Neue Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen passieren Bundesrat

11. Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung v.  04.02.2013, BR-Drs. 66/13

Gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG muss der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für seine EU-grenzüberschreitende Lieferung nachweisen. Gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG kann das BMF mit Zustimmung des Bundesrates hierzu eine Rechtsverordnung erlassen. Mit Datum v. 22.03.2013 hat der Bundesrat dieser Verordnung, der 11. VO zur Änderung der UStDV, zugestimmt.

In einem neuen § 17a UStDV werden die Nachweispflichten und Nachweismöglichkeiten des Unternehmers für seine in das EU-Ausland erfolgte Lieferung geregelt. Die Bestimmungen sehen im Einzelnen vor:

  1. Die neuen Regelungen in § 17a UStDV treten mit Wirkung zum 1.10.2013 in Kraft. Im Rahmen einer Übergangsregelung lässt § 74a Abs. 3 UStDV als Nachweis für die zum 30. September 2013 ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen neben der vom 1.1.2012 bis 30.9.2013 geltenden alleinigen Gelangensbestätigung auch die bis zum 31.12.2011 geltenden Nachweise – also auch die sog. weiße Speditionsbescheinigung -  ausreichen. § 74a Abs. 3 UStDV ersetzt damit das BMF-Schr. v. 1.6.2012 (Az. IV D 3 – S 7141/11/10003-06; DOK 2012/0464230).
  2. Auch die Neufassung des § 17a UStDV geht im Grundsatz davon aus, dass die Steuerbefreiung eine physische Warenbewegung von einem Mitgliedstaat in einen anderen voraussetzt. Zum Nachweis hierfür dient zu allererst die Gelangensbestätigung. Neu ist, dass der Nachweis – gleichberechtigt - auch mit anderen Belegen und Beweismitteln geführt werden kann. Das Gesetz lässt hierfür den Versendungsbeleg wie z.B. den CMR-Frachtbrief, andere handelsübliche Belege wie die Spediteursbescheinigung oder in den Abholfällen die Spediteursbescheinigung mit Zahlungsnachweis zu.
  3. Bei objektiv feststehender zweifelsfreier Warenbewegung von einem Mitgliedstaat in einen anderen ist die Steuerbefreiung weiterhin auch ohne Nachweis möglich. Aber: die Erklärung des Erwerbers, den i.g. Erwerb zu versteuern oder versteuern zu wollen, hat nur indizielle Bedeutung für einen Nachweis.
  4. Glaubhaftmachung reicht aber aus. Wenn allerdings die Identität des Abnehmers verschleiert wird, liegt ebenso eine steuerpflichtige Lieferung vor wie bei unvollständigem, nicht erbrachten Nachweis oder berechtigten Zweifeln der Finanzverwaltung.

Gelangensbestätigung

§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV regelt die Gelangensbestätigung. Es gelten grundsätzlich die gleichen Vorgaben wie in der ab 1.1.2012 geltenden Rechtslage. Lediglich bei der Angabe des Zeitpunkts des Gelangens im anderen Mitgliedstaat muss nicht mehr – wie bisher – der Tag angegeben werden. Die Angabe des Monats reicht nunmehr aus.

Im Unterscheid zur bisherigen Rechtslage wird jetzt ausdrücklich die elektronische Übermittlung der Gelangensbestätigung ohne notwendige Unterschrift des Abnehmers zugelassen. Die Unterschrift ist nur noch bei einer Gelangensbestätigung in Papierform erforderlich. Bei der elektronischen Übermittlung verlangt das Gesetz nur, dass „erkennbar ist, dass die elektronische Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat“, so dass die Gelangensbestätigung elektronisch (z.B. per mail) durch den leistenden Unternehmer vorbereitet und zum Abnehmer geschickt werden kann.

Ausdrücklich zugelassen wird auch die sog. Sammelbestätigung als Zusammenfassung der betreffenden Umsätze für maximal 3 Monate (ein Quartal).

Versendungsbeleg

Neben der Gelangesbestätigung lässt § 17a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStDV in allen Versendungsfällen – also Versendung durch Leistenden oder Abnehmer – einen Versendungsbeleg als Nachweis zu. Insbesondere der CMR-Frachtbrief kommt hiermit in Betracht, der allerdings in Feld 1 zwingend den Auftraggeber des Frachtauftrags und in Feld 24 die Bestätigung des Erhalts der Ware durch den Empfänger mittels Unterschrift verlangt.

