BMF bestimmt Abgrenzungskriterien für 19%ige Restaurationsleistung im Verhältnis zu 7%iger Essenslieferung

BMF, Schr. v.  20.03.2013 – IV D 2-S7100/07/10050-04, DOK

Die Abgabe von Speisen und Getränken kann entweder eine steuersatzbegünstigte Lieferung (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG iVm Anlage 2) oder eine regelbesteuerte sonstige Leistung (§ 12 Abs. 1 UStG) sein. Die bisherige Verwaltungsauffassung basierte auf dem BMF-Schr. v. 16.10.2008 (IV B 8-S7100/07/10050, DOK 2008/0541679) und setzte vor allem die neue EuGH-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 10.3.2011 – Rs. C-497/09 u.a. - Manfred Bog u.a.) sowie die hierauf fußende Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urt. v. 8.6.2011 – XI R 37/08; BFH, Urt. v. 12.10.2011 – V R 66/09) um. Hierzu wird Abschn. 3.6 UStAE völlig neu gefasst.

Die neue Verwaltungsanweisung berücksichtigt zusätzlich die bisher von der Rechtsprechung nicht mit einbezogene unmittelbar geltende Unionsvorschrift des Art. 6 der VO (EU) Nr. 282/11 v. 15.3.2011. Danach gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen mit oder ohne Beförderung so lange als steuersatzbegünstigte Lieferung, wie keine anderen ausreichend unterstützenden Dienstleistungen hinzutreten, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Leistung als Dienstleistung qualifizieren.

In Umsetzung dieser Vorgaben kommt es nicht mehr länger –wie vom EuGH und BFH für die Altfälle entschieden – darauf an, ob die Speisenzubereitung im Rahmen einer standardisierten oder individuellen Zubereitung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers erfolgt. Die umsatzsteuerliche Einordnung der Leistung als Lieferung oder Dienstleistung setzt erst mit Hinzutreten weiterer unterstützender Dienstleistungen an, die auf die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen folgen.

Eine steuersatzbegünstigte Lieferung bei der Abgabe von Speisen zum Verzehr liegt danach vor, wenn:

  • die zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen  ohne andere unterstützende Dienstleistungen nur abgegeben werden;
  • die Sicherstellung der Verzehrfähigkeit während des Transportes z.B. durch Warmhaltebehältnisse, sowie ein fester Zeitpunkt für die Übergabe der Speisen als unselbständiger Teil der Beförderung vereinbart sind;
  • die Beförderung zum Zweck der Abgabe für die Leistungsbeurteilung unbeachtlich ist.
  • die Waren aus Verkaufsautomaten abgegeben werden

Eine nicht steuersatzbegünstigte Dienstleistung liegt dagegen dann vor, wenn zu der Abgabe der Speisen weitere unterstützende Dienstleistungen hinzutreten und diese Dienstleistungen qualitativ das Gesamtbild des Umsatzes als Dienstleistungsumsatz qualifizieren. Die Beurteilung erfolgt aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und steht somit in Abhängigkeit von den jeweiligen verschiedenen Leistungsempfängern. Grundsätzlich entscheidend ist stets, ob eine die Bewirtung fördernde Infrastruktur seitens des Leistenden bereitgestellt wird.

Von einer solchen Infrastruktur ist dann auszugehen, wenn durch die Bereitstellung von Vorrichtungen der bestimmungsgemäße Verzehr der Speisen und Getränke an Ort und Stelle gefördert werden soll. Hierzu zählen bereit gestellte Tische und Stühle, Tische und Bänke, Bierzeltgarnituren, Garderoben und Toiletten, Abstellmöglichkeiten für Speisen und Getränke mit Sitzgelegenheit, soweit sie nach ihrer Zweckbestimmung im Einzelfall dazu dienen, den Verzehr von Speisen und Getränken zu erleichtern. Ausreichend ist, dass diese Verzehrvorrichtungen nur zur Verfügung gestellt werden, sie müssen nicht auch tatsächlich genutzt werden. Entscheidend soll die Zweckabrede zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sein.

Im neuen BMF-Schr. findet sich der Begriff der „Bietergemeinschaft“, verbunden mit dem umsatzsteuerlichen Ansatz der Zurechnung von Dritten erbrachten Dienstleistungen nicht wieder. Von Dritten erbrachte Dienstleistungselemente (zur Verfügungstellung von Verzehrvorrichtungen) bleiben unberücksichtigt. Die Verwaltung behält sich allerdings vor, zu prüfen, inwieweit „augenscheinlich von einem Dritten erbrachte Dienstleistungselemente dem speiseabgebenden Unternehmer zuzurechnen sind“. In diesen Fällen bleibt es bei der Zurechnung der Dienstleistungselemente des Dritten für die Leistung des die Speise abgebenden Unternehmers.

In Abgrenzung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist für die Unterscheidung zwischen Lieferung und Dienstleistung bei der Abgabe von Speisen und Getränken nicht mehr von Bedeutung:

  • die Komplexität der Speisenzubereitung;
  • die Zubereitung oder Nichtzubereitung von Nahrungsmitteln und Speisen;
  • das bloße Hinzutreten nur eines weiteren Dienstleistungselementes zur Speisenabgabe.

Die neuen Anweisungen in Abschn. 3.6 UStAE gelten mit Wirkung vom 1.7.2011. Der Unternehmer kann sich allerdings auf eine möglicherweise günstigere Altregelung für Umsätze bis zum 30.9.2013 berufen. Im Rahmen von 16 Beispielen nimmt die Verwaltung zu einer Vielzahl bereits entschiedener und im bisherigen BMF-Schr. v. 16.10.2008 aufgeführten Fällen Stellung und löst sie unter Beachtung ihrer neuen Rechtsauffassung.

Praxishinweis

Die neue Verwaltungsanweisung bietet den am Markt tätigen Caterern, Restaurants, Konos, etc. die Möglichkeit, über eine Gestaltung im Vorfeld sich die neue Sichtweise der Verwaltung nutzbar zu machen. Alleine das Weglassen von Sitzmöglichkeiten kann schon zu begünstigen Umsätzen führen. Bei Außer-Haus-Verkäufen muss darüberhinaus eine sorgfältige und objektiv nachvollziehbare Trennung der einzelnen Umsätze vorgenommen werden.