Aktualisierung der FAQ zu Russlandsanktionen

Klarstellungen zu Genehmigungsverfahren und grenzüberschreitende Dienstleistungen i. V. m. Art. 5n der Verordnung (EU) Nr. 822/2014

Die Europäische Kommission hat am 02.04.2024 eine Neufassung der konsolidierten FAQ zu den Sanktionen gegen Russland und Belarus veröffentlicht, in der u.a. auf einige Aspekte und der Reichweite der im Februar 2024 vom BAFA erlassenen Allgemeinen Genehmigung Nr. 42 Bezug genommen wird.

Hintergrund
Art. 5n VO (EU) Nr. 822/2014 enthält in seinen Abs. 1, 2, 2a, 2b ein grundsätzliches Verbot, bestimmte Dienstleistungen für die russische Regierung, in Russland ansässige juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen unmittelbar oder mittelbar zu erbringen bzw. Software, die in Anhang XXXXIX der VO (EU) Nr. 833/2014 aufgeführt ist, unmittelbar oder mittelbar an diese zu liefern, zu verbringen, auszuführen oder bereitzustellen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz enthält Art. 5n Abs. 7 VO (EU) Nr. 833/2014 zugunsten von Tochtergesellschaften von Unternehmen aus der EU bzw. von Unternehmen aus Partnerländern.

Mit dem 12. Sanktionspaket wurde die Ausnahmeregelung des Abs. 7 bis zum 20. Juni 2024 befristet und gleichzeitig mit Art. 5n Abs. 10 VO (EU) Nr. 833/2014 eine neue Genehmigungsmöglichkeit für die zuständigen nationalen Behörden der EU-Mitgliedstaaten geschaffen.

Von dieser Genehmigungsmöglichkeit hat das BAFA - als für Deutschland zuständige Genehmigungsbehörde - mit dem Erlass der Allgemeinen Genehmigung Nr. 42 für Rechtsgeschäfte und Dienstleistungen nach Art. 5n Abs. 10 c), h) der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 sehr umfassend Gebrauch gemacht. 

Klarstellung in den FAQ der EU-Kommission
In den nun aktualisierten FAQs hat die Europäische Kommission einigen Gesichtspunkten des Art. 5n VO (EU) Nr. 833/2014 angenommen und auch auf die Praxis der nationalen Zulassungsverfahren Bezug genommen.

Vor dem Hintergrund, dass ab dem 20. Juni 2024 für die Erbringung von sog. gruppeninternen Diensten (siehe Art. 5n Abs. 7, 10 h)) Genehmigungen erforderlich sind, wird in den FAQ die Frage aufgegriffen, ob Genehmigungen für mehr als einen Dienst („gebündelte Genehmigung“) oder für Dienste, die von mehr als einem Mitgliedsstaat aus erbracht werden, beantragt werden können.

Die EU-Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass grundsätzlich die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen nationalen Behörden für die Umsetzung und Durchsetzung der EU-Sanktionen zuständig sind, wozu auch die Genehmigungsverfahren gehören. So kann eine nationale Behörde auch beschließen Sammelgenehmigungen für ähnliche Dienstleistungen zu erteilen, die demselben russischen Kunden im Rahmen derselben Ausnahmeregelung(en) angeboten werden. Eine zuständige nationale Behörde kann einem bestimmten Wirtschaftsbeteiligten ebenfalls eine Genehmigung für eine Reihe ähnlicher oder identischer Dienstleistungen erteilen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. wöchentlich oder vierteljährlich) für denselben russischen Kunden im Rahmen einer Ausnahmeregelung für humanitäre Zwecke erbracht werden. Diese Genehmigungen können mit einer Berichtspflicht am Ende des genannten Zeitraums verbunden werden, um sicherzustellen, dass die Genehmigung gemäß den festgelegten Bedingungen verwendet wurde. Die Kommission stellt jedoch klar, dass die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates keine Allgemeinen Genehmigungen vorsieht, die ganze Sektoren oder Tätigkeiten abdecken (wie dies beispielsweise im Rahmen des US-amerikanischen oder britischen Systems möglich ist). Eine solche Allgemeingenehmigung käme nach Auffassung der EU-Kommission einer De-facto-Ausnahme gleich, die ausdrücklich vom Rat festgelegt werden müsste und daher gerade nicht auf den jeweiligen nationalen Ebenen festgelegt werden kann. 