Spediteursbescheinigung

Gem. § 17a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStDV wird auch zukünftig in den Versendungsfällen die sog. Spediteursbescheinigung als Nachweisdokument zugelassen. Die Spediteursbescheinigung gilt als „anderer handelsüblicher Beleg“ und ist mit der bisherigen sog. „weißen Spediteursbescheinigung“ vergleichbar. Es müssen die für eine Spediteuersbescheinigung in Ausfuhrfällen geforderten Angaben enthalten sein (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV). Die Bescheinigung muss die Unterschrift des Spediteurs beinhalten und eine Versicherung, dass sich die Geschäftsunterlagen, auf deren Grundlage die Bescheinigung ausgestellt wurde, im Geltungsbereich der EU befinden. Eine elektronische Übermittlung des Belegs, dann auch ohne Unterschrift des Spediteurs, ist nunmehr zulässig.

Spediteursbescheinigung und Zahlungsnachweis

Im Falle einer Abhollieferung mittels eines Spediteurs lässt § 17a Abs. 3 Nr. 2 UStDV (auch) die Spediteursbescheinigung mit Zahlungsnachweis zu. Die Besonderheit dieser Nachweismöglichkeit besteht darin, dass die Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers ausreicht, er werde den Gegenstand an den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet befördern. Zu diesem Verbringensnachweis ist allerdings der Nachweis über die Entrichtung der Gegenleistung erforderlich, wie auch eine elektronische Übermittlung ausgeschlossen ist.

Nachweismöglichkeiten in Sonderfällen

§ 17a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c UStDV erlaubt – wie bisher – bei eingeschalteten Kurierdienstleistern als Nachweis ein bei der Beförderung erstelltes Protokoll, das den Transport lückenlos bis zur Ablieferung beim Empfänger lückenlos dokumentiert (sog. Track-and-tracing-Protokoll). Voraussetzung ist ein schriftlicher oder elektronischer Auftrag.

§ 17a Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d UStDV lässt in Fällen von Postsendungen als Vereinfachung beim Nachweis eine Empfangsbescheinigung eines Postdienstleisters über die Entgegennahme der Postsendung an den Abnehmer und den Nachweis über die Bezahlung der Lieferung ausreichen.

§ 17a Abs. 3 Nr. 3 UStDV regelt den Nachweis bei einer Beförderung im gemeinschaftlichen Versandverfahren. Hier ist die Bestätigung der Abgangsstelle über die innergemeinschaftliche Lieferung erforderlich. Diese wird nach Eingang des Beendigungsnachweises für das Versandverfahren erteilt.

§ 17a Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a) UStDV lässt bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung und Verwendung des EMCS-Verfahrens die validierte EMCS-Eingangsmeldung als Nachweis ausreichen. Werden Waren des steuerrechtlich freien Verkehrs transportiert, ist der Nachweis gem. § 17a Abs. 3 Nr. 4 Buchst. b) UStDV durch die dritte Ausfertigung des vereinfachten Begleitdokuments zu führen. Dieses ist dem zuständigen HZA für Zwecke der Verbrauchsteuerentlastung vorzulegen.

§ 17a Abs. 3 Nr. 5 UStDV beinhaltet schließlich (verschärfte) Nachweispflichten im Fall der Lieferung von Fahrzeugen bei Abholung durch den Abnehmer in Form der Beförderung. Hier bedarf es für den Nachweis der Steuerbefreiung der Lieferung eines Nachweises über die Zulassung des gelieferten Fahrzeugs auf den Erwerber des Fahrzeugs im Bestimmungsmitgliedstaat, so für dieses Fahrzeug eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist.

Praxishinweis

Vor allem die elektronische Form der Gelangenbestätigung wird in der Praxis der Regelfall werden und dem leistenden Unternehmer wesentlich den Nachweis erleichtern. Es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass sämtlich nach dem deutschen Recht vorgesehenen Nachweismöglichkeiten stets von der Akzeptanz der EU-ausländischen Leistungspartner abhängt. Nur wenn diese die Notwendigkeit der Mitwirkung einsehen, kann der leistende Unternehmer für seine Steuerfreiheit in Deutschland die Nachweise praxisgerecht einfach und leicht erbringen. Nach wie vor unbefriedigend gelöst ist der sog. Abholbeförderungsfall. In diesem Fall transportiert der Abnehmer die Ware mit eigenem Fuhrpark. Hier bedarf der Leistende stets der Gelangensbestätigung, die aber im Zeitpunkt der Abholung noch nicht erteilt werden kann.