Haftung des Abtretungsempfängers für Umsatzsteuer bei Forderungsabtretung durch Globalzession

BFH, Urt. v. 20.3.2013 – XI R 11/12

Praxisproblem

Durch das SteuerÄndG 2003 ist mit Wirkung zum 1.1.2004 das Umsatzsteuergesetz durch § 13c UStG ergänzt worden. Unter den dort genannten Voraussetzungen wird ein Haftungs­tat­be­stand eingeführt, wenn ein Unternehmer eine Kundenforderung abtritt, der Ab­tre­tungs­empfänger die Forderung einzieht und der die Forderung Abtretende die der abgetretenen Forderung zugrunde liegende Umsatzsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet hat. Auslöser dieser Gesetzesänderung war die Feststellung des Bun­des­rech­nungs­hof­es, dass es in den Fällen einer Globalzession in der Praxis zu erheblichen Steuerausfällen kam, weil die abzuführende Umsatzsteuer bei der Globalzession nicht auf den neuen Forderungsinhaber übergeht.

Der BFH musste sich mit der Frage beschäftigen, ob die Haftungsnorm des § 13c UStG auch die Globalzession umfasst und auch in den Fällen der Forderungseinziehung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter des Abtretenden und der Erlösweiterleitung an den Abtretungsempfänger zur Anwendung kommen kann.

Sachverhalt

Mit Globalsicherungsvertrag hatte die A-GmbH (Sicherungsgeberin) der B-GmbH als Sicherungsnehmerin alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen abgetreten. Die A-GmbH wurde ermächtigt, die Forderungen im eigenen Namen einzuziehen. Ca. 1 Jahr später kündigte die B-GmbH die gesamte Ge­schäfts­be­ziehung fristlos und forderte die A-GmbH zur Zahlung auf. Sie widerrief hinsichtlich der abgetretenen Forderungen die Einziehungsermächtigungen der A-GmbH. Einige Zeit später stellte die A-GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens; das Amtsgericht ordnete die vorläufige Insolvenzverwaltung an. In dem Beschluss des Amtsgerichts hieß es weiter, dass den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldner) verboten wird, an die Schuldnerin (A-GmbH) zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter zog bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausstehende und fällige Forderungen zzgl. Umsatzsteuer ein, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden waren. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss der vorläufige Insolvenzverwalter mit der B-GmbH eine „Vereinbarung“. Diese umfasste zur Abgeltung der der Globalzession zugrunde liegenden Absonderungsrechte eine Zahlungsverpflichtung von 250.000 €. Der Insolvenzverwalter überwies in zwei Teilbeträgen jeweils 125.000 € an die B-GmbH. Im Streit ist die Haftung der B-GmbH (Klägerin) gem. § 191 AO iVm § 13c UStG als Abtretungsempfängerin für Umsatzsteuerschulden ihres Kreditnehmers, der A-GmbH. Das zuständige Finanzamt betrachtete die vereinnahmte Zahlung in Höhe von 250.000 € nach Abzug eines Anteils für Warenbestand und Maschinenpark als vereinnahmte abgetretene Forderung iSd § 13c UStG (102.548,27 €), aus dem es die Umsatzsteuer in Höhe von 19% (16.373,26 €) herausrechnete und als Haftungsbetrag gegenüber der B-GmbH festsetzte.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat die B-GmbH (Klägerin) als Abtretungsempfängerin die ihr von der A-GmbH abgetretenen Forderungen über 102.548,27 € einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer in Höhe von 16.373,26 € vereinnahmt. Ausreichend für die Begründung des Haftungstatbestandes des § 13c UStG ist auch eine Globalzession als eine Vereinbarung der Abtretung über zukünftige Forderungen. § 13c UStG enthalte auch aus seiner Entstehungsgeschichte keine Einschränkungen hinsichtlich der Art der Abtretung. Die B-GmbH hat auch die ihr von der A-GmbH abgetretenen Forderungen in Höhe von 102.548,27 € brutto vereinnahmt. Eine Vereinnahmung i.S.d. § 13c UStG liegt nach Auffassung des BFH unter den gleichen Voraussetzungen vor wie sie allgemein im Rahmen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG oder § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG gelten. Vereinnahmung bedeutet also Zahlungserhalt aus der abgetretenen Forderung. Unbeachtlich ist für den BFH, dass die Vereinnahmung nicht unmittelbar durch den Forderungsinhaber erfolgt sei, sondern die Forderung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter eingezogen wurde. Die Einziehung der Forderung durch den Abtretungsempfänger sei nur der Regelfall, der weit gefasste Gesetzeswortlaut umfasse aber auch die Fälle, in denen der Ab­tre­tungs­em­pfänger die vereinnahmten Beträge – auch ohne eigene Einziehung – mittelbar ver­ein­nahmt habe.

Des Weiteren stellt der BFH klar, dass der vereinnahmte Betrag die Umsatzsteuer beinhaltet habe. Es sei unzulässig, durch eine zivilrechtliche Vereinbarung die Abtretung der Forderung auf einen Nettobetrag zu beschränken.

Schließlich war es für den BFH auch unbeachtlich, dass im Streitfall eine sog. stille Zession vorgelegen hat.

Praxishinweis

Der BFH bestätigt damit die Auffassung der Verwaltung in Abschn. 13c.1 Abs. 19 Satz 1 UStAE. Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urt. v.26.6.2003 – Rs. C- 305/01 – MKG, BStBl. II 2004, 688) auch in den Fällen des sog. echten Factorings der Abtretungsempfänger wegen seiner Leistung an den Abtretenden (Befreiung von der Verpflichtung von der Einziehung) Unternehmer ist. Trotz der Leistungsumkehrung liegt zivilrechtlich eine Abtretung vor, sodass wegen der Forderungsabtretung von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer die Haftung des Factors über § 13c UStG begründet wird.