BMF zur Abgrenzung von Schwimmbädern

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 07.07.2015, III C 2 - S 7243/07/10002-03 (2015/0594610)

Praxisproblem

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze. Diese Vorschrift beruht auf Art. 98 Abs. 2 Satz 1 Abs. 3 i.V.m. Anhang III Kategorie 14 MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten das Überlassen von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Nach Ergehen des BFH-Urteils v. 28.08.2014, V R 24/13, BStBl II 2015, 194 konnten sich in der Praxis Fragen ergeben, wie zwischen einer steuerermäßigten Nutzung eines Schwimmbads und einer normal besteuerten Nutzung eines Spaßbads abzugrenzen ist. Die meisten neueren Schwimmbäder hätten wohl nur schwer unter die Definition eines Sportbades im Sinne des BFH-Urteils subsumiert werden können (tatsächlich abgegrenzte Bahnen, Startblöcke, gewisse Tiefe und Länge der Schwimmbahnen). Denkbar wäre eine Auslegung gewesen, nach der das Sportschwimmen im Ergebnis lediglich als Nebenleistung zum Spaßschwimmen anzusehen ist und der Eintritt insgesamt nicht als Überlassung einer Sportstätte angesehen und damit nicht ermäßigt besteuert werden könnte. Der BFH hatte entschieden, die Verabreichung eines Starksolebades (Floating) sei keine Verabreichung eines Heilbades, wenn diese nicht für therapeutische Zwecke erfolge. Mit der entgeltlichen Überlassung von Starksolebädern werde auch kein mit dem Betrieb eines Schwimmbades verbundener Umsatz i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 1 UStG getätigt. Der nationale Begriff Schwimmbad sei richtlinienkonform im Sinne einer Sportanlage auszulegen (Unterteilung in Schwimmbahnen, Ausstattung mit Startblöcken).

Neue Verwaltungsauffassung

Mit dem BMF-Schreiben vom 07.07.2015, III C 2 - S 7243/07/10002-03 (2015/0594610) ist Abschn. 12.11 Abs. 1 UStAE mit einer Definition des Schwimmbads für Zwecke der Steuerermäßigung ergänzt worden. Ein Schwimmbad i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG muss danach dazu bestimmt und geeignet sein, eine Gelegenheit zum Schwimmen zu bieten. Dies setzt voraus, dass insbesondere die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ermöglichen. Die sportliche Betätigung muss nicht auf einem bestimmten Niveau oder in einer bestimmten Art und Weise, etwa regelmäßig oder organisiert oder im Hinblick auf die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen, ausgeübt werden.

Praxishinweis

Die Neuregelung beinhaltet eine weite Auslegung des Begriffs des Schwimmbads. Es reicht grundsätzlich aus, wenn insbesondere die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ermöglichen. Eine allgemeine Festlegung zur Frage der Einheitlichkeit der Leistung bei Schwimmbad und Sauna enthält das BMF-Schreiben nicht, wohl weil geeignete, allgemein gültige Abgrenzungskriterien kaum definiert werden könnten.

Eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nummer 9 UStG kann in Betracht kommen, wenn für eine der in Abschn. 12.11 Abs. 3 Satz 6 und 7 UStAE genannten Maßnahmen im Einzelfall eine ärztliche Verordnung vorliegt und für die Leistung keine Steuerbefreiung eingreift.

Nach Abschn. 12.11 Abs. 1 Satz 5 (neu) UStAE scheidet die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG aus, wenn die Überlassung des Schwimmbads eine unselbstständige Nebenleistung zu einer nicht begünstigten Hauptleistung ist. Das ist nach Abschn. 12.11 Abs. 1 Satz 6 (neu) UStAE z.B. der Fall, wenn in einem Sport- und Freizeitzentrum außer einem Schwimmbad weitere, nicht begünstigte Einrichtungen im Rahmen einer eigenständigen Leistung besonderer Art überlassen werden. Dazu wird nunmehr zwar nur noch auf das BFH-Urteil v. 08.09.1994, V R 88/92, BStBl II 1994, 959, und nicht mehr auch auf das Urteil v. 28.09.2000, V R 14, 15/99, BStBl II 2001, 78 verwiesen, das im entschiedenen Fall eines Sportzentrums, in dem gegen ein Pauschalentgelt auch die Nutzung einer Sauna gestattet war, keine begünstige Verabreichung von Heilbädern erkannte.

Für die Fälle eines einheitlichen Eintrittspreises für ein Schwimmbad und eine Sauna könnte diese Rechtsprechung des BFH zu den Leistungen von Sport- und Freizeitzentren gleichwohl einschlägig sein. Danach erbringt der Betreiber eines Sportzentrums, der den Besuchern gegen ein Pauschalentgelt die Möglichkeit eröffnet, sowohl die Sportanlagen als auch die Sauna zu nutzen, eine Leistung eigener Art. Zur Begründung hatte der BFH in diesen Fällen ausgeführt, dass der Betreiber mit einer solchen Leistung dem Empfänger das Recht zuwendet, die Einrichtungen und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten in der Gesamtheit in Anspruch zu nehmen. In den damaligen Fällen von Fitness-Centern hatte der BFH diese Leistung eigener Art nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 9 Alternative 2 UStG („Verabreichung von Heilbädern“) subsumiert, weil die einheitliche Leistung den Rahmen dieser Norm überschreite. Dies könnte auch bezüglich des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Alternative 1 UStG gelten, soweit ein Betreiber den Eintritt sowohl zu einem Schwimmbad als auch zu einer Sauna gegen einen Pauschalpreis gewährt – auch wenn der alleinige Betrieb des Schwimmbads unter diese Steuerermäßigung fallen würde.

In diesem Zusammenhang ist auch auf das bislang nicht amtlich veröffentlichte BFH-Urteil v. 05.06.2014, V R 19/13 hinzuweisen, nach dem die Erteilung von Schwimmunterricht durch den Betreiber eines Schwimmbades entgegen Abschn. 12.11 Abs. 1 Nr. 3 UStAE kein eng mit dem Betrieb eines Schwimmbades verbundener Umsatz ist.

Insgesamt ist nach dem BMF-Schreiben jeweils in einer Gesamtschau zu beurteilen, ob die Einrichtung zum Schwimmen geeignet und bestimmt ist (und damit steuerermäßigte Umsätze erbringen kann) oder ob sie lediglich der Erholung dient. Der Begriff des Schwimmbades ist wie bisher schon dann erfüllt, wenn insbesondere die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen ermöglichen und wenn der Zweck der Einrichtung auch darin besteht, eine entgeltliche Schwimmgelegenheit zu verschaffen.