Die Kommission führt dazu weiter aus, dass im 12. Sanktionspaket der EU-Rat die Ausnahmen des Abs. 7 befristet und in Abs. 10 eine Ausnahmeregelung geschaffen hat, die zwar einer Genehmigung bestimmter Vorhaben ermöglicht, aber gerade keine Allgemeingenehmigungsmöglichkeit vorsieht. Die Ausführungen werden durch ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union untermauert, welcher bereits im Jahr 2015 klargestellt hat, dass eine zuständige nationale Behörde bei der Prüfung von Genehmigungsanträgen eine Einzelfallprüfung vorzunehmen hat und nicht befugt ist, eine bestimmte Kategorie von Geschäften, für die die betroffenen Unternehmen keine Einzelfallgenehmigung mehr beantragen müssen, generell zu genehmigen

Dem entgegenzuhalten ist, dass der Art. 5n Abs. 10 h) der VO (EU) 833/2014 die zuständigen nationalen Behörden ermächtigt, den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung, das Ausführen oder die Erbringung der dort genannten Dienstleistungen unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen zu genehmigen.

Die Kommission weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass eine von der zuständigen nationalen Behörde eines Mitgliedstaates erteilte Genehmigung nur innerhalb dieses Mitgliedstaates gültig ist. Genehmigungen sind also nicht automatisch in anderen Mitgliedstaaten gültig, z.B. wenn eine Muttergesellschaft und eine Tochtergesellschaft in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind. Unternehmen müssen in jedem Mitgliedstaat, von dem aus sie Dienstleistungen erbringen wollen, eine Genehmigung beantragen

Um eine effiziente Bearbeitung der Genehmigungsanträge zu gewährleisten, empfiehlt die Kommission den Antragstellern, die zuständige Behörde zu informieren, wenn ähnliche Dienstleistungen bereits in einem anderen Mitgliedstaat angeboten werden. Dies könne das jeweilige Verfahren erleichtern und beschleunigen.

Die Klarstellung der EU-Kommission steht teils im Kontrast zu der vom BAFA sehr weitgehend gestalteten Allgemeinen Genehmigung Nr. 42. Insbesondere Konzerne bzw. verbundene Unternehmen, mit Standorten in mehreren EU-Mitgliedstaaten die bereits von der Allgemeinen Genehmigung Nr. 42 Gebrauch machen oder dies in Zukunft beabsichtigen, sollten prüfen, ob und inwieweit sich die Klarstellungen der EU-Kommission zu Art. 5n Abs. 10 VO (EU) Nr. 833/2014 etwaige Aktivitäten zu Gunsten der nach Art. 5n Abs. 10 c), h) privilegierten Empfänger in Russland auswirkt. 

Soweit Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten in solche Vorgänge involviert sind, empfiehlt es sich für diese Unternehmen, in Ansehung der Ausführungen der EU-Kommission den Austausch mit der zuständigen Behörde des jeweilig betroffenen Mitgliedstaats zu suchen.

Quellen

Konsolidierte Fassung der FAQs der Europäischen Kommission zu Sanktionen gegen Russland und Belarus vom 02.04.2024 

Allgemeine Genehmigung Nr. 42 – Bereitstellung von Unternehmenssoftware und Dienstleistungen an nicht sensitive Empfänger

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. März 2015, Europäisch-Iranische Handelsbank AG/Rat der Europäischen Union, C-585/13P, ECLI:EU:C:2015:145.

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