EuGH zur nachträglichen Änderung des Anmelders in Zollanmeldungen

Anmerkung zu: EuGH, Urt. v. 16.07.2020, Rs. C-97/19, Pfeifer und Langen

I. Genereller Sachverhalt - Grundproblem

Die in Rumänien ansässige SC Zahărul Oradea SA (im Folgenden: Zahărul Oradea) ist eine Tochtergesellschaft der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG (im Folgenden: Pfeifer & Langen oder Klägerin). Sie hatte Rohrzucker mit Ursprung in Brasilien gekauft, der im Werk von Pfeifer & Langen in Euskirchen (Deutschland) raffiniert werden sollte.

Die zuständige rumänische Behörde erteilte Zahărul Oradea eine Lizenz für die Einfuhr des Rohrzuckers. Zahărul Oradea erteilte Pfeifer & Langen eine Vollmacht für ihre (direkte) Vertretung bei Zollanmeldungen in Bezug auf diese Einfuhr. 

Pfeifer & Langen meldete allerdings in eigenem Namen und für eigene Rechnung (also ohne Vertretung von Zahărul Oradea) Rohrzucker zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. In der Zollanmeldung nahm sie auf die Einfuhrlizenz von Zahărul Oradea Bezug. Außerdem legte sie eine Kopie der von Zahărul Oradea erteilten Vollmacht vor. Die Zollverwaltung nahm die Anmeldung an und erhob, nachdem es diese Menge Rohrzucker auf der von Pfeifer & Langen vorgelegten Einfuhrlizenz abgeschrieben hatte, einen ermäßigten Abgabensatzes von 252,50 €/t.

Das Hauptzollamt erhob später von Pfeifer & Langen Einfuhrabgaben unter Anwendung des Zollsatzes von 41,90 € je 100 kg nach. Zur Begründung führte es aus, Pfeifer & Langen habe den ermäßigten Zollsatz nicht in Anspruch nehmen dürfen, weil die Einfuhrlizenz Zahărul Oradea erteilt worden sei.

Eine nachträgliche Korrektur der Zollanmeldung wurde abgelehnt.

II. Urteil des EuGH

Stellt sich bei den nachträglichen Prüfungen im Rahmen von Art. 78 ZK heraus, dass bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen worden ist, so haben die Zollbehörden nach Art. 78 Abs. 3 ZK die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Fall unter Berücksichtigung der ihnen bekannten neuen Umstände zu regeln. Somit ergibt sich aus Art. 78 ZK insgesamt, dass es zulässig ist, nach der Zollanmeldung neue Umstände vorzutragen, die von den Zollbehörden voraussichtlich zu berücksichtigen sind. Der Grundgedanke dieser Vorschrift besteht nämlich darin, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass dieser Artikel nicht zwischen Irrtümern oder Unterlassungen, die einer Regularisierung zugänglich wären, und solchen, die es nicht wären, unterscheidet. Die Wendung „unrichtige oder unvollständige Grundlagen“ ist so zu verstehen, dass sie sich sowohl auf tatsächliche Irrtümer oder Unterlassungen als auch auf Irrtümer bei der Auslegung des anwendbaren Rechts bezieht (Urteil vom 16. Oktober 2014, VAEX Varkens- en Veehandel, C‑387/13, EU:C:2014:2296, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Was den Zusammenhang betrifft, in dem Art. 78 ZK steht, ist festzustellen, dass keine Bestimmung dieses Zollkodex es verbietet, dass einzelne Punkte der Zollanmeldung wie die Angaben zur Person des Anmelders und namentlich das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses Gegenstand einer Änderung auf der Grundlage von Abs. 3 dieser Vorschrift sein können.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 78 Abs. 3 ZK dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird.

III. Übertragbarkeit auf den UZK

Schaut man sich die wesentlichen Entscheidungspunkte des EuGH zum vorliegenden Fall an, kommt man u.E. zu dem Ergebnis, dass sich diese auch auf die Rechtslage im UZK übertragen lassen, sodass die Entscheidung auch im aktuellen Zollrecht von Bedeutung ist. Die Änderung einer Zollanmeldung ist nach Art. 173 UZK grds. zulässig.

Dem Argument, dass die Änderung des Anmelders einer Ungültigerklärung der Zollanmeldung gleichkäme bzw. diese Regelungen unterliefe, wenn man sie über die Möglichkeit der Änderung der Zollanmeldung auf weitere Fälle nach der Überlassung ausdehne, wird durch den EuGH eine Absage erteilt.

Dass der Anmelder als Antragsteller für die Überprüfung bzw. nach neuem Recht zur Änderung genannt ist, schließt eine Änderung dieses Datenelements nicht aus. Nicht maßgeblich ist auch, dass die ursprüngliche Anmeldung nicht falsch gewesen ist, denn die Anforderungen daran, wer als zollrechtlicher Anmelder auftreten kann, sind vergleichsweise gering. Entscheidend ist vielmehr zumindest nach altem Recht, dass die Anmeldung irrtümlich in dieser Weise abgegeben wurde.  

Als wichtig hebt der EuGH hervor, dass eine entsprechende Vollmacht für die Vertretung gegeben ist. Auch die Betrugsgefahr darf nicht steigen, was durch die Angabe des Anmelders selbst aber nicht zwingend der Fall ist.

Alsdann steht der Änderung der Zollanmeldung in dieser Hinsicht jedoch nichts im Weg, sodass erreicht werden kann, dass die Anmeldung auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestimmt wird.

Insbesondere in Dienstleisterfällen, ähnlich denen des Ausgangsverfahrens, könnte dieses Urteil somit eine enorme praktische Relevanz entfalten, um im Tagesgeschäft irrtümlich auf den falschen Anmelder abgegebene Zollanmeldungen zu korrigieren und auf die tatsächliche Situation abzustimmen. Ob der ursprüngliche Anmelder dadurch aus der Zollschuldnerschaft heraus kommt, wird eine Einzelfallentscheidung bleiben, da einerseits bei indirekter Vertretung sowohl Vertreter als auch Vertretener Zollschuldner werden und andererseits auch der Datenlieferant Zollschuldner werden kann, wenn dieser bei zu geringer oder unterbliebener Abgabenerhebung für die Zollanmeldung erforderliche Angaben geliefert hat und gewusst hat oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass sie unrichtig waren (Art. 77 Abs. 3 UA 2 UZK).

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