Lieferkettengesetz beschlossene Sache - Das neue Sorgfaltspflichtengesetz kommt! – Oder doch nicht?

Über das neue Sorgfaltspflichtengesetz (Lieferkettengesetz) hatten sich am 12.02.2021 die Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und Arbeit und Soziales (BMAS) nach monatelanger Auseinandersetzung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geeinigt. Ein entsprechender Referentenentwurf soll im März 2021 zur Beschlussfassung noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt werden. Die Bundesminister sprachen von einem „Meilenstein“, einem „historischen Durchbruch“ und es war die Rede von einem „gelungenen Kompromiss“. Bundesarbeitsminister Heil sagte: „Das Lieferkettengesetz ist das bislang stärkste Gesetz in Europa im Kampf für Menschenrechte und gegen Ausbeutung.“

Doch eine Woche später gibt es schon wieder Streit. Das Wirtschaftsministerium in Person des Wirtschaftsstaatssekretärs wirft dem für die Erstellung des Gesetzesentwurfs federführend zuständigen Bundesarbeitsministerium nun in einem Schreiben vor, von den getroffenen Verabredungen abzuweichen und über den Kompromiss hinauszugehen.

Was steckt hinter diesem Gesetz? Ziel ist es, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden, auch bei ihren ausländischen Lieferanten Menschenrechte durchzusetzen und Umweltstandards einzuhalten. Zwangsarbeit, Kinderarbeit, schwierige Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen sind nur einige benannte Risikobereiche.

Der Referentenentwurf sieht vor, dass das Gesetz ab 2023 gelten soll, und zwar zunächst für in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3000 Arbeitnehmern. Ab 2024 sollen die Pflichten auch Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten treffen. Mittelständische Firmen fallen damit aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes heraus. In einem ersten Schritt müssen betroffene Unternehmen Risikoanalyse betreiben, d. h. prüfen, ob die oben beispielhaft genannten Risiken in ihrer Lieferkette bestehen. Dabei sollen Unternehmen gewährleisten, dass in ihrem eigenen Betrieb und bei ihren direkten Zulieferern keine Missstände existieren. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt bei der Frage nach den zu ergreifenden Maßnahmen zum Tragen. Für ihre mittelbaren Zulieferer sollen Unternehmen abgestuft verantwortlich sein. Stellen sie Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstöße fest, müssen sie handeln und Abhilfe schaffen, als ultima ratio sogar Geschäftsbeziehungen abbrechen. Vor Ort kontrolliert und überwacht wird die Einhaltung der Sorgfaltspflichten künftig durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Bei Sorgfaltspflichtverletzungen drohen Zwangs- und Bußgelder, u. U. bis zu zehn Prozent des Unternehmensumsatzes. „Wir reden hier nicht von Knöllchen, sondern von dem, was angemessen ist“, sagte Heil. Zudem können Unternehmen, die bereits ein hohes Bußgeld zahlen mussten, bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Das was Wirtschaftsverbände befürchtet hatten, wird es jedoch nicht geben: eine zivilrechtliche Schadensersatzhaftung von Unternehmen.

Unternehmen stehen nunmehr vor einem notwendigen Umdenken und einer erforderlichen Neu-Organisation ihres Compliance-Management-Systems im Hinblick auf sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen in ihrer Lieferkette. Denn nach dem Lieferkettengesetz müssen Unternehmen öffentlich über tatsächliche und mögliche negative Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit Bericht erstatten. Ob das Lieferkettengesetz hinter den Erwartungen von Menschenrechtsorganisationen und Umweltverbänden zurück bleibt oder ausreicht, werden die noch zu erarbeitenden Details nach und nach zeigen.

Zunächst bleibt jedoch abzuwarten, ob sich der Unmut im Wirtschaftsministerium legt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeigte sich jedenfalls entspannt und ist zuversichtlich, "dass sich die in dem Schreiben angesprochenen technischen Themen bereits sehr zeitnah auf Fachebene abschließend klären lassen". Inhaltlich entspreche der Entwurf zum Lieferkettengesetz der zwischen den beteiligten Ressorts getroffenen Einigung.

Links

Lieferkettengesetz: Standards werden Pflicht

LIeferkettengesetz: Meilenstein oder Papiertiger?

Referentenentwurf: Neuer Streit in der Bundesregierung um Lieferkettengesetz

Referentenentwurf für Lieferkettengesetz vorgestellt

Quellen

LTO Legal Tribune Online

tagesschau.de

ZEIT ONLINE

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