der BFH stellt klar, dass ein Berufen auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts zugunsten des Steuerpflichtigen – hier Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung – unmittelbare Folgewirkungen auf die Veräußerung des Gegenstandes, mit dem die steuerbefreiten Umsätze getätigt worden sind – hier steuerfrei gem. § 4 Nr. 28 UStG – und damit auch für den nicht zu gewährenden Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger des steuerfrei veräußerten Gegenstandes hat.

Betroffen war ein Automatenaufsteller, der seine Automatenumsätze unter Anwendung der unionsrechtlichen Steuerbefreiung aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfrei behandelte, beim Verkauf des Automaten zurück an den Automatenverkäufer aber Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt hat. Die Rechnungserstellung – vorliegend in Form einer Gutschrift – erfolgte zeitlich, bevor der Automatenaufsteller unter Berufung auf das maßgebliche EuGH Urteil in Sachen Linneweber (EuGH, Urt. v. 17.5.2005 – Rs. C-453/02 – Linneweber und Akritidis) seine Automatenumsätze steuerfrei stellte.

Für den BFH kam es im Hinblick auf den streitgegenständlichen Vorsteuerabzug seitens des Automatenverkäufers als Rückkäufer lediglich darauf an, dass der Automatenaufsteller keine „gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer“ in Rechnung gestellt habe. Der Vorsteuerabzug sei rückwirkend zu versagen, da die durch die Steuerbefreiung der Automatenumsätze ausgelöste Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 28 UStG ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstelle.