Neues zur Anwendung von § 14c UStG – BMF-Schreiben vom 27.2.2024

BMF-Schreiben vom 27. Februar 2024 - Ausweis einer falschen Steuer in Rechnungen an Endverbraucher; Folgen aus den Urteilen des BFH vom 13. Dezember 2018 – V R 4/18 und des EuGH vom 8. Dezember 2022, C-378/21

Inhalt

Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben ändert die deutsche Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung im Bereich unrichtiger oder unberechtigter Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnungen. Auf Basis der neueren EuGH-Rechtsprechung, insbesondere auf Basis des Urteils vom 8. Dezember 2022 (Rechtssache C 378/21 - Finanzamt Österreich) entsteht nunmehr in zwei Fällen keine Umsatzsteuer nach § 14c UStG mehr, nämlich

  1. bei tatsächlich ausgeführten Leistungen durch einen Unternehmer an einen Endverbraucher (§ 14c Abs. 1 UStG);
  2. bei tatsächlich ausgeführten Leistungen eines Kleinunternehmers an einen Endverbraucher (§ 14c Abs. 2 UStG).

Nach Auffassung des BMF ist das EuGH-Urteil so zu verstehen, dass lediglich in diesen beiden Fällen die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass keine unrichtige oder unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer geschuldet wird. Als Endverbraucher sind nach Auffassung des BMF solche Personen anzusehen, die entweder nicht Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sind oder Unternehmer, die aber nicht als solche handeln. In allen anderen Fällen könne ein Vorsteuerabzug und damit eine Gefährdung des Steueraufkommens nicht vollständig ausgeschlossen werden. Dass es sich bei den Rechnungsempfängern um Endverbraucher im Sinne des EuGH-Urteils handelt, ist durch den Steuerpflichtigen glaubhaft oder zumindest plausibel zu machen. Nur insoweit, wie dies glaubhaft oder plausibel gemacht werden kann, entfällt, auch bei Mischfällen mit anderen Leistungsempfängern, die Steuerschuld nach § 14c UStG. Schätzungen oder Wahrscheinlichkeitsberechnung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen sollen nach Auffassung des BMF nicht greifen.

Eine Korrektur der Rechnung bzw. eine Rückzahlung des entsprechenden, als Steuer ausgewiesenen Betrages sind keine Voraussetzung dafür, dass die Steuerschuld nicht entsteht.
 

Rechtliche Einordnung

Die Norm des § 14c UStG wird in Deutschland traditionell als „abstrakte Gefährdungshaftung“ angesehen. Der EuGH hat in seinem Urteil festgehalten, dass dies in dieser Allgemeinheit zu weit geht und die Gefahr jedenfalls so hinreichend konkret sein muss, dass ein Vorsteuerabzug auf Seiten des Rechnungsempfängers auch möglich sein muss. Der EuGH konnte aber nicht weiter entscheiden als in dem konkreten Fall durch den Sachverhalt vorgegeben. Die deutsche Finanzverwaltung folgt dem EuGH nun insoweit, als den im Urteil Finanzamt Österreich genannten Fällen offensichtlich keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegen kann. Es muss jedoch bezweifelt werden, dass der EuGH wirklich so verstanden werden will, dass ausschließlich die vom BMF identifizierten Fälle aus einer Gefährdungshaftung des § 14c UStG ausscheiden müssen. Jedenfalls ist die Gefahr eines unberechtigten Vorsteuerabzugs etwa bei Fällen einer Gefälligkeitsrechnung oder Scheinrechnung von einem Nichtunternehmer an einen Nichtunternehmer (Endverbraucher) keinesfalls größer als in den beiden vom BMF genannten Fällen. Insofern wird es auch in vielen weiteren Fällen in Zukunft Diskussion mit der Finanzverwaltung bzw. vor den Finanzgerichten geben.

Ebenfalls problematisch ist, dass wegen des fehlenden Erfordernisses einer korrigierten Rechnung bzw. eine Rückzahlung der entsprechenden Beträge sich die Streitigkeiten in Zukunft vermutlich eher vor die Zivil- oder gar Strafgerichte verlagern. Konnte man in der Vergangenheit als Leistungsempfänger davon ausgehen, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (egal ob berechtigt oder unberechtigt) jedenfalls an das Finanzamt abzuführen war, sodass dem Leistenden nur der Nettobetrag verblieb, müsste der Leistungsempfänger nunmehr die umsatzsteuerrechtliche Einordnung prüfen und gegebenenfalls die zu viel verlangte Umsatzsteuer auf zivilrechtlichem Wege zurückverlangen. Denkbar wären auch Konstellationen, bei denen der Leistende durchaus weiß, dass keine Umsatzsteuer anfällt, er sie aber trotzdem in Rechnung stellt in dem Wissen, sie nicht das Finanzamt abführen zu müssen. In diesen Fällen kommt durchaus ein strafrechtlich relevantes Verhalten (beispielsweise Betrug, § 263 StGB) in Betracht.


Links

BMF-Schreiben vom 27. Februar 2024 

BFH: Urteil vom 13. Dezember 2018, V R 4/18

EuGH: URTEIL vom 8. Dezember 2022, Rechtssache C 378/21 (Finanzamt Österreich)


 

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