Steuersatz für elektronische Veröffentlichungen – Mehr Spielraum für die Mitgliedstaaten

Am 06.11.2018 hat der Rat der Europäischen Union für Wirtschaft und Finanzen - „ECOFIN“ die Richtlinie 2018/1713 Änderungen der MwStSystRL im Hinblick auf ermäßigte Steuersätze formell beschlossen.

Am 06.11.2018 hat der Rat der Europäischen Union für Wirtschaft und Finanzen -  „ECOFIN“ die Richtlinie 2018/1713 Änderungen der MwStSystRL im Hinblick auf ermäßigte Steuersätze formell beschlossen.

Hintergrund und aktuelle Rechtslage

Die politische Einigung zur Harmonisierung „in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften“ wurde bereits am 02.10.2018 im Rahmen eines umfassenden Maßnahmenpakets erzielt; nun wurden die Änderungen auch formal beschlossen.

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AWB-Sondernewsletter Oktober 2018

Nach gegenwärtigem Recht der europäischen MwStSystRL gilt, dass elektronisch erbrachte Dienstleistungen, einschließlich elektronisch bereitgestellter Veröffentlichungen, zum Normalsatz besteuert werden, wobei ein Steuersatz von mindestens 15 % erforderlich ist. Für Bücher auf jeglichen physischen Trägern sowie Zeitungen und Zeitschriften kann dagegen ein ermäßigter Steuersatz angewendet werden.

Rechtsänderungen im Unionsrecht

Nach der beschlossenen Änderung von Anhang III Nr. 6 MwStSystRL sollen die Mitgliedstaaten auf folgende Umsätze einen ermäßigten Steuersatz anwenden können:

Lieferung von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften auf physischen Trägern und/oder in elektronischer Form, einschließlich des Verleihs durch Büchereien (einschließlich Broschüren, Prospekte und ähnliche Drucksachen, Bilder-, Zeichen- oder Malbücher für Kinder, Notenhefte oder Manuskripte, Landkarten und hydrografische oder sonstige Karten). Eine Ausnahme bilden dabei Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken dienen sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus hörbaren Musik- oder Videoinhalten bestehen.

Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSystRL wird dahingehend geändert, dass die ermäßigten Steuersätze auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen mit Ausnahme der unter Anhang III Nr. 6 MwStSys-tRL fallenden Dienstleistungen nicht anwendbar sind.

Im Zuge der Änderung der Richtlinie können die Mitgliedstaaten auch für elektronische Veröffentli-chungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden, wobei hier ein Steuersatz von mindestens 5 % erforderlich ist. Wenn für Print-Veröffentlichungen ein besonders ermäßigter Mehrwertsteuersatz, (dies bedeutet 5 % oder weniger bis zum Nullsteuersatz) gilt, kann der Mitgliedstaat diese Sätze auch auf elektronische Veröffentlichungen anwenden. In Deutschland wird dieser Spezialfall keine Anwendung finden, da das deutsche Umsatzsteuerrecht keine besonders ermäßigten bzw. Nullsteuersatz für Print-Veröffentlichungen kennt.

Insgesamt soll durch die Reform eine Angleichung der umsatzsteuerrechtlichen Regelungen für physische und elektronische Formen von Veröffentlichungen erreicht werden.

Inkrafttreten und Umsetzung in nationales Recht

Die Richtlinie 2018/1713 wurde am 14.11.2018 im EU-Amtsblatt veröffentlicht und trat am 05.12.2018 in Kraft.

Hinsichtlich der Umsetzung des nationalen Rechts hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz eine zügige Anpassung in Aussicht gestellt: „Als Bundesfinanzminister werde ich mich zügig daran machen, für Deutschland den Mehrwertsteuersatz auf E-Books und E-Paper auf 7 Prozent zu senken. Wir brauchen verlässliche und gut recherchierte Informationen heute dringender denn je – egal ob in ge-druckter Form oder elektronisch.“

Bewertung und Praxishinweise

Zu beachten ist, dass die neuen Bestimmungen über die Anwendung abweichender Mehrwertsteuersätze für elektronische Veröffentlichungen nach dem Bestreben des europäischen Gesetzgebers nur vorübergehend bis zur Einführung eines neuen, „endgültigen Mehrwertsteuersystems“ angewendet werden.

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AWB-Newsletter-Beitrag "EU-Kommission zur Reform des EU-Mehrwertsteuersystems"

In Anbetracht des zu erwartenden langen Zeitraums, bis diese Reform tatsächlich umgesetzt sein wird, ist jedoch davon auszugehen, dass aus der aktuellen Reform deutlich mehr als eine Über-gangslösung werden wird.

Insgesamt ist eine Angleichung der Vorschriften für physische und elektronische Art von Veröffent-lichungen zu begrüßen. Es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Abgrenzung im Zuge der Digitalisierung häufig erhebliche Schwierigkeiten bereitet und diese zudem formalistisch und nicht praxisgerecht ist (z. B. E-Books, E-Paper etc). Diese Reform bietet demzufolge eine Chance; die aktuelle umsatzsteuerliche Behandlung ist schlichtweg nicht praktikabel, da digitale Veröffentli-chungen zumeist zwar den gleichen Leseinhalt bieten, jedoch momentan unterschiedlich besteuert werden. Dies wird sich nun ändern.

Links

Richtlinie im Wortlaut

Bundesfinanzminister Olaf Scholz zu elektronischen Veröffentlichungen

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