Umsatzsteuer: Vorsteuerabzugsfalle Einfuhrumsatzsteuer

Praxisproblem

Zunehmend gerät aktuell der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer in den Fokus der Betriebs- und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen. Zudem wird im Rahmen der automatisierten Auswertung der Daten aus ATLAS verprobt, ob eine Steuerbefreiung von der Einfuhrumsatzsteuer oder ein Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer plausibel erscheint.

Aufgrund dieser Erfahrungen ist eine Überprüfung der Handhabung in den Unternehmen anzuraten.

Feststellungen/Entscheidungen

Ein Unternehmer kann die entstandene Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG als Vorsteuer abziehen. Voraussetzung ist jedoch, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer im Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlichen freien Verkehr die „umsatzsteuerrechtliche Verfügungsmacht“ über die betreffenden Gegenstände besitzt.

Nicht entscheidend ist hingegen, wer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer gewesen ist, wer diese entrichtet hat und wer den für den vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer eingeführten Gegenstand tatsächlich über die Grenze gebracht hat.

Die kontroverse Diskussion der letzten Jahre, ob nicht auch Spediteure, Frachtführer oder Lagerhalter das Vorsteuerabzugsrecht bezüglich der Einfuhrumsatzsteuer haben können, sollte aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 25.06.2015, C-187/14, DSV Road A/S) und des BFH (Urt. v. 11.11.2015, V R 68/14) mangels Innehaben der umsatzsteuerrechtlichen Verfügungsmacht an den eingeführten Waren erledigt sein.

Allerdings ist die Beantwortung der Frage, wer im Zeitpunkt der Einfuhr die umsatzsteuerrechtliche Verfügungsmacht über den Einfuhrgegenstand besitzt, alles andere als trivial. Während die herkömmliche Auffassung sich hinsichtlich des Zeitpunktes der Verschaffung der Verfügungsmacht die gesetzlichen Regelungen zum Ort der Lieferung zunutze macht, könnte die aktuelle Rechtsprechung des BFH zum Reihengeschäft (u.a. Urt. v. 25.02.2015, XI R 15/14) die Bestimmung des tatsächlichen Lieferzeitpunktes in Zukunft auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs aus Einfuhrumsatzsteuer notwendig machen. Dieser tatsächliche Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht wäre dann mühevoll im Rahmen einer Gesamtbetrachtung von Fall zu Fall zu ermitteln.

Ob der Unternehmer, der die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet, auch die Verfügungsmacht an den Waren im Zeitpunkt der Einfuhr besitzt, ist für den Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer zwingend zu prüfen. Gerade in Fällen der Einfuhr für Reparaturzwecke oder im Rahmen von grenzüberschreitenden Kommissionsgeschäften, aber auch in (einfachen) bilateralen Lieferbeziehungen, wird die Vorsteuerabzugsberechtigung in praxi oft falsch zugeordnet. Hier besteht in den meisten Fällen umgehender Handlungs- bzw. Korrekturbedarf.

Zudem gehen die Finanzämter im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen zunehmend dazu über, den Vorsteuerabzug aus Einfuhrumsatzsteuer zu versagen, wenn die vereinbarten Lieferbedingungen/Incoterms® nicht mit dem Vorsteuerabzug korrespondieren (z.B. Vorsteuerabzug des Abnehmers bei Lieferbedingung DDP Incoterms® 2010 für den Einkaufsvorgang).

Ein weiteres Problemfeld ist in Fällen der Be- oder Verarbeitung von Drittlandswaren im Rahmen der Werklieferung/Werkleistung ein Vorsteuerabzug nach Abschn. 15.8. UStAE. In der Anwendung sind schnell Anwendungsfehler möglich. Hier ist aber darauf zu achten, dass die Voraussetzungen dieser verwaltungsseitig gewährten Sonderregelung gewährleistet sind.

Nicht zu vergessen ist die zutreffende Abwicklung des 42er Verfahrens (Steuerbefreiung der Einfuhr nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG). Die Voraussetzungen sind bei der zollrechtlichen Abwicklung anzumelden. Diese Daten werden nun im Hinblick auf die Anforderungen der Steuerbefreiung und einer korrekten Abwicklung in den weiteren Gliedern der Lieferbeziehung auf Plausibilität überwacht. 

Lassen Sie die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer nicht zum Kostenfaktor in Ihrem Unternehmen werden und vermeiden Sie steuerliches Fehlverhalten. Seien Sie auch hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus Einfuhrumsatzsteuer „compliant“. Die AWB bietet Ihnen einen „Einfuhrumsatzsteuer Quick Radar“ als Check für Ihre Prozesse an. Insgesamt sollte jedes Unternehmen die eigene Vorsteuerabzugsberechtigung auf Handlungsbedarf prüfen.

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