EU beschließt 11. Sanktionspaket im Außenwirtschaftsverkehr mit der Russischen Föderation

Nach langen Diskussionen und wiederholter Vertagung haben sich die Mitgliedstaaten der EU auf ein sog. 11. Sanktionspaket im Außenwirtschaftsverkehr mit der Russischen Föderation verständigt, welches am 23.06.2023 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Erklärtes Ziel des Sanktionspakets ist es, die Umsetzung und Durchsetzung der bestehenden Sanktionen zu verbessern und insbesondere Umgehungspraktiken zu verhindern.

Ausweitung von Ausfuhrbeschränkungen

Mit dem 11. Sanktionspaket ist eine Ausweitung der ausfuhrseitigen Beschränkungen der VO (EU) 833/2014, u.a. durch eine Überarbeitung und Ergänzung verschiedener Güteranhänge verbunden.

Anhang VII

Dem Anhang VII der VO (EU) 833/2014 wurden einige neue Güter hinzugefügt. Bei diesen Gütern soll es sich um solche handeln, die am Kriegsschauplatz in der Ukraine gefunden wurden bzw. um Ausrüstung, die für die Herstellung solcher Güter benötigt wird.

Anhang XXIII

Im Zuge des 11. Sanktionspakets wurde der Anhang XXIII umfassend überarbeitet.

Nachdem dieser Güteranhang zwischenzeitlich in mehrere Abschnitte aufgeteilt worden war, werden die Güter nunmehr in einem einzigen Abschnitt aufgezählt. Während die Erfassungssystematik des Anhangs XXIII ursprünglich überwiegend an die ersten sechs Stellen des KN-Codes eines Produktes anknüpfte, wird nun größtenteils an die ersten vier Stellen des KN-Codes eines Produktes für eine Erfassung angeknüpft. Ferner wurden teils weitere Positionen in der Neufassung des Anhangs XXIII der VO (EU) 833/2014 ergänzt. Folge dieser Änderungen ist insgesamt eine umfangreichere Erfassung von Gütern in Anhang XXIII der VO (EU) 833/2014.

Verbot des Verkaufs von Rechten des geistigen Eigentums und Ausweitung von Durchfuhrverboten

Zusätzlich zu den o.g. Anpassungen wurde mit dem 11. Sanktionspaket ein Verbot des Verkaufs, der Lizenzierung, der Übertragung oder der Weitergabe von Rechten des geistigen Eigentums und von Geschäftsgeheimnissen, die im Zusammenhang mit Sanktionen belegten Waren verwendet werden, geschaffen. Erklärtes Ziel dieser Maßnahme ist es zu verhindern, dass die betreffenden Waren außerhalb der EU (für eine Verwendung in Russland) hergestellt werden können.
Entsprechende Verbote wurden in den Art. 2, 2a, 2aa, 3, 3b, 3c, 3f, 3h, 3k der VO (EU) 833/2014 bezüglich der mit diesen Artikeln korrespondieren Güter ergänzt. Außerdem wurden die zuvor nur mit Blick auf von Anhang I der EU-Dual-Use-VO und Feuerwaffen bestehenden Verbote für die Durchfuhr auf weitere Güteranhänge ausgeweitet. Die entsprechenden grundsätzlichen Verbote betreffen nun ebenfalls Güter des Anhangs VII, des Anhangs XI und des Anhang XX der VO (EU) 833/2014.

Verschärfung von Einfuhrbeschränkungen

Zusätzlich wurden die Einfuhrbeschränkungen für bestimmte Eisen- und Stahlerzeugnisse verschärft, die in Anhang XVII der VO (EU) 833/2014 gelistet sind. Wer sanktionierte Eisen- und Stahlerzeugnisse, die in einem Drittland verarbeitet wurden, in die EU einführen möchte, ist nunmehr verpflichtet, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die verwendeten Vorleistungen nicht aus Russland stammen. Konkrete Vorgaben bzgl. der Form des zu erbringenden Nachweises enthält das 11. Sanktionspaket nicht.

Ergänzung der Organisationen in Anhang IV: Aufnahme weiterer drittstaatlicher Organisationen

Der Anhang IV der VO (EU) 833/2014 mit der Liste von Einrichtungen, für die keine Genehmigungen für die Ausfuhr bestimmter Güter erteilt werden dürfen, wurde erneut erweitert. 87 neue Einrichtungen wurden in die Liste des Anhangs IV der VO (EU) 833/2014 aufgenommen. Neben den bereits in der Liste aufgeführten russischen und iranischen Organisationen umfasst diese nun auch Organisationen, die in China, Usbekistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Syrien und Armenien registriert sind.

Ausweitung personenbezogener Beschränkungen und weitere Ergänzungen

Mit dem 11. Sanktionspaket hat die EU weitere Personen, Organisationen und Einrichtungen in die Sanktionsliste des Anhangs I der VO (EU) 269/2014 aufgenommen. Daneben enthält das 11. Sanktionspaket weitere Ergänzungen der Embargolage.

Hierzu zählen ein nun vollständiges Verbot für Lastkraftwagen mit russischen Anhängern und Sattelanhängern, Güter in die EU zu befördern, was die bisherigen Verbote des Art. 3l der VO (EU) 833/2014 ergänzt. Ferner wurden Verbote des Zugangs zu EU-Häfen in verschiedenen Konstellationen im Zusammenhang mit Einfuhrverboten für Ölprodukte ausgeweitet. Außerdem enthält das 11. Sanktionspaket eine Ausweitung des Sendeverbots des Art. 2f der VO (EU) 833/2014 auf 5 weitere Kanäle, sowie zusätzliche Bestimmungen über Informationsaustausch und Berichterstattung.

Schaffung eines neuen Mechanismus zur Bekämpfung von Umgehungspraktiken

Neu geschaffen wurde mit dem 11. Sanktionspaket ein Mechanismus zur Bekämpfung von Umgehungspraktiken in Art. 12f der VO (EU) 833/2014. Dieses neue Instrument ermöglicht es der EU, den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr bestimmter mit Sanktionen belegter Güter und Technologien zu beschränken, und zwar mit Blick auf bestimmte Drittländer, für die das Umgehungsrisiko als andauernd und besonders groß angesehen wird. Die entsprechenden Drittländer und Güter sollen in einem neuen Anhang XXXIII der VO (EU) 833/2014 aufgeführt werden können. Im Rahmen des 11. Sanktionspakets wurden bisher keine Güter oder Länder in diesen neuen Anhang XXXIII der VO (EU) 833/2014 aufgenommen.

Dieser neue Mechanismus soll als „ultima ratio“ erst dann zum Einsatz kommen, wenn andere Einzelmaßnahmen und Kontakte zu den betroffenen Ländern bestehenden Umgehungsrisiken nicht entgegenwirken konnten.


Links:

EU-Amtsblatt 159l vom 23.06.2023

FAQ der EU-Kommission zum 11. Sanktionspaket

Quellen:

Europäische Kommission

EUR-Lex

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