Neufassung der Dual-Use-Verordnung (VO (EU) 2021/821) im EU-Amtsblatt veröffentlicht

Am 11.06.2021 wurde die Neufassung der bisherigen EG-Dual-Use-Verordnung 428/2009 unter der amtlichen Bezeichnung „Verordnung (EU) 2021/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung, der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Neufassung)“ im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Dieser Veröffentlichung ist ein langer Gesetzgebungsprozess vorangegangen. Seit 2016 gab es mehrere Vorschläge und Vorveröffentlichungen. Am 09.11.2020 erzielten Vertreter des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments eine vorläufige Einigung hinsichtl. einer gemeinsamen Textfassung der neuen Verordnung. Nach zwischenzeitlicher Annahme des Verordnungstextes durch das Europäische Parlament (25.03.2021) hat auch der Rat der Europäischen Union diesen am 10.05.2021 angenommen. Gem. Art. 32 der VO (EU) 2021/821 wird diese 90 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt, also am 09.09.2021, in Kraft treten.

Catch-all-Tatbestand für digitale Überwachungsgüter

Neu eingeführt wird mit Art. 5 der VO (EU) 2021/821 ein Catch-all-Tatbestand für bestimmte Güter für digitale Überwachung. Diese sind definiert als „Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die besonders dafür konstruiert sind, die verdeckte Überwachung natürlicher Personen durch Überwachung, Extraktion, Erhebung oder Analyse von Daten aus Informations- und Telekommunikationssystemen zu ermöglichen“. Die Ausfuhr dieser Güter ist genehmigungspflichtig, wenn der Ausführer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) davon unterrichtet worden ist, dass die Güter ganz oder teilweise für eine Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression und/oder der Begehung schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht bestimmt sind oder bestimmt sein können. Ist einem Ausführer aufgrund von im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht erlangten Erkenntnissen eine solche kritische Verwendung dieser Güter bekannt, muss er das BAFA davon unterrichten. Dieses entscheidet anschließend über die Genehmigungspflicht für die Ausfuhr. Welche Anforderungen hinsichtl. der Sorgfaltspflicht bestehen, ist noch unklar.

Erweiterter Catch-all-Tatbestand für „Brokering“ und EU-Kontrolle für Technische Unterstützung

Ebenfalls neu ist die Erweiterung der Catch-all-Kontrollen für Vermittlungstätigkeiten („Brokering“) in Art. 6 hinsichtl. militärischer Verwendung in Waffenembargoländern, was die bereits bisher bestehenden Beschränkungen für Tätigkeiten im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen und Trägertechnologie ergänzt.

Ferner sieht die Neufassung erstmals die Einführung von Kontrollvorschriften für technische Unterstützung (Art. 8) auf EU-Ebene vor. Hier bleibt noch abzuwarten, ob und wie der deutsche Gesetzgeber die bestehenden nationalen Vorschriften in den §§ 49 ff. AWV anpassen wird.

„Hybride Genehmigungspflicht“ für nur national gelistete Güter

Eine weitere neue Vorschrift (Art. 10) sieht eine Genehmigungspflicht für nicht-EU-gelistete Güter auf Basis der nationalen Listung eines anderen EU-Mitgliedstaates im Zusammenhang mit der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Menschrechtserwägungen vor. Diese Vorschrift soll zu einer besseren Angleichung der unterschiedlichen nationalen Praktiken der EU-Mitgliedstaaten führen.

Neue Definitionen und neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen

Daneben werden mit der VO (EU) 2021/821 einige neue Definitionen eingeführt sowie Anpassungen von bestehenden Definitionen an die aktuellen zollrechtlichen Vorschriften vorgenommen. Weiter ergeben sich neue Behördenzuständigkeitsregelungen für die Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen.

Schließlich werden mit den Allgemeinen Genehmigungen EU007 und EU008 neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen eingeführt. Die neue Allgemeine Genehmigung EU007 betrifft die konzerninterne Ausfuhr von Software und Technologie des Anhangs I der VO (EU) 2021/821. Die neue Allgemeine Genehmigung EU008 betrifft die Ausfuhr von Kryptographiegütern.

Prüf- und Anpassungsbedarf für Unternehmen

Mit dem Inkrafttreten der VO (EU) 2021/821 am 09.09.2021 werden einige Änderungen und Neuerungen wirksam. Für Unternehmen empfiehlt es sich, die verbleibende Zeit bis zum Inkrafttreten zu nutzen, um die Änderungen und Neuerungen nachzuvollziehen, etwaigen Anpassungsbedarf in ihren internen Prozessen bzw. in ihrem ICP zu identifizieren, und nötige Anpassungen rechtzeitig umzusetzen.

Insbesondere werden Unternehmen prüfen müssen, ob sie vom Kreis der Güter für digitale Überwachung gem. Art. 5 betroffen sind und inwieweit bestehende Prozesse im Bereich des Brokering um die „neuen“ kritischen Verwendungszusammenhänge zu ergänzen sind. Aufgrund der neuen „hybriden Genehmigungspflicht“ werden künftig auch nationale Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten stärker zu berücksichtigen sein.

In Vorbereitung auf das Inkrafttreten der VO (EU) 2021/821 hat das BAFA angekündigt, zeitnah Informationsmaterialien inklusive eines Merkblatts zu veröffentlichen.

Links

Veröffentlichung der neuen EU-Dual-Use-Verordnung (VO (EU) 2021/821)

Amtsblatt der Europäischen Union vom 11. Juni 2021

Quellen

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

EUR-Lex

 

